Bundespräsident Van der Bellen war am Dienstagabend in die "ZiB 2" zugeschaltet.

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Laut jüngster Umfrage kann Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei der Wahl am 9. Oktober mit 59 Prozent der Stimmen rechnen. Angst, dass diese Prozentzahl angesichts seiner sechs Gegenkandidaten noch sinken könnte, hat er nicht. "Ich fürchte mich einmal vor gar nichts", sagte er am Dienstagabend in der "ZiB 2". "Aber ich würde mich freuen, bereits am 9. Oktober eine Mehrheit um mich zu versammeln."

Dass dies keine gmahten Wiesn sei, betonte der Amtsinhaber bereits bei seinem Wahlkampfauftakt. Das sei ein Zeichen des Respekts vor den Wählerinnen und Wähler, sagte er am Dienstagabend. "Ich appelliere an alle, ihr Wahlrecht auszuüben." Das Ergebnis hänge auch von der Wahlbeteiligung ab.

Kein TV-Duell

Van der Bellen verteidigte erneut seine Entscheidung, sich nicht auf eine TV-Konfrontation mit seinen sechs Gegenkandidaten einzulassen. "Von den sieben Kandidaten gibt es einen, der der Öffentlichkeit nun wirklich bekannt ist: Und das ist nun mal der amtierende Bundespräsident."

Eine Diskussion diene dazu, seine Positionen in bestimmten Fragen darzulegen. "Dazu muss man meinen Konkurrenten Gelegenheiten geben, mir aber nicht", sagte er. Man habe in den letzten fünfeinhalb Jahren bereits beobachten können, wie er auf bestimmte Situationen reagiere und wie er Krisen bewältigt habe. Zudem müsse er als amtierender Bundespräsident schauen, dass das Amt nicht beschädigt werde. Auch seine Vorgänger hätten vor der möglichen Wiederwahl auf TV-Duelle verzichtet.

Die kommenden Monate "werden schwierig"

Angesichts der zunehmenden Teuerung geht Van der Bellen davon aus, dass die kommenden Monate "schwierig werden". Aber er ist überzeugt, dass "wir einigermaßen über den Winter kommen werden mit den entsprechenden Vorsorgen", die die Bundesregierung getroffen habe und noch treffen wird. Die Österreicher und Österreicherinnen müssten sich darauf verlassen können, über den Winter nicht "über Gebühr frieren zu müssen. Das heißt, dass dafür gesorgt wird, dass die Menschen ihre Heizungsrechnung bezahlen können einerseits, aber andererseits auch, dass wir auf die Sorgen des Gewerbes und der Industrie, was die Energieversorgung betrifft", eingehen.

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Er sehe seine Aufgabe als Bundespräsident allgemein darin, für Ruhe und Besonnenheit zu sorgen. Er wolle auf die großen Herausforderungen hinweisen, aber sich nicht im Klein-klein der Regierungsarbeit verheddern. "Denn regieren tut der Bundeskanzler und die entsprechenden Minister und Ministerinnen." Als Bundespräsident müsse man abwägen: "Was sage ich öffentlich? Was sage ich in die laufende Kamera?"

Angesprochen auf die Kritik des Konkurrenten Heinrich Staudinger, wonach Van der Bellen sein Amt zu wenig genützt habe, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen, sagte er: "Das wundert mich schon etwas." Denn Klimaschutz sei auf der ganzen Welt Thema. Er schöpfe Hoffnung, dass alle "das Problem ernst nehmen".

Keine Spekulationen

Zum Abschluss des Interviews wollte Van der Bellen nicht darüber spekulieren, wie wahrscheinlich eine Stichwahl sei. Er wäre froh darüber, wenn er eine Mehrheit im ersten Wahlgang schaffen würde, weil Österreich, die EU und die Welt schwierige Zeiten erleben würden. "Da müssen wir unsere Energie auch anderweitig dringend verwenden."

Dass er bei einer möglichen Angelobung im Jänner bereits 79 Jahre alt sei, sieht er nicht als Hindernis. "Das Amt verlangt einem alles ab, aber ich genieße das in gewisser Weise", sagte er. "Ich habe in den letzten Jahren an Erfahrung dazugewonnen. Meine Energie reicht völlig, um die nächsten Jahre gut zu gestalten." (Andreas Gstaltmeyr, 20.9.2022)