Wien –Mit insgesamt sieben Volksbegehren startete eine neue Rekordwoche direktdemokratischer Initiativen. Seit Montag ist es für alle Wahlberechtigten möglich, bis 26. September die Volksbegehren zu unterstützen. Bereits im Mai gab es sieben Volksbegehren in einer Eintragungswoche, so viele wie noch nie.

Volksbegehren können direkt auf den magistratischen Bezirksämtern oder online via Handysignatur oder Bürgerkarte unterschrieben werden.
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Diesen "Boom an Volksbegehren" erklärt sich das Innenministerium mit der seit 2018 bestehenden Möglichkeit, digital per Handysignatur unterschreiben zu können. Wer lieber den traditionellen Weg auf das Amt bevorzugt, kann die Initiativen bei jeder Gemeinde, unabhängig vom Wohnort, unterstützen. In Wien ist das bei den magistratischen Bezirksämtern möglich.

Jedes der sieben Volksbegehren benötigt mindestens 100.000 Unterschriften, damit es im Plenum des Nationalrats behandelt wird.

Sicherung des Bargelds

Für die Sicherung der Freiheit und die freie Verfügbarkeit privater Vermögen macht sich das Volksbegehren "Für uneingeschränkte Bargeldzahlung" stark. Laut den Initiatoren sei es notwendig, das Recht auf Bargeld als Zahlungsmittel und Vermögensform in den Verfassungsrang zu heben.

Man wolle damit der "zunehmenden Digitalisierung" der Zahlungsmittel entgegentreten. Die Kritik richtet sich an die Transparenz der bargeldlosen Bezahlung. "Ein Ziel der Bargeldabschaffung ist, das Konsumverhalten der Bürger zu durchleuchten", heißt es im Volksbegehren. Es sei bei digitalen Zahlungen nicht mehr möglich, frei und anonym über das eigene Vermögen zu verfügen. Alle anderen Zahlungsmittel wie etwa Überweisungen oder Kreditkarten sollen deshalb der Bargeldzahlung untergeordnet werden.

Corona-Maßnahmen abschaffen

Die Aufhebung aller Corona-Maßnahmen inklusive der 3G-Regel, der Maskenpflicht und der Impfpflicht ist Kern des Volksbegehrens "Covid-Maßnahmen abschaffen". Seit der Einbringung des Volksbegehrens und der tatsächlichen Eintragungswoche ist über ein Jahr vergangen. Mittlerweile wurde die von Initiator Robert Marschall geforderte Abschaffung der Maßnahmen umgesetzt.

Trotzdem ist für Marschall die Initiative aktuell, denn: "Dieses Volksbegehren ist ein Schutz gegen die Wiedereinführung dieser Maßnahmen im Herbst." Er warnt zudem vor den Impfungen, diese seien "gentechnische Experimente an Kindern und Erwachsenen".

Er fühle sich mit seinem Anliegen jedenfalls bestätigt, denn laut Marschall habe das Volksbegehren nach der Unterstützungsphase bereits über 100.000 Unterschriften erreicht. Damit muss es vom Nationalrat behandelt werden.

Verbesserung der Kinderrechte

Mit dem "Kinderrechte-Volksbegehren" will Lukas Papula die Rechte und das Wohlergehen von Kindern verbessern. Laut dem Volksbegehren soll dazu die UN-Kinderrechtskonvention in die Verfassung aufgenommen werden. Zudem wird ein Verbot des Imports von Produkten, die Kinderarbeit in der Produktion oder in der Zulieferung aufweisen, gefordert.

Im Bildungsbereich soll eine tägliche Turnstunde für Kinder aufgenommen werden. Auch das Angebot von regional bezogenem Schulessen steht auf der Agenda. Um der Kinderarmut vorzubeugen, setzen sich die Initiatoren für eine "signifikante und nachhaltige Erhöhung des Kinderbetreuungsgelds" ein.

Stimme gegen Rassismus

Beim Volksbegehren "Black Voices" handelt es sich um das erste antirassistische Volksbegehren in Österreich. Die Initiative, die von Noomi Anyanwu ins Leben gerufen wurde, fordert die "institutionelle, repräsentative, gesundheitliche, bildungspolitische, arbeitsrelevante und sozioökonomische Stellung für Schwarze Menschen, Menschen afri kanischer Herkunft und People of Color mit bundesverfassungsrechtlichen Maßnahmen zu verbessern und zu stärken". Dafür brauche es einen nationalen Aktionsplan mit antirassistischen Maßnahmen für die Bereiche Repräsentation, Polizei, Flucht, Migration, Gesundheit, Bildung und Arbeitsmarkt.

"In der Regierung gibt es keine qualifizierte Person, die sich mit Rassismus wirklich auskennt – umso mehr wäre es wichtig, Experten einzubinden", betonte Anyanwu. Das Volksbegehren wird von Organisationen wie etwa Zara, SOS Mitmensch, Amnesty International und vielen anderen unterstützt. Auch Teile der SPÖ, der Grünen, der KPÖ und der Neos zeigen sich solidarisch.

Laut den Initiatoren hatte das Volksbegehren am Montag mit den Unterschriften aus der Unterstützungsphase 45.000 Unterschriften erreicht. Damit das Volksbegehren auch tatsächlich im Nationalrat behandelt wird, fehlen also noch 55.000 Unterstützerinnen und Unterstützer.

Recht auf Wohnen

Die steigenden Preise für Energie sind für viele Menschen eine Belastung. Das Wohnen wird damit immer teurer. Aber auch der Erwerb von Wohnungseigentum wird für viele Personen unleistbar. Dem will das Volksbegehren "Recht auf Wohnen" entgegenwirken.

Ziel des Volksbegehrens ist es, für alle Menschen in Österreich einen sicheren Wohnplatz zu garantieren. Um das zu erreichen, will man allen Personen eine staatliche Wohnraumfinanzierung ermöglichen. Beispielsweise soll der Erwerb von Wohneigentum mithilfe von zinslosen Darlehen vom Staat gefördert werden.

Kann sich jemand in Österreich keine Wohnung leisten, soll ein Antrag auf eine kostenfreie Unterstützung an den Staat möglich sein. "Die Republik hat jedem Menschen in Österreich auf Antrag eine kostenfreie Unterkunft zur Verfügung zu stellen, wenn und solange dieser sich keine Unterkunft leisten kann", heißt es dazu. So soll auch die Obdachlosigkeit im Land bekämpft werden.

Dies seien aber nur Beispiele für Maßnahmen, die für ein leistbares Wohnen ergriffen werden können. Man wolle der Politik vor allem einen Rahmen auferlegen. Konkrete Maßnahmen sollen laut den Initiatoren schlussendlich von den Parlamentariern im Nationalrat erarbeitet werden. Mit Stand Montag wurden 78.000 Unterstützungserklärungen erreicht.

Rückforderung von Strafen

Die Initiative "Wiedergutmachung der Covid-19-Maßnahmen" nimmt ebenfalls die verordneten Vorschriften der Bundesregierung während der Corona-Pandemie ins Visier. Es seien durch die von der Regierung verhängten Maßnahmen massive menschliche, soziale und wirtschaftliche Schäden entstanden, heißt es etwa im Text des Volksbegehrens.

Hinter der Initiative steckt der impfskeptische Gynäkologe Christian Fiala. Er fordert mit seinem Volksbegehren die Zurücknahme sämtlicher Corona-Gesetze. Darüber hinaus sollen alle Strafen, die im Rahmen dieser Gesetze ausgesprochen wurden, zurückgenommen und zurückgezahlt werden.

Aufhebung des GIS-Beitrags

Das Ende der Rundfunkgebühr strebt das Volksbegehren "GIS-Gebühr abschaffen" an. Denn die GIS-Gebühr sei für die Bevölkerung nicht mehr zumutbar. Begründet wird das unter anderem damit, dass die Programmqualität stetig abnehme und der öffentliche Bildungsauftrag nicht mehr erfüllt werde.

Zudem sei die Besetzung von parteipolitischen Führungspositionen im Stiftungsrat und die Abschaffung wichtiger Sportübertragungen eine weitere Rechtfertigung für die Aufhebung des GIS-Beitrags. Eine "streng zweckgewidmete Gebühr zur Finanzierung von Ö1" sei jedoch laut dem Volksbegehren in Zukunft legitim. (Max Stepan, 19.9.2022)