Lederhosen und Dirndln haben im Prater ab Donnerstag wieder Saison. Viel anders als zuletzt 2019 wird es nicht aussehen.

Nora Reinhardt

Es ist ein Comeback nach zweijähriger Corona-Pause: Ab dem kommenden Donnerstag wird auf der Kaiserwiese im Wiener Prater bis 9. Oktober wieder zu zünftiger Livemusik geschunkelt. Innige Fans des Oktoberfests können dann auch wieder ihre Krachlederne, den Trachtenjanker oder das Dirndl ausführen sowie Maßkrüge stemmen – und das ohne Corona-Einschränkungen. Eröffnet wird mit einem Umzug ab elf Uhr vom Schweizerhaus auf das Festgelände, den Bieranstich nimmt wieder Stadtchef Michael Ludwig (SPÖ) vor.

Die Aufbauarbeiten für Österreichs größtes Oktoberfest sind fast fertig.
Nora Reinhardt

Christian Feldhofer wird den Trink- und Trachtenevent vor dem Riesenrad diesmal auslassen. "Es schmerzt schon noch ordentlich", sagt er. Kein Wunder: Seit 2011 hatte Feldhofer das Oktoberfest im Prater als Veranstalter ausgerichtet und aufgebaut, ehe er im Vorjahr ausgebootet wurde. Statt unter "Wiener Wiesn" firmiert der Event heuer erstmals unter "Kaiser Wiesn". Große Veränderungen am Konzept der Veranstaltung gab es indes keine, wie Feldhofer bemängelt: "Das ist eine 1:1-Kopie unseres Fests."

Am Donnerstag um elf Uhr startet die neue Kaiser Wiesn mit einem Umzug.
Nora Reinhardt

Kritik an "Freunderlwirtschaft"

Warum aber erhielt er keinen Pachtvertrag mehr? Feldhofer erzählt im Gespräch mit dem STANDARD seine Version der Geschichte – und hält mit heftiger Kritik nicht hinter dem Berg. "Ich habe hier mitbekommen, wie mafiös Wien ist", sagt Feldhofer. Es gehe "um politische Verbindungen, SPÖ-Nähe und Freunderlwirtschaft". Der Grant hat auch einen finanziellen Hintergrund: Zuletzt kamen nach Eigenangaben rund 400.000 Besucher zu Feldhofers Oktoberfest. Die Wiener Wiesn war ein wirtschaftlicher Erfolg.

Zuständig für die Fläche in Top-Lage beim Praterstern ist die Prater Wien GmbH, ein Unternehmen der Stadt. Feldhofer konnte das Areal ab 2011 alljährlich im Herbst bespielen: Er erhielt – jeweils ohne Ausschreibung – großteils Einjahresverträge. Auch im Vorjahr meldete er wieder sein Interesse an. Den Zuschlag für den Pachtvertrag erhielt aber im Frühjahr 2021 – erneut ohne Ausschreibung oder Nachverhandlungen – die kurz zuvor gegründete PW Veranstaltungs GmbH. Diese wurde mit einem "mehrjährigen Vertrag" für das Oktoberfest ausgestattet. Details wurden von den neuen Veranstaltern nicht genannt. Die Intransparenz, von der Feldhofer einst profitierte, geriet ihm nun zum Nachteil.

Die städtische Prater Wien GmbH rechtfertigte sich damit, dass man weder Auftraggeber noch Veranstalter des Events sei – und daher "auch keiner Ausschreibungspflicht" unterliege. Veranstalter könnten sich einfach melden. Einige man sich auf vorgegebene Vertragskonditionen, könne ein Vertrag abgeschlossen werden. Mit den neuen Betreibern würden "die Interessen der Wiener Wirtschaft in einem größeren Ausmaß als bisher berücksichtigt", hieß es. Es werde zudem ein "Mehrwert für alle Beteiligten der Veranstaltung generiert".

Zuletzt gab es das Wiener Oktoberfest 2019 – damals war es noch unter Wiener Wiesn bekannt.
Nora Reinhardt

Guter Draht ins Wiener Rathaus

Gründer der neuen Wiesn-Betreibergesellschaft ist Thomas Waldner. Er war einst in der Organisationsabteilung der SPÖ Wien tätig und organisierte für diese jahrelang auch das Donauinselfest. Geschäftsführer dieser Event-GmbH war er aber nur knapp mehr als ein Jahr: Seit Juli 2022 ist Waldner Chef von Wien Ticket. Das ist eine Firma der Wien Holding, die im Besitz der Stadt Wien ist.

Auch die Gesellschafterstruktur der GmbH offenbart einen guten Draht ins Rathaus: Mehrheitsgesellschafter der PW Veranstaltungs GmbH ist das Echo-Medienhaus, eine Organisation, die früher über Umwege der Wiener SPÖ gehörte. 2017 wurden die Anteile verkauft. Geschäftsführer Christian Pöttler hält 50 Prozent der Anteile. Das Medienhaus steht hinter den Wiener Bezirksblättern.

Eng verbandelt

Als Geschäftsführer der GmbH sind Michael Stöger und Johann Pittermann tätig. Stöger ist auch Geschäftsführer der Echo digital (Mehrheitsgesellschafter: Echo Medienhaus). Pittermann war vor seiner Tätigkeit für die Kaiser Wiesn Prokurist für den Vorgänger, also Feldhofers Wiener Wiesn. Während der Corona-Pandemie – und nach Absage des Oktoberfests – wechselte Pittermann in die technische Abteilung der Prater Wien GmbH und von dort ins neue Wiesn-Team. Zur Erinnerung: Die Prater Wien verpachtet die Oktoberfest-Fläche an die Kaiser Wiesn.

Drei Festzelte, fünf Almen, großes Freigelände

Das Oktoberfest bleibt jedenfalls trotz neuer Betreiber ein Oktoberfest, und zwar nach Eigenangaben das größte Österreichs. Wie zuletzt gibt es drei Festzelte, fünf Almen und ein großes Freigelände. Neu ist ein eigener Wiesn-Wein. Die Bäume auf dem Freigelände wurden mit Vlies und Schaumstoff eingefasst, um Schäden zu vermeiden.

Die Winzer Thomas Podsednik und Leo Hillinger, Wiesn-Chef Johann Pittermann und Christian Lerner von der Tourismusaktion "Erlebe Deine Hauptstadt".
Foto: APA / Eva Manhart

Wie bei der alten Wiener Wiesn ist das Oktoberfest täglich geöffnet – obwohl im Frühjahr bei der Präsentation noch die Rede davon war, am Montag und Dienstag geschlossen zu halten. Untertags ab zwölf Uhr ist der Eintritt frei, zu den abendlichen Konzerten braucht es Tickets. Und die kann man – erraten – über Wien Ticket kaufen. (David Krutzler, 20.9.2022)