Geschätzt bis zu zwei Millionen Menschen warteten für die Queen.

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Wetterfeste Kleidung, genug Proviant, eine Powerbank für das Handy und viel Geduld: Diese Empfehlung gab die britische Regierung jenen mit, die sich von Mittwochabend bis Montagfrüh anstellten, um der verstorbenen Queen Elizabeth II., deren Sarg in der Westminster Hall des britischen Parlaments aufgebahrt war, die letzte Ehre zu erweisen.

Rechnete man zunächst mit Wartezeiten zwischen 24 und 30 Stunden, so schätzten sie die Behörden am Wochenende auf etwa 14 Stunden. Das hielt den Londoner Sam Mason nicht davon ab, sich gleich zweimal anzustellen. "Es ist Geschichte, und ich möchte ein Teil davon sein", sagte er der "BBC." Die britische Rundfunkanstalt erwähnte dann auch "The Queue", wie die Warteschlange für die Queen genannt wird, als eigenen Standort im Wetterbericht.

Britische Urtugend

Es ist natürlich kein Zufall, dass die Warteschlange gerade auf der Insel so zelebriert und gleichzeitig so gelassen hingenommen wird, gilt das Warten doch als eine der britischen Urtugenden. So mag es auch nicht verwundern, dass Promis wie David Beckham sich ohne großes Wehklagen in die Warteschlange einreihten, die mal sechs, mal sieben, und geschätzt auch mal weit mehr als zehn Kilometer lang war. Und dass der neue König Charles III. und Thronfolger Prinz William auf einen Plausch mit den Wartenden vorbeikamen, passt dann irgendwie auch ins Bild.

"Lying in state" wird es genannt, wenn eine verstorbene Person der Staatsspitze öffentlich aufgebahrt wird, damit sich die Bevölkerung verabschieden kann. Die erste Aufbahrung in Westminster Hall wurde 1882 für den viermaligen Premier William Gladstone durchgeführt. Für Winston Churchill standen 1965 mehr als 300.000 Menschen bis zu drei Stunden lang an. Ungefähr 200.000 Menschen verabschiedeten sich 2002 von Queen Elizabeth, der Mutter der nun Verstorbenen, sie nahmen dafür bis zu vier Stunden Warten in Kauf. Für die Queue ihrer Tochter war im Vorhinein mit bis zu zwei Millionen Menschen gerechnet worden – man kann also guten Gewissens von der wohl längsten aller britischen Warteschlangen sprechen.

Wartende ins Spital gebracht

Die Strapazen auf den Straßen Londons überstanden nicht alle heillos, wie der Ambulance Service am Sonntag mitteilte. Mehr als 1000 Wartende mussten medizinisch behandelt werden, 136 wurden ins Spital gebracht. Was man nicht alles für Queen Elizabeth II. auf sich nimmt. (Kim Son Hoang, 18.9.2022)