Neben etlichen Staatsgästen rechnen die Behörden mit einer weiteren Million Besucher am Sonntag in London.

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London rüstet sich für eine logistische Höchstleistung: Zum Staatsbegräbnis von Queen Elizabeth II. erwartet die Behörde Transport for London am Montag rund eine Million Besucher. Ihr Chef Andy Byford sagte der Nachrichtenagentur PA: "Wir sind auf einen der verkehrsreichsten Tage vorbereitet, die Transport for London je erlebt hat. Es ist schwer, genau zu sagen, wie viele Menschen zusätzlich reisen werden, aber wir stellen uns auf potenziell eine Million Menschen ein."

Am Tag vor dem Staatsbegräbnis der Queen ist der Zugang zum Buckingham-Palast eingeschränkt worden. "Wenn Sie planen, den Buckingham Palast heute zu besuchen, beachten Sie bitte, dass Sie den Bereich vor dem Haupttor nicht betreten können", teilten die königlichen Parks am Sonntag mit.

Green Park überfüllt

Seit dem Tod von Königin Elizabeth II. am 8. September hatten sich Trauernde vor dem Königspalast in London versammelt, Tausende legten Blumen vor dem Tor nieder.

Auch der Green Park in unmittelbarer Nachbarschaft zum Buckingham Palast werde voraussichtlich überfüllt sein, teilte die Parkverwaltung auf Twitter mit und rieten Trauernden, ihre Blumen doch lieber im Hyde Park abzulegen. Die Trauerbereiche in beiden Parks sollen auch am Tag nach dem für diesen Montag geplanten Staatsbegräbnis geöffnet sein.

125 Kinos übertragen Trauerfeier

Der Vorsitzende des Schienennetzbetreibers Network Rail, Peter Hendy, warnte vor "extrem stark frequentierten" Zügen. "Dies ist die größte Einsatz im öffentlichen Verkehr seit den Olympischen und Paralympischen Spielen in London 2012."

Gelegenheiten, den Abschied der Queen mitzuverfolgen, gibt es jedenfalls auch abseits von London genügend: Das Mega-Event wird in rund 125 Kinos in ganz Großbritannien gezeigt werden. In Parks, auf Plätzen und in Kathedralen werden ebenfalls Großbildschirme oder Leinwände aufgestellt, teilte die Regierung am Samstag mit. Der Eintritt zu den Kinovorführungen ist frei, viele sind bereits ausgebucht. Auch BBC, ITV und Sky live übertragen die Trauerfeier live. Im Holyrood Park vor dem königlichen Palast im schottischen Edinburgh soll auch eine große Leinwand aufgestellt werden.

Noch immer werden Blumen und Kränze für die verstorbene Queen niedergelegt.
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Staatsgäste aus aller Welt

Bereits zuvor wird König Charles III. am Sonntag – am Vorabend des Jahrhundert-Begräbnis – Staatsgäste aus aller Welt im Buckingham-Palast empfangen. Etliche Staats- und Regierungschefs sind bereits in London eingetroffen, darunter auch US-Präsident Joe Biden und First Lady Jill Biden. Am Samstag empfing Charles bereits den kanadischen Premier Justin Trudeau, die neuseeländische Premierministerin Jacinda Adern und andere Vertreter der Commonwealth-Staaten. Auch der australische Premierminister Anthony Albanese dürfte ein Gast sein. Am Sonntagmittag wollte er die neue britische Premierministerin Liz Truss empfangen, wie das Königshaus mitteilte. Etwa 2.000 Menschen sind zu dem Staatsakt geladen

Zahlreiche Vertreter des europäischen Hochadels sind zu dem Begräbnis ebenso angekündigt wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der französische Präsident Emmanuel Macron, der brasilianische Staatschef Jair Bolsonaro und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Ein Regierungsbeamter sagte der BBC, der Aufwand sei vergleichbar mit 100 Staatsbesuchen innerhalb weniger Tage. Mehrere Staaten, mit denen Großbritannien schlechte oder gar keine Beziehungen hat, haben keine Einladung erhalten. Am auffälligsten ist das Fehlen Russlands.

Als besondere Ehre hingegen gilt die Teilnahme des japanischen Kaisers Naruhito und seiner Gemahlin Kaiserin Masako. Japanische Monarchen nehmen traditionell eigentlich nicht an Bestattungen teil, weder im eigenen Land noch im Ausland. Für Erstaunen sorgen dürfte aber, dass Naruhito wie die allermeisten Ehrengäste mit einem Bus zur Westminster Abbey reisen soll.

1.000 Wartende medizinisch versorgt

Der Sarg der gestorbenen Queen Elizabeth II. ist noch bis zum frühen Montagmorgen in der Westminster Hall – dem ältesten Teil des britischen Parlaments – aufgebahrt und für die Öffentlichkeit zugänglich. Zehntausende stellten sich bereits in den vergangenen Tagen für viele Stunden, oft auch über Nacht, in die kilometerlange Schlange, um ihrer Königin einen letzten Besuch abzustatten und sich zu verabschieden. Wegen Kreislaufzusammenbrüchen oder teilweise sogar stürzen mussten bisher 1.000 Wartende medizinisch versorgt werden, hieß es seitens der Einsatzkräfte.

Am Samstag statteten König Charles und Prinz William den Wartenden überraschend einen Besuch ab. Das britische Kulturministerium hat am Sonntag dazu aufgerufen, sich nicht mehr in der Warteschlange zum Sarg der Queen anzustellen. So sollen alle Anstehenden auch am Sarg vorbeiziehen können, bevor das "Lying-In-State", wie die Aufbahrung genannt wird, endet. "Um Enttäuschungen zu vermeiden, fahren Sie nicht mehr los, um sich in die Warteschlange einzureihen", twitterte das Ministerium.

Schweigeminute am Sonntag 20 Uhr Ortszeit

Am Sonntagabend ist für 20 Uhr Ortszeit ist eine nationale Schweigeminute angesetzt. Die Briten sind alleine zuhause, aber auch zusammen bei Veranstaltungen dazu eingeladen, eine Minute lang innezuhalten. Zuvor will die BBC eine vorab aufgezeichnete Videobotschaft der Königsgemahlin Camilla senden, aus der die britische Nachrichtenagentur PA bereits zitierte.

"Sie war immer Teil unseres Lebens", sagte die Ehefrau von Charles darin. Sie sei nun 75 Jahre alt und könne sich an niemand anderen an der Spitze erinnern, erzählte Camilla und würdigte die Rolle der Queen als weibliche Vorreiterin. "Sie hatte diese wundervollen blauen Augen, die ihr ganzes Gesicht erhellt haben, wenn sie gelächelt hat", sagte Camilla über die Queen. "Ich werde mich immer an ihr Lächeln erinnern. Ihr Lächeln ist unvergesslich."

US-Präsident Joe Biden und seine Gattin Jill kamen am Samstagabend in London an. Am Sonntag haben sie von Elizabeth II. an deren im aufgebahrten Sarg persönlich Abschied genommen.
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Die acht Enkel der Queen – einschließlich der Prinzen William und Harry – hielten am Samstagabend eine 15-minütige Totenwache. Ausnahmsweise durfte auch Harry zu dem Anlass eine militärische Uniform tragen. Obwohl der 38-Jährige in Afghanistan gedient hat, bleibt ihm dies wegen seines Rückzugs aus dem Königshaus mittlerweile sonst eigentlich verwehrt. Nach Kritik daran, dass für Andrew bei einer Totenwache der Kinder der Queen eine Ausnahme gemacht wurde, änderten sich jedoch auch für Harry die Regeln.

Prinzessin Kate traf Frau des ukrainischen Präsidenten

Prinzessin Kate hat sich vor dem Staatsbegräbnis von Queen Elizabeth II. mit der Frau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen. Wie die britische Nachrichtenagentur PA meldete, empfing die Prinzessin von Wales Olena Selenska am Sonntagnachmittag im Londoner Buckingham-Palast.

Zuvor hatte Selenska den im britischen Parlament aufgebahrten Sarg der Queen besucht. Die Königin war am 8. September gestorben und soll am Montag in einem Staatsbegräbnis beigesetzt werden. Kate, die mit Thronfolger Prinz William verheiratet ist, trägt seit dem Tod der Queen den Titel, den früher Williams Mutter Diana getragen hatte.

Begräbnis beginnt Montagmittag

Polizei, Geheimdienste und Anti-Terror-Einheiten sind damit beschäftigt, eine der größten Sicherheitsoperationen durchzuführen, die die britische Hauptstadt je erlebt hat. Schon seit Tagen werden Vorbereitungen und Kontrollen durchgeführt, um die Sicherheit von Hunderttausenden Menschen, die am Montag in London sein werden, zu gewährleisten. Über 10.000 Mitglieder des britischen Militärs sollen im Einsatz sein. "Es ist enorm", sagte der Chef des Verteidigungsstabes, Admiral Tony Radakin, der BBC.

Ein 28-Jähriger muss sich jedenfalls bereits am Montag vor Gericht verantworten. Er stürmte den Sarg der Queen. Ihm wird vorgeworfen, mit seinem Verhalten die öffentliche Ordnung gestört zu haben.

Das Staatsbegräbnis beginnt am Montag um 12 Uhr (MESZ) in der Westminster Abbey. Nach einem Gottesdienst wird der Sarg in einer Prozession zum Wellington Arch gebracht. Die Route führt über die Prachtstraße The Mall und am Buckingham-Palast vorbei. Die eigentliche Beisetzung findet nicht in London, sondern im westlich gelegenen Windsor statt, wohin der Sarg mit einem Leichenwagen gefahren wird. Ihre letzte Ruhestätte soll die Queen am Montagabend bei einer privaten Beisetzung in der St George's Chapel auf Schloss Windsor erhalten – an der Seite ihres im vergangenen Jahr gestorbenen Ehemannes Prinz Philip. (balm, APA, 18.9.2022)