Die Tiroler Spitzenkandidaten (v. li.): Dominik Oberhofer (Neos), Markus Abwerzger (FPÖ), Georg Dornauer (SPÖ), Anton Mattle (ÖVP), Gebi Mair (Grüne) und die einzige Spitzenkandidatin Andrea Haselwanter-Schneider (Liste Fritz).

Foto: APA / EXPA / JOHANN GRODER

Jenen, die am kommenden Sonntag etwas zu gewinnen haben, mangelte es am Dienstagabend nicht an großen Worten: Bei der Elefantenrunde des ORF zur Tiroler Landtagswahl sprach SPÖ-Chef Georg Dornauer von einer bevorstehenden "historischen Zäsur", Spitzenkandidat der Freiheitlichen, Markus Abwerzger, nannte die Wahlen ein "Erdbeben, das bis zum Ballhausplatz spürbar ist". Klar ist: Die ÖVP, die in Tirol seit 77 Jahren in wechselnden Koalitionen regiert, wird verlieren. Wie viel, das wird sich zeigen.

Höchstwahrscheinlich ist, dass sich eine Neuauflage der schwarz-grünen Koalition, die seit 2013 am Werk ist, nicht mehr ausgehen wird. Mit der ÖVP könne man zwar wieder regieren, "wenn es Bewegung gibt", sagte der Spitzenkandidat der Grünen, Gebi Mair. Er zeigte sich aber auch für eine Dreier- oder Viererkoalition ohne die oder gegen die ÖVP offen. Es gebe "keine Denkverbote". Für "unanständig" hielt hingegen Andrea Haselwanter-Schneider, Spitzenkandidatin der Liste Fritz, die Koalitionsspekulationen vor der Wahl.

SPÖ bereit, Ansage "zu überdenken"

Spannend bleibt dennoch, wer seine derzeitige Ansage für nach der Wahl revidieren müssen wird. Die Sache ist verzwickt: Die SPÖ will nur in eine Zweierkoalition mit den Schwarzen, außer die ÖVP werde klar abgewählt – dann "müssen wir unsere Meinung überdenken", sagte Dornauer bereits am Dienstag.

Dornauer zu seinen Koalitionspräferenzen.
ORF

Dann bleibt noch die FPÖ: Alle Parteien haben mittlerweile eine Zusammenarbeit mit ihr ausgeschlossen. Den Blauen werden Zugewinne prognostiziert, und dementsprechend selbstbewusst trat FPÖ-Chef Markus Abwerzger auf. "Vor der Wahl ist nicht nach der Wahl", sagte er. Von Dornauer auf eine Zusammenarbeit angesprochen, an der angeblich hinter dem Rücken von ÖVP-Spitzenkandidat Anton Mattle zwischen Teilen der ÖVP und den Blauen "geschmiedet" werde, wich Abwerzger aus. Er spreche mit allen Parteien, aber "nicht über Koalitionsvarianten".

Neos: Abschaffung der Tourismusabgabe

Ebenfalls in die Regierung drängen die Neos. Allerdings gab Dominik Oberhofer, Chef der Pinken, im ORF eine Koalitionsbedingung bekannt, die die ÖVP ins Mark treffen würde. Er will die Tourismusabgabe abschaffen und hofft, dass der Künstler Felix Mitterer wieder zurückkomme, sagte Oberhofer.

Oberhofer nennt eine Koalitionsbedingung.
ORF

Auch die jetzige Wirtschaftsförderung wollen die Neos für die Finanzierung des Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung umwidmen. Jetzt verteile die ÖVP diese Förderung "an ihr Klientel".

Streitpunkt Tiwag

Der Tiroler Landesenergieversorger, dessen Aufsichtsratschef Mattle selbst ist, sei "ein Segen", sagte dieser. Mair wünschte sich eine politischere Lenkung der Tiwag. "Die Tiwag müsste unser Vorreiter bei der Energiewende sein", sagte er.

Die Diskussion um die Tiwag.
ORF

"Unmoralisch" nannte Abwerzger die Tiwag-Führung und die aus seiner Sicht geringen Ausschüttungen des Energieversorgers an das Land. "Auch mit der Tiwag wurde spekuliert", warf Abwerzger als Vorwurf in den Raum. Mattle dazu: "Eine Situation wie bei der Wien Energie wird es bei uns nicht geben."

Einigkeit bei Transit

Seit Jahren sind sich alle Parteien einig: Der Transit müsse reduziert werden. Welche Maßnahmen gegen die Lkw-Kolonnen auf den Tiroler Autobahnen wirken, darüber wurde allerdings gestritten. "Politisches Gespür" brauche man, sagte Dornauer. Abwerzger kündigte an, als Landeshauptmann bei Blockaden der Autobahnen in Form einer Demonstration teilnehmen zu wollen. Mair forderte "Dosierungen", Haselwanter-Schneider sprach sich für ein "Slot-System" aus. Oberhofer glaubt an die "Ehrlichkeit", die zum Ziel führen werde. Mattle kam bei dem Thema nicht zu Wort.

Die Positionen zur Transitfrage.
ORF

Mattle aber versuchte, Zuversicht zu streuen. "Ich sehe eine große Chance, dass wir den '30er' gut schaffen werden", ging Mattle einmal mehr von einem Ergebnis über 30 Prozent aus. Bei der letzten Landtagswahl im Jahr 2018 hatte die ÖVP noch 44,26 Prozent eingefahren. Erfolge und Niederlagen hätten "verschiedene Väter und Mütter", aber: "In schwierigen Zeiten übernimmt der Toni Mattle Verantwortung." Sein persönliches Empfinden im Wahlkampf sei, dass man bei den Menschen ankomme. (lalo, 20.9.2022)