"So großartig war das Schauspiel an diesem Maimorgen im Jahr 1910, als neun Könige beim Begräbnis von Edward VII. von England ritten, dass die Menge (...) vor Bewunderung nach Luft schnappen musste. In Scharlachrot und Blau und Grün und Violett ritten die Souveräne durch die Tore des Palastes, mit Helmbuschen, Goldstickerei, purpurnen Schärpen und juwelenbesetzten Orden, die in der Sonne blitzten. Nach ihnen kamen fünf Thronfolger, vierzig kaiserliche oder königliche Hoheiten, sieben Königinnen (...). Zusammen repräsentierten sie siebzig Nationen in der größten Ansammlung von Königtum und Rang, die jemals an einem Ort versammelt war – und in ihrer Art die Letzte. Big Ben schlug neun, doch auf der Uhr der Geschichte war es Sonnenuntergang und die Sonne der alten Welt sank in einem ersterbenden Glanz, der niemals wieder zu sehen war."

Bis heute. Da war das Spektakel womöglich noch größer als jenes, das Barbara Tuchman in ihrem berühmten Buch über den Ausbruch des Ersten Weltkriegs (The Guns of August) schildert. Damals wie heute gibt es Männer mit gefährlichen Hegemonialträumen, gibt es die furchtbare Macht des Nationalismus. Damals ging eine Welt unter, heute ist sie zumindest nicht mehr dieselbe seit dem Überfall auf die Ukraine. Die Hoffnung ist, dass die führenden Personen heute bewusster sind und nicht wieder in eine Katastrophe schlafwandeln. (Hans Rauscher, 19.9.2022)