An Holz mangelt es beim Faserhersteller Lenzing nicht, aber an Abnehmern für das Hightech-Fasermaterial. Die Lager sind voll.

Foto: HO / Franz Neumayr

Wien – Hohe Energiepreise und eine einsetzende Konsumflaute setzen Lenzing enorm zu. Am Dienstag wurde der oberösterreichische Faserhersteller an der Börse regelrecht abgestraft. Lenzing-Papiere führten die Verliererliste mit großem Abstand an, zeitweise stürzten die Kurse um mehr als 20 Prozent ab.

Anlass für den Absturz waren die Geschäftsziele, die Lenzing am Montagabend nach Börsenschluss kassiert hatte. Der Konzern teilte mit, seine Ergebnisprognose auszusetzen, und begründet dies mit einer sich drastisch verschlechternden Entwicklung des Marktumfeldes. "Der weitere Verlauf des Geschäftsjahres 2022 kann aufgrund der äußerst geringen Visibilität auf der Nachfrageseite sowie der hohen Volatilität bei den Energie- und Rohstoffkosten nur bedingt eingeschätzt werden", erklärte das zur B&C-Industriestiftung gehörende Unternehmen am Dienstag in einer dürren Mitteilung.

Auch mittelfristig im Nebel

Hoffnung auf Besserung ist auf die Schnelle offenbar nicht in Sicht, aufgrund der Lage auf Energie- und Rohstoffmärkten sei nicht einmal mehr sicher, dass die Mittelfristprognose bis 2024 hält. "Wir erleben gegenwärtig beispiellose Verwerfungen an Energie- und Rohstoffmärkten, die das Konsumklima belasten und unsere Sicht auf die kurz- bis mittelfristige Geschäftsentwicklung stark einschränken", teilte Vorstandschef Stephan Sielaff mit.

Das ist bereits die zweite schlechte Nachricht des auch im burgenländischen Lyocell-Werk produzierenden Unternehmens. Beim Arbeitsmarktservice wurde Kurzarbeit angemeldet, die Produktion am Standort in Heiligenkreuz im Südburgenland müsse aufgrund dramatisch gestiegener Gaspreise zurückgefahren werden, es sei derzeit nicht möglich, dort profitabel zu produzieren, hieß es. "Eine Produktionslinie wird definitiv zurückgefahren, die zweite ist wahrscheinlich, aber nicht sicher", sagte ein Lenzing-Sprecher.

Lager voll

Aber es ist nicht der Gaspreis allein. Zur Belastung wurden erklärtermaßen "extrem hohe Lagerbestände". Selbige führt man auf eine abrupt abgerissene Nachfrage zurück, die Konsumenten hätten kurzfristig aufgehört einzukaufen.

Der Krieg in der Ukraine, Chinas Null-Covid-Politik samt einhergehenden Lieferkettenprobleme sowie der rasante Anstieg der Inflation beeinträchtigten die Weltwirtschaft deutlich und tragen laut Lenzing das Ihre zur Delle bei.

Schlechteres Marktumfeld

Der Internationale Währungsfonds senkte seine Wachstumserwartungen für das laufende Jahr im Juli auf 3,2 Prozent. "Dieses drastisch verschlechterte Marktumfeld belastet zunehmend auch das Konsumklima sowie die Stimmung in den für Lenzing relevanten Industrien, etwa in der Textilindustrie." Unverändert positiv sind laut Lenzing-Chef Sielaff einzig die langfristigen Wachstumsaussichten bei holzbasierten, biologisch abbaubaren Spezialfasern. Die Neunmonatszahlen veröffentlicht Lenzing am 3. November. (ung, Reuters, APA, 20.9.2022)