Die Verhandlungsteams am Montag in Wien.

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Die Gewerkschaften haben bei den Verhandlungen zu den Kollektivverträge in der Metallindustrie mit ihren rund 200.000 Beschäftigten am Montag ihre Forderungen dargelegt. Sie beinhalten

  • eine Gehalts- und Lohnerhöhung um 10,6 Prozent,
  • die Einführung eines Zuschlags für Samstagsarbeit,
  • einen höheren Überstundenzuschlag ab der zehnten Arbeitsstunde,
  • eine leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche und
  • ein Einstiegsgehalt von 1.000 Euro für Lehranfänger.

"Es geht jetzt auch darum, die Kaufkraft der Menschen zu stärken. Die Gewerkschaften werden keinen Reallohnverlust zulassen. 10,6 Prozent mehr sind daher eine richtige Forderung", sagte GPA-Chef Karl Dürtscher. "Es braucht hier keinen Zauberstab."

Die Gewerkschaften rechneten vor: Die Produktion stieg 2021 im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 um fünf Milliarden Euro. Das erste Halbjahr 2022 verlief noch einmal besser als im Vorjahreszeitraum.

Kaum jemand bleibe heutzutage 25 Jahre oder länger beim selben Arbeitgeber. "Der Großteil der Beschäftigten wechselt – freiwillig oder gezwungenermaßen – häufiger und nach wenigen Jahren den Job. Die sechste Urlaubswoche ist damit für die meisten unerreichbar", erklärten Dürtscher und Pro-Ge-Chef Rainer Wimmer.

Gefeilscht wird wie immer in der Wirtschaftskammer Österreich in Wien. Neben der Metalltechnischen Industrie (FMTI) mit ihren rund 130.000 Beschäftigten werden auch die Kollektivverträge der anderen Branchen der Metallindustrie verhandelt, sie betreffen rund 70.000 Arbeitnehmer. Hier waren die Abschlüsse in der Vergangenheit gleich hoch wie beim FMTI. Ähnlich verhält es sich bei den Löhnen und Gehältern des Metallgewerbes, über die in wenigen Wochen verhandelt wird.

Im Vorjahr schloss die Metallindustrie bei einem Lohn- und Gehaltsplus von drei bis 3,55 Prozent ab. Der Mindestlohn legte auf 2.089,87 Euro brutto zu. Der neue Kollektivvertrag soll ab 1. November gelten.

"Unvernünftig und überzogen"

Die Arbeitgeberseite reagierte erwartbar unterkühlt: "Unvernünftig und überzogen" nennt der Obmann des FMTI, Christian Knill, das Forderungspaket. "Die Sozialpartnerschaft steht heuer vor einer ihrer größten Herausforderungen. Krieg, überschießende Energiepreise, die hohe Inflation – all das belastet Betriebe und Beschäftigte gleichermaßen." Dieses Wunschpaket sei "absolut realitätsfern". Nicht nur die Branche stehe vor einer Rezession, man könne die Teuerung nicht allein schultern. Man suche eine vernünftige Lösung, die den Wirtschaftsstandort im Auge habe und für beide Seiten tragbar.

Sozialwirtschaft verhandelt heuer früher

Unterdessen haben auch die Kollektivvertragsverhandlungen für die Beschäftigten der privaten Gesundheits- und Sozialbranche am Montag mit der Übergabe der Forderung der Gewerkschaften GPA und Vida an die Vertreter der Arbeitgeber, die Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ), begonnen. Bis dato war diese Lohnrunde für rund 130.000 Beschäftigte immer erst im November gestartet. Weil jedoch der Geltungstermin vorgezogen wurde, beginnen die Verhandlungen heuer (und künftig) im September.

Die Arbeitnehmervertreter fordern eine reale und nachhaltige Erhöhung der Löhne und Gehälter. Die Lohn- und Gehaltserhöhung dürfe nicht nur die Teuerung abdecken, sondern müsse auch die hervorragenden Leistungen der Arbeitnehmer berücksichtigen, so Eva Scherz, Verhandlerin der Gewerkschaft GPA: "In Zeiten multipler Krisen sind soziale Arbeit und Gesundheitsberufe besonders gefordert. Diesem Umstand muss Rechnung getragen werden".

Michaela Guglberger, Verhandlerin der Gewerkschaft vida, verwies auf den "dringenden" Personalbedarf in der Sozialwirtschaft, um die bereits in der Branche Beschäftigten zu entlasten. Die vergangenen 29 Pandemiemonate hätten ein "Brennglas auf die Arbeitsbedingungen" geworfen, und nun schlage zudem die Teuerung voll zu. "Jeder Euro mehr, der durch Zuschläge für Mehrarbeit, Verbesserungen bei den Einstufungen und durch die Erhöhung des Kilometergelds auf 60 Cent pro Kilometer, bei den Beschäftigten ankommt, ist essenziell", betonte Guglberger. (APA, luza, ung, 19.9.2022)