Weiß noch jemand, dass die FPÖ zu den Präsidentschaftswahlen 2016 die nunmehr im Libanon lebende – laut eigenen Angaben aus Österreich geflüchtete – Karin Kneissl aufstellen wollte? Es sei daran erinnert, dass durchaus auch Nicht-Freiheitliche sie als erwägenswert ansahen, sie fiel damals noch nicht in die Rubrik "Was uns sonst noch alles erspart blieb". Im Außenministerium fand sie später die Gestaltungsfreiheit, die sie in der Hofburg nicht sah, zumindest bei der Inszenierung der eigenen Hochzeit.

Das Lachen ist uns inzwischen vergangen, Putin schwingt nicht mehr das Tanzbein, sondern ganz anderes. Und das Thema Frauen beschäftigt uns in absentia derselben: Wehmütig denken wir an Freda Meissner-Blau, Heide Schmidt, Gertraud Knoll und Irmgard Griss zurück. Deren Vorgängerin kandidierte übrigens bereits bei den Präsidentschaftswahlen 1951. Die parteilose Ludovica Hainisch war die erste Frau weltweit, die bei einer Volkswahl zum Staatsoberhaupt antrat!
Das kurze feministische Aufzeigen blieb erfolglos und folgenlos, danach war alles in einer sehr österreichischen Ordnung. Als sich Richard Lugner präsentierte, kam der erste Anfall von Kulturpessimismus: Hielt er nicht der österreichischen Gesellschaft, alljährlich zum Opernball-Schauen vor der Glotze versammelt, einen Spiegel vor? Heute weiß man: gemütliche Zeiten, das Kuriositätenkabinett 2022 ist eine viel härtere Botschaft. Und offenbar haben wir sie verdient. (Gudrun Harrer, 20.9.2022)