Die politische Instrumentalisierung der Europride in Serbien ist ein Lehrstück über die Politik des autokratischen Regimes von Aleksandar Vučić. Zunächst hat er vor ein paar Wochen ein Problem geschaffen, um von anderen Themen abzulenken, etwa davon, dass die serbische Regierung trotz ihres angeblichen Interesses, der EU beizutreten, die Sanktionen gegen Russland nicht mitträgt und damit seine Versprechungen nicht erfüllt. Vučić kündigte damals an, dass die Europride nicht abgehalten werden könne, weil es angeblich eine Krise mit dem Kosovo geben würde.

Die Aktivisten wurden von einem Polizeikordon eingeschlossen.
Foto: APA/AFP/OLIVER BUNIC

Im nächsten Schritt wurden dann Rechtsradikale und radikale Vertreter der orthodoxen Kirche auf die Straßen geschickt und riesige Umzüge veranstaltet, bei denen gegen die Europride gewettert wurde. Die Anti-Europride-Märsche sollten die antiwestliche Politik im Sinne Russlands mit Bildern unterstreichen. Kurz vor der Europride am Samstag wurde diese dann untersagt, obwohl das rechtswidrig war. Damit demonstrierte das Regime, dass es jederzeit bereit ist, den Rechtsstaat zu unterlaufen und sich die Justiz zurechtzubiegen.

Die Aktivistinnen und Aktivisten durften bloß, eingeschlossen in einem Polizeikordon, zu einem Konzert gehen – eine Pride war das nicht, sondern eine Demütigung. Der Zynismus gipfelte darin, dass die Polizei nicht verhinderte, dass Rechtsradikale albanische Menschenrechtsaktivisten zusammenschlugen. Eine Einladung an homophobe Rassisten. (Adelheid Wölfl, 18.9.2022)