Martha Argerich begeisterte im Musikverein.

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Großer Jubel für eine Große: Die Pianistin Martha Argerich ist eine Erscheinung, und das stimmt auch nach ausschließlich künstlerischen Kriterien. Sie hat zum einen diese geerdete Kraft, mit der sie am Samstag beim Philharmonischen Konzert im Musikverein schon die ersten Akkorde des Klavierkonzerts von Schumann herausmeißelte: wie mit ungestümer jugendlicher Entschlossenheit – und in sich doch ganz ausbalanciert.

Zum anderen besitzt sie eine Kraft des Ausdrucks, die das klassizistisch so ausgewogene Stück in seiner emotionalen Zerrissenheit zeigte: innigen, zerbrechlichen Gesang, Zögern und Vorpreschen, zweifelnde Zäsuren, wogende Figurationen. Alles wirkte dabei dank ihrer unnachahmlichen gestalterischen Freiheit – auch im Detail – ebenso spontan wie wohldurchdacht.

Dem Dirigenten Zubin Mehta – der wie Argerich seit den 1950er-Jahren (!) Konzerte gibt – und den hochaufmerksamen Wiener Philharmonikern gelang hier vielfach ein wunderbares gemeinsames Atmen und Phrasieren, fast als wäre es Kammermusik. Nach der Pause Bruckners Vierte Symphonie: klangschön, mitunter etwas bedächtig, freudvoll und vom Orchester mit liebevoll prächtigem Sound musiziert. Großer Jubel für einen Großen. (daen, 19.9.2022)