Der Sommer ist praktisch vorbei, Kälte und Nässe scheuchen die Menschen wieder vermehrt in die eigenen vier Wänden. Dasselbe gilt allerdings auch für einige unserer Gartenbewohner. Insbesondere Spinnen suchen ab jetzt die Wärme unserer Wohnungen – und das ist eine gute Sache, denn Hauswinkelspinne, Zitterspinne und Co sind zum einen ein verlässlicher Indikator dafür, dass das Raumklima stimmt. Zum anderen helfen die Netze webenden Krabbler kräftig dabei mit, das Haus fliegen- und mückenfrei zu halten.

Harmlos, aber mit eindrucksvollem Namen und stattlicher Körpergröße: die Nosferatu-Spinne.
Foto: Christian Ferrer

Doch nicht jeder kann sich mit den achtbeinigen Mitbewohnern anfreunden. Will man das in der Ecke entdeckte Exemplar partout loswerden, sollte man sich mit einem Rauswurf per Glas und Blatt Papier begnügen, anstatt den Spinnen mit dem Staubsauger oder einer gefalteten Zeitung zu Leibe zu rücken. Das gibt ihnen zumindest die Chance, in einem anderen Haushalt ihr Auslangen zu finden.

Aufregung um große Zuwanderin

Zu einer gewissen Prominenz ist zuletzt die Nosferatu-Spinne (Zoropsis spinimana) vor allem deshalb gelangt, weil sie mittlerweile ihren Weg aus dem Süden bis in nördliche Teile Deutschlands gefunden hat, wo sie zuletzt da und dort für mediale Aufregung sorgte. Trüge sie einen weniger spektakulären deutschen Trivialnamen (den sie der vage an einen Vampirschädel erinnernden Zeichnung auf ihrer vorderen Körperhälfte verdankt) und wäre sie nicht von solch stattlicher Größe, dann wäre ihr Auftauchen im Norden Europas vermutlich nur von Fachleuten bemerkt worden.

Insgesamt erreichen weibliche Nosferatu-Spinnen eine Beinspannweite von sieben Zentimetern, der Körper kann dabei zwei Zentimeter lang werden, Männchen sind üblicherweise eine Spur kleiner. Ihr gelblicher bis ockerfarbener Körper ist von dunkelbraunen bis schwarzen Zeichnungen bedeckt, das Hinterteil ist oval. Die Nosferatu-Spinne gehört zwar zu den wenigen Arten, deren Beißwerkzeuge die Haut eines Menschen durchdringen können, ihr Gift freilich ist harmlos, und ihr Biss schmerzt weniger als der Stich einer Wespe.

Neben der Nosferatu-Spinne hat auch die Verbreitung der Ammen-Dornfinger (Cheiracanthium punctorium) für viel Aufregung gesorgt.
Foto: APA/STEFAN LOKSA

Obwohl sich die Meldungen zur Nosferatu-Spinne in den letzten Wochen gehäuft haben, wird eine persönliche Begegnung mit ihr nördlich der Alpen vorerst eher noch eine Seltenheit bleiben. Ursprünglich eine Südeuropäerin, ist sie in Österreich im Osten des Landes, etwa rund um Wien, und in den südlichen Bundesländern schon länger heimisch, wie Martin Hepner von der Universität Wien gegenüber dem STANDARD erklärte.

"Dem Klimawandel und der aktiven Einschleppung ist es zu verdanken, dass sich diese und viele andere Arten weiter nach Norden verbreiten", meinte der Forscher vom Department für Evolutionsbiologie.

Keine Gefahr auf Spinnenbeinen

Wirklich gefährlich ist hierzulande praktisch keine Spinne, vorausgesetzt, man hat keine entsprechende Allergie. Vor einigen Jahren machte der Ammen-Dornfinger (Cheiracanthium punctorium) von sich reden, eine grundsätzlich wärmeliebende süd- und mitteleuropäische Art, die ebenfalls zum kleinen Kreis der Spinnen zählt, für deren Klauen die menschliche Haut kein unüberwindliches Hindernis darstellt. Ihr Biss wird meist als ähnlich schmerzhaft beschrieben wie ein Bienen- oder Wespenstich, allerdings sollen die Beschwerden länger anhalten bzw. sich auch über ganze Gliedmaßen erstrecken.

Die Falsche Schwarze Witwe (Steatoda paykulliana) gilt nicht als beißfreudig.
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In dieselbe Kategorie fällt auch die Falsche Schwarze Witwe (Steatoda paykulliana), eine gleichfalls aus dem Süden Europas zugewanderte Kugelspinnenart. Ihr neurotoxisches Gift ist zwar durchaus potent, doch wie meistens geht die Gefahr für den Menschen nicht von der Giftstärke aus, sondern vor allem von der injizierten Giftmenge und der Aggressivität des Tieres – und die Falsche Schwarze Witwe gilt nicht als angriffslustig, sie beißt nur in größter Not zu. (tberg, 19.9.2022)