Sportminister Werner Kogler am 6. Juli vor dem EM-Eröffnungsspiel in Manchester. Dabeisein ist nicht alles für ihn, sagt er – und will die Sportfördermittel valorisiert sehen.

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Wien – Wenn das Geld gleich bleibt, wird es de facto weniger. Was derzeit allen drastisch vor Augen geführt wird, ist im Sport seit gut einem Jahrzehnt traurige Realität. So lange wurde die Gesamtsumme der "besonderen Bundessportförderung", 80 Millionen Euro, nicht valorisiert, Inflation hin, Inflation her. So ist dem Sport im Lauf der Zeit, man höre und staune, mehr als eine Jahresfördersumme abhandengekommen. Und es wurde automatisch immer schwieriger, die 80 Millionen auf die heimischen Sportinstitutionen zu verteilen, allen voran auf drei Dachverbände (Askö, Union, Asvö) und 60 Fachverbände.

Des einen Plus ist des anderen Minus – längst geht, wie DER STANDARD berichtete, ein Riss durch die heimische Sportlandschaft. Mittlerweile fühlt sich eine Mehrheit der Verbände von der für die Mittelverteilung zuständigen Bundes-Sport GmbH (BSG) "überfahren". Bereits vierzig Institutionen haben sich dem Vernehmen nach zusammengetan, um gegen die Nichtvalorisierung der Mittel zu protestieren und auf eine andere BSG-Herangehensweise zu drängen. Vor dem Sommer wurde eine Delegation bei Sportminister Werner Kogler (Grüne) vorstellig. Nicht nur er machte Hoffnung, sondern auch die Tatsache, dass Ex-Tennisverbandspräsident und Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) zum Finanzminister aufgestiegen war.

Geduld für Budget

Ob im Sommer etwas weitergegangen ist, soll sich im Herbst zeigen. Sportminister Werner Kogler erklärt dem STANDARD, er selbst habe "nie in Aussicht gestellt, dass über den Sommer Ergebnisse zu erwarten sind". Kogler verweist auf die Budgetverhandlungen, die "traditionsgemäß im Herbst stattfinden". In diesen Gesprächen, sagt er auch, werde "mit Nachdruck zu adressieren sein, dass die besondere Bundessportförderung, also die Lotterien-Gelder, substanziell anzuheben sind". Kogler ist bewusst, dass es einerseits "seit 2012 keine Anpassung mehr gab" und dass andererseits "die Entwicklung im internationalen Hochleistungssport eine enorme Dynamik angenommen hat".

Österreich habe zuletzt bei Olympischen und Paralympischen Spielen sowie bei vielen Welt- und Europameisterschaften "sehr gut abgeschnitten. Aber diese Ergebnisse sind kein Selbstläufer, im Sport gilt – abgedroschen, aber wahr: Stillstand ist Rückschritt." Die Anhebung der Sportfördermittel, sagt Kogler, sei ihm "ein wichtiges Anliegen. Und da ich dabei den Finanzminister an meiner Seite weiß, bin ich zuversichtlich, dass uns der Schritt gemeinsam gelingen wird."

Verständnis

Für die aufbegehrenden Verbände bringt der Sportminister bis zu einem gewissen Grad Verständnis auf. Er erinnert freilich daran, dass es bei der Erarbeitung des seit 1. Jänner 2018 in Kraft befindlichen Bundes-Sportfördergesetz "zwei zentrale Wünsche des organisierten Sports" gegeben habe. "Nämlich mehr Planungssicherheit – das wurde durch den Vierjahresrhythmus gewährleistet. Und: mehr Leistungsorientierung, weniger Gießkanne." Auch diesem Anliegen sei mit dem Gesetz entsprochen worden. "Aber in einem leistungsorientierten System mit gedeckelten Mitteln", sagt Kogler, "führt das zwangsläufig dazu, dass es Sieger und Verlierer gibt. Die meisten Gewinner sind zufrieden, die meisten Verlierer sind unzufrieden."

Dass es in der Sportförderung – "wie in jedem System" – Optimierungspotenzial gibt, will der Minister nicht in Abrede stellen. "Deshalb erscheint es mir nach den beiden Gesprächsrunden mit zahlreichen Fachverbandspräsidenten nur logisch, dass sich Vertreterinnen und Vertreter aller konstruktiven Kräfte im Spitzensport zusammenfinden und Verbesserungsvorschläge ausarbeiten. Das Sportministerium hat diesen Prozess gerne angestoßen und steht dem organisierten Sport ebenso gerne begleitend zur Seite."

Kogler verweist auch darauf, dass speziell kleinere, weniger erfolgreiche Verbände künftig vermehrt unterstützt werden sollen. Mit Jahresbeginn 2023 übernehme das Sportministerium unter anderem für zehn solcher Verbände die Kosten von Coaches im Leistungszentrum Südstadt. Das sei "eine enorme Entlastung für die Budgets" dieser Verbände.

"Wahrnehmungsunterschiede"

Die Posten der BSG-Geschäftsführer – Michael Sulzbacher ist für wirtschaftliche Belange, Clemens Trimmel für die sportlichen und den Kontakt zu den Verbänden zuständig – sind derzeit neu ausgeschrieben. Insbesondere Trimmel steht in der Kritik. Verbände kommen sich gegenüber der BSG "wie kleine Bittsteller" vor und kritisieren, dass sie nach der Aufteilung der Fördermittel keine Einspruchsmöglichkeit hatten und dass ihnen für den Aufmuckfall sogar gedroht worden sei, die Auszahlung der Mittel insgesamt könnte eingestellt werden.

Ist Kogler mit Trimmel und Sulzbacher zufrieden? Der Sportminister bittet "um Verständnis, dass ich Geschäftsführern von Institutionen, die im Eigentum des Bundes stehen, nicht über Medien ausrichten lasse, wie zufrieden ich mit ihnen bin. Das teile ich lieber persönlich mit." Ja, auch Kogler hat "Wahrnehmungsunterschiede innerhalb der Verbände" festgestellt. "Doch Empörung hätte ich in den von mir anberaumten Gesprächsrunden nicht geortet." Bei der Bestellung der Geschäftsführung werde "selbstverständlich nach dem Gesetz vorgegangen, Zurufe von außen sind hierbei nicht vorgesehen." Der BSG-Aufsichtsrat gebe einen Dreiervorschlag für den sportlichen, eine Findungskommission einen Dreiervorschlag für den kaufmännischen Geschäftsführer ab. "Dann werden die beiden Bestgeeigneten bestellt."

Die Bewerbungsfrist für die zwei Posten der BSG-Geschäftsführung endete am Dienstag. Ob es, neben Trimmel und Sulzbacher, weitere Bewerbungen gibt, ist nicht bekannt. (Fritz Neumann, 20.9.2022)