Die Teilnehmer ließen sich nicht von dem Behördenverbot aufhalten.

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Belgrad – Unter dem Missfallen von Regierung und Behörden ist in Belgrad die Europride-Parade gefeiert worden. An die 1000 Teilnehmer demonstrierten am Samstag bei teils strömendem Regen für die Rechte von Lesben, Schwulen und anderen Angehörigen der LGBTIQ*-Community. Die Polizei schirmte die Marschroute weiträumig mit Absperrungen gegen rechtsextreme und ultra-klerikale Gegendemonstranten ab, die in der Unterzahl waren. Über 80 Menschen wurden festgenommen.

Staatsanwaltschaft drohte "illegaler Demonstration"

Ursprünglich hätte die Regenbogen-Parade durch die halbe Innenstadt ziehen sollen, doch das Innenministerium wich von der Praxis der vergangenen Jahre ab und untersagte die Veranstaltung. Das serbische Verwaltungsgericht wies am Samstag eine Beschwerde der Veranstalter gegen den Bescheid des Innenministeriums ab.

Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort.
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Die Staatsanwaltschaft drohte den Teilnehmern einer potenziell "illegalen Demonstration" mit hohen Geldstrafen. Die Veranstalter verständigten indes das Innenministerium über die deutlich verkürzte Strecke. Die Behörde reagierte bis zum Beginn der Parade nicht darauf.

Das Innenministerium hatte auch die Kundgebungen der ultra-rechten Pride-Gegner untersagt. Noch vor Beginn des Marsches nahm die Polizei 31 Personen wegen Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung fest, wie das Innenministerium mitteilte. Vulin betonte am Samstag, dass das Verbot durchgesetzt worden sei. Die Menschen seien lediglich "zu einem Konzert eskortiert" worden.

Am Sonntag sprach er von 87 Festnahmen, gegen 11 der Festgenommenen werde strafrechtlich ermittelt. Demnach wurden 13 der 6.000 Polizisten, die für die Veranstaltung im Einsatz waren, leicht verletzt. Während des Marsches demonstrierten mehrere Dutzend Gegner der Pride-Parade. Abgesehen von den Absperrungen blieben sie von der Polizei unbehelligt.

Angriffe

Nach Abschluss der Pride griff eine Gruppe von Rechtsextremisten zehn Teilnehmer an, die sich auf dem Rückweg in ihr Hotel befanden. Zwei von ihnen mussten ärztlich versorgt werden, berichtete der Journalist Idro Seferi, ein Mitarbeiter des albanischen Diensts der Deutschen Welle, auf seiner Facebook-Seite.

Zwei Teilnehmer wurden infolge von Angriffen verletzt.
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Pride-Paraden fanden in Belgrad seit 2014 ohne Zwischenfälle statt. Für dieses Jahr hatte Belgrad als erste Stadt in Südosteuropa die Austragung einer Europride zuerkannt bekommen. Mehrere Europaabgeordnete sowie der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, nahmen daran teil.

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hatte Ende August die Absage oder Verschiebung der Pride in Aussicht gestellt. Der rechte Nationalist orientiert sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stärker an Russland als zuvor. In diesem Sinne sucht er auch die Nähe zur ultra-konservativen und pro-russischen serbisch-orthodoxen Kirche. Rechtsextremisten und klerikale Kreise veranstalteten in den vergangenen Wochen in Belgrad sogenannte Prozessionen gegen die Pride. (APA, 18.9.2022)