Wirtschaftsminister Habeck hat offenbar "finanzverfassungsrechtliche Zweifel".

Foto: IMAGO/BildFunkMV

Ein Blick auf das Kohlekraftwerk von Uniper in Hanau.

Foto: REUTERS/Kai Pfaffenbach

Berlin/Düsseldorf – Der angeschlagene deutsche Energiekonzern Uniper soll unter staatliche Kontrolle kommen. Uniper befinde sich dazu in abschießenden Gesprächen mit dem Bund und dem Mutterkonzern Fortum, teilte der Konzern am Dienstag mit. Es sei unter anderem eine Kapitalerhöhung in Höhe von acht Milliarden Euro geplant, die ausschließlich durch den Bund gezeichnet werden solle. Darüber hinaus solle der deutsche Staat die derzeit von Fortum gehaltenen Uniper-Aktien erwerben. "Im Ergebnis ist vorgesehen, dass der Bund damit eine signifikante Mehrheitsbeteiligung an der Uniper erhält. Die finale Vereinbarung ist noch nicht abgeschlossen."

Der Schritt bringt auch die umstrittene deutsche Gasumlage zur Stützung großer Gasimporteure ins Wackeln. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat "finanzverfassungsrechtliche Zweifel". Außerdem soll Habeck laut der Nachrichtenagentur dpa angedeutet haben, dass der Finanzierungsbedarf für die Gasversorger deutlich höher liege als noch bei der Aushandlung des ersten Rettungspakets für Uniper.

Es werde zunehmend deutlich, dass die instabile Lage "die Macht und die Garantie des Staates sowie alle Finanzkraft des Staates" brauche, die nötig sei, heißt es. Die finale Prüfung und Zuständigkeit für das Finanzverfassungsrecht obliege allerdings dem Finanzministerium.

Gasumlage wird angepasst

Eine Ministeriumssprecherin sagte, natürlich müsse "man auch im Blick behalten, wie sich der sich abzeichnende Stabilisierungsbedarf von systemrelevanten Unternehmen auf dem Gasmarkt auswirkt, welche Fragen er aufwirft und welche Antworten nötig sind". Derzeit würden Anpassungen an der geplanten Gasumlage vorgenommen und der Kreis der antragsberechtigten Unternehmen so reduziert, dass Trittbrettfahrer davon nicht erfasst seien. Zudem würden beihilferechtliche Fragen geklärt.

Mit der Gasumlage sollen Gasimporteure gestützt werden, die wegen der hohen Einkaufspreise für russisches Gas in Schwierigkeiten geraten. Derzeit ist die Umlage für alle Gasnutzer auf rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde festgelegt. Die ersten Abschlagszahlungen sollen nach bisherigem Stand Ende Oktober fällig werden. Eingeführt werden soll die Umlage zum 1. Oktober. Habeck bemüht sich, den Kreis der berechtigten Firmen so einzuschränken, dass nur Unternehmen profitieren, die wirklich in Not sind.

Uniper braucht noch mehr Geld

Uniper ist in Schieflage geraten, weil Russland praktisch kein Gas mehr nach Deutschland pumpt, Uniper seine langfristigen Verträge aber erfüllen muss und das fehlende Gas teuer auf dem Markt kauft. Durch die erneute Schließung der Pipeline Nord Stream 1 hat sich die Lage von Deutschlands wichtigstem Gasimporteur verschärft.

Die Bemühungen um eine Stabilisierung von Uniper dauern nach Angaben des Unternehmens an. "Alle Beteiligten arbeiten mit Hochdruck an einer nachhaltigen Stabilisierungslösung für Uniper", teilte das Unternehmen mit. Die Beteiligten prüften unter anderem "eine direkte Kapitalerhöhung, die zu einer signifikanten Mehrheitsbeteiligung des Bundes an Uniper führen würde", hat Uniper kürzlich mitgeteilt.

Im Juli haben sich die Regierung, der Konzern und dessen finnische Mutter Fortum auf ein Milliarden-Rettungspaket geeinigt, das auch den Einstieg des Bundes vorsieht. Fortum hält bisher rund 78 Prozent der Uniper-Anteile.

Uniper-Betriebsrat: "Wir brauchen den Staat"

Der Chef des Uniper-Konzernbetriebsrats, Harald Seegatz, begrüßte den absehbaren Einstieg des Staates bei Uniper. "Wir brauchen den Staat als Hauptaktionär, um jetzt die Gaskrise zu überstehen und auf Dauer die Energiewende zu meistern", sagte Seegatz der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Seegatz rechnet damit, dass der deutsche Staat lange beteiligt sein wird: "Der Staat wird dabei längerfristig bei Uniper gefordert sein, denn der Umstieg Deutschlands von Erdgas auf Wasserstoff wird ein paar Jahre dauern, und den soll und will Uniper maßgeblich mitgestalten."

Der deutsche Bund ist in der Vergangenheit bereits mehrfach Unternehmen finanziell zur Seite gesprungen, etwa in der Corona-Krise der AUA-Mutter Lufthansa oder dem Reiseanbieter Tui. Unter dem Druck der Finanzkrise beteiligte sich der deutsche Staat Anfang 2009 an der Commerzbank. (APA. red, 20.9.2022)