Produktplatzierung zu Zeiten Mozarts: Das Kaufhaus Steffl wird auch in den Animationen beworben.

Mozart als alter Influencer im Kaufhaus Steffl.

Foto: Marcus Deak

Mozart war angeblich ein Fashion Victim. Glaubt man zumindest dem Projektteam, das Mythos Mozart in den letzten drei Jahren auf die Beine gestellt hat, so würde er an der Hommage im Wiener Luxus-Kaufhaus Steffl seine Freude haben. Trifft sich gut, steht jenes doch an genau der Stelle, wo Mozart 1791 gestorben ist. Auf der ehemaligen Verkaufsfläche im Untergeschoss hat jetzt eine multimediale Ausstellung geöffnet, die dem Genius Mozarts huldigt. Wer museale Ausstellungsstücke oder zeitgenössische Artefakte erwartet, hat sich getäuscht. High-Tech-Lautsprecher und Flachbildschirme sollen für das nötige 18. Jahrhundert-Flair sorgen.

Weil die Generation Kanye West nichts mehr mit Wolfang Amadeus Mozart anzufangen wüsste, müsste etwas her, um die Person und sein Werk zu entmystifizieren, so sagte man sich. Mythos Mozart will das möglich machen. Das Kaufhaus Steffl stellt dafür bereitwillig den Keller zur Verfügung. Dort präsentiert man sich gerne als Kunst- und Kulturmäzen, immerhin dürften Künstlerinnen und Künstler sogar bei ihnen arbeiten – so der Geschäftsführer. Das Untergeschoss wurde innerhalb der letzten elf Monate umgebaut, um den komplexen Mozart auch für die jüngere Generation zugänglich zu machen. Jetzt bietet jedes Eck neues Futter für den Instagram-Feed, und im Shop gibt es trendiges Mozart-Merchandise zu erwerben.

Tour durch Mozarts Welt

Nach dem ersten Zwischenstopp in einer interaktiven Gemäldegalerie mit Selfie-Funktion beginnt eine 50-minütige Tour durch fünf verschiedene Räume, die die Besucherinnen und Besucher in "Mozarts Welt" entführen soll. Los geht es zum Schluss, bei seinem Tod: 1.500 elektrische Kerzen, "Mozarts Requiem" und ein projiziertes Schattenspiel haben vermutlich den Auftrag, eine zauberhafte Atmosphäre zu schaffen. Aber während Musik aus den Lautsprechern dröhnt und die Kerzen dazu tatsächlich schunkeln, fragt man sich vor allem, ob einem nun zum Weinen oder zum Lachen zumute sein soll.

Kitsch im Überfluss hat auch die "Mozartstadt" zu bieten. Auf 45 Quadratmetern Wandfläche spielt ein Animationsfilm, der aus der Feder des Wiener Studios arx anima stammt. Über eine ländliche Idylle – Hoppelhaserln und Ententeich inklusive – geht es flott in die Innenstadt, der es natürlich nicht an märchenhaftem Zauber mangelt. Spätestens als man mit einem Ballon in die Welt der Zauberflöte auf-, und bei Mozarts Sterbehaus wieder aussteigt, geht jegliches Gefühl für Authentizität verloren. Da hilft auch das eigens angefertigte Kopfsteinpflaster nicht mehr, das dem Raum wohl das ultimative Wien-Gefühl verleihen soll.

More is More

Das Aufgebot an nationalen sowie internationalen Beteiligungen an der privatfinanzierten Ausstellung ist durchaus beachtlich. Neben Beiträgen aus der Wiener Medien- und Musikszene stammen die digitalen Bildwelten etwa aus Los Angeles. Das amerikanische "More is More" scheint jedenfalls Programm, keinesfalls übt man sich in nobler Zurückhaltung. Das kennt man ja bereits von vergleichbaren Multimedia-Ausstellungen wie die KLIMT-The Immersive Experience (noch bis 2.10. in der Marx-Halle). Anders als jene ist Mythos Mozart aber darauf konzipiert, auf unbestimmte Zeit in Wien zu bleiben. Man zeigt sich optimistisch, dass dieser Plan aufgeht. Als eine nette, familienfreundliche Attraktion taugt es allemal. Ob Mythos Mozart aber einen Beitrag zur Wiener Kunst- und Kulturszene leisten kann, bleibt fraglich. (Caroline Schluge, 19.09.2022)