Das Atomkraftwerk Piwdennoukrainsk wurde angegriffen.

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Kiew – Der Schock rund um die ständigen Kämpfe beim Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine ist noch immer präsent – da lösen Meldungen über Angriffe auf das Atomkraftwerk Piwdennoukrainsk in der Region Mykolajiw kurzzeitig zusätzliche Besorgnis aus.

Etwa 300 Meter von den Reaktoren entfernt habe sich eine Explosion ereignet, erklärte das staatliche ukrainische Atomunternehmen Energoatom am Montag. Die Gebäude des Kraftwerks, ein Wasserkraftwerk in der Nähe und Übertragungsleitungen seien beschädigt worden, nicht aber die Reaktoren selbst. Derzeit funktionieren sie laut Energoatom normal.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland am Montag die "Gefährdung der ganzen Welt" vor. "Wir müssen es stoppen, solange es nicht zu spät ist."

Moskau spricht von "Lügen"

Ähnliches hatte Selenskyj in den vergangenen Tagen bereits im Zusammenhang mit den hunderten in Isjum gefundenen Leichen gefordert. Nach Angaben ukrainischer Behörden wurden nach der Rückeroberung der lang von russischen Truppen besetzten Stadt mehr als 440 Gräber entdeckt, die Leichen wiesen zum Teil Folterspuren auf. Kiew wirft Moskau Kriegsverbrechen vor. Am Montag hat Kreml-Sprecher Dmitri Peskow die Anschuldigungen als "Lügen" bezeichnet.

Die ukrainische Armee schoss indes nach eigenen Angaben einen weiteren russischen Kampfflieger ab, wie sie auf Telegram mitteilte. Demnach sei am Montag ein Jet des Typs Su-25 in der Region Cherson von einer Luftabwehrrakete getroffen worden.

Druck auf Russland

In den vergangenen zehn Tagen hat Moskau britischen Angaben zufolge bereits vier Kampfjets verloren. Das britische Verteidigungsministerium sprach am Montag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse von insgesamt 55 Maschinen seit Kriegsbeginn.

Seit Beginn der russischen Invasion im Februar hat die EU bereits sieben Sanktionspakete verhängt, auf einen Visastopp für russische Touristinnen und Touristen konnten sich die Mitgliedsstaaten bisher aber nicht einigen. Polen, Estland, Lettland und Litauen haben deshalb eigene Beschränkungen verhängt: Seit Montag halten sie die Grenzen für Staatsbürger des Nachbarlandes mit einem Schengen-Visum für touristische Aufenthalte, Geschäftsreisen, Sport- und Kulturveranstaltungen geschlossen.

Die Vergabe von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen an Russen war bereits zuvor weitgehend ausgesetzt. Mit einem gültigen Visum war es aber weiterhin möglich, über die Grenzen der vier Länder in den Schengen-Raum einzureisen.

Die Kritik am Krieg wächst mittlerweile auch in der russischen Bevölkerung: Am Wochenende verurteilte auch die bekannte russische Popsängerin Alla Pugatschowa das Vorgehen Moskaus. (maa, 19.9.2022)