In unseren Breiten würde man Vulkane eher nicht vermuten – und doch kam es hier in geologisch jüngster Zeit immer wieder zu Ausbrüchen. In der Eifel in Westdeutschland liegt eines der bekanntesten ehemaligen Vulkangebiete Mitteleuropas. Eigentlich gilt der Vulkanismus dort seit der letzten Eruption vor rund 13.000 Jahren als erloschen. Inzwischen aber ist man sich da gar nicht mehr so sicher: Tieffrequente Beben, die dort gemessen wurden, deuten darauf hin, dass der Untergrund offenbar nicht gänzlich zur Ruhe gekommen ist. Ob der Vulkanismus dort also vielleicht nur schläft – und wenn ja, wie tief – untersuchen nun Forschende unter der Leitung des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ.

800 Eifel-Vulkane

Seit etwa 60 Millionen Jahren gibt es Vulkanismus in der Eifel. Zeugen dieser Zeit finden sich heute in Form von Schlackenkegeln, Maare oder Krater. Gut 800 Eifel-Vulkane sind bekannt und sie bilden eine besondere Form des verteilten Vulkanismus, der der Wissenschaft immer noch Rätsel aufgibt.

Wo heute der Laacher See liegt, kam es vor 13.000 Jahren zu einem großen Volkanausbruch.
Foto: imago/Westend61

Der letzte große Vulkanausbruch vor rund 13.000 Jahren beispielsweise ereignete sich am heutigen Laacher See. Man geht davon aus, dass die Stärke des Ausbruchs etwa mit der Eruption des Pinatubo 1991 vergleichbar ist. Spuren dieses Ausbruchs finden sich bis heute in Sedimenten in ganz Europa, von Südschweden bis Norditalien. Obwohl das Ereignis offensichtlich sehr massiv war, ist es bislang nicht gelungen, die Magmakammer dieses Vulkans mit seismischen Verfahren abzubilden und zu untersuchen. Das ist eines der Ziele des nun startenden Large-N-Experiments.

Großer Lauschangriff mit 350 Geofonen

Dabei soll eine großangelegte Messkampagne den Untergrund in der Region sehr viel genauer als bisher möglich untersuchen. Dazu sind gegenwärtig Mitarbeitende der Universitäten Kiel, Mainz, Frankfurt und Köln, des GFZ sowie des Landeserdbebendienstes Rheinland-Pfalz gemeinsam in der Eifel im Einsatz. Der Name "Large-N", also "großes N", bezieht sich auf die große Anzahl an Messinstrumenten: In den Landkreisen Mayen-Koblenz und Ahrweiler sollen rund 350 sogenannte Geofone aufgestellt.

Diese Geräte zeichnen ein Jahr lang seismische Wellen im Untergrund auf. Das dichte Messnetz ermöglicht dabei eine höhere Auflösung in der Beobachtung, die Gesteinsstrukturen lassen sich also detaillierter als bisher abbilden. Da die Geofone die Messdaten kontinuierlich aufzeichnen, können die vulkanischen Prozesse in der Tiefe anhand der Lokalisation von seismischen Signalen besser charakterisiert und überwacht werden.

Vulkanische Phänomene

"Wir wollen mit diesem in Deutschland einzigartigen Experiment tief unter die Erdoberfläche blicken und herausfinden, wie der Untergrund beschaffen ist und was dort passiert", sagte Torsten Dahm, Direktor des GFZ-Departments "Geophysik" und Leiter des Projektes. "Vor allem geht es um vulkanische Aktivitäten. Neben Eruptionen gibt es eine Reihe von Phänomenen, die darauf schließen lassen, dass Vulkane noch nicht erloschen sind.

Ein dichtes Netz von Messgeräten rund um den Laacher See soll Strukturen und Prozesse des schlafenden Eifel-Vulkanismus im Untergrund aufspüren.
Illustr.: GFZ

Im Fall der Eifel deuten auch Satellitenbeobachtungen darauf hin: So haben Forschende mit hochpräzisen globalen Navigationssatelliten-Messungen nachgewiesen, dass sich das Rheinische Schiefergebirge im Umfeld der Eifel hebt. Und es gibt eine besondere Art seismischer Effekte, die der Erdbebendienst Südwest gemeinsam mit dem GFZ und anderen Partnern unter dem Vulkanfeld der Osteifel detektieren konnte: "niederfrequente Tiefenbeben".

Blubbern im Untergrund

Sie wurden mit dem seit zehn Jahren systematisch erweiterten seismologischen Netzwerk erstmals 2013 und seither regelmäßig festgestellt. In der Fachsprache werden diese Beben DLF-Beben (deep low-frequency) genannt. Verursacht werden sie von Flüssigkeiten oder Gasen im Festgestein, wie Studien an Vulkangebieten auf anderen Kontinenten gezeigt haben. Diese Fluide können zum Beispiel Wasser, Magmen oder Kohlendioxid sein. Die tiefen Frequenzen werden dabei durch resonante Schwingungen in Gesteinsspalten erzeugt, ähnlich dem Ton einer Orgelpfeife.

Die DLF-Beben deuten jedenfalls darauf hin, dass Fluide in Bewegung sind, in diesem Fall aus einer Tiefe von rund 45 Kilometern bis in den Bereich der oberen Erdkruste. In diesem Bereich gibt es keine "normalen", also tektonischen Erdbeben. Ob die DLF-Beben daher rühren, dass sich die in den vergangenen Eruptionen entleerten Magmakammern wieder füllen, etwa unter dem Laacher See, oder ob nur Gase oder Wasser ‚emporblubbern‘, wollen die Forschenden mit dem Large-N-Experiment herausfinden.

Kein Ausbruch zu erwarten

Ein baldiger Vulkanausbruch stünde freilich nicht bevor, selbst, wenn es Magma ist, das sich hier in der Tiefe bemerkbar macht, beruhigt das Team. "Unsere Forschung dient in erste Linie dem besseren Verständnis der vulkanischen Systeme tief unter der Erdoberfläche der Eifel", betont Dahm. "Wenn wir ein besseres Verständnis von den Vorgängen und Gegebenheiten im Untergrund haben, können wir die Daten mit denen von aktiven Vulkangebieten vergleichen. Dann können wir auch besser beurteilen, was das Rumoren im Untergrund wirklich bedeutet – wie tief der Vulkan schläft, wenn man so will." (red, 19.9.2022)