Umwelt-, Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne).

Foto: APA / FLORIAN WIESER

An Gesprächsterminen bestand kein Mangel. Aber die Begegnung mit dem linken Urgestein Bernie Sanders hinterließ bei der ehemaligen Umweltaktivistin auf ihrer US-Reise einen besonderen Eindruck. Eine Dreiviertelstunde saß Klimaministerin Leonore Gewessler in einem holzgetäfelten Saal des Kongressgebäudes mit dem Senator aus Vermont zusammen. Man redete über bezahlbare öffentliche Verkehrsmittel, Heizungssysteme und Klimatechnik. "Spannend und inspirierend" sei der Austausch gewesen, schwärmte die Grüne anschließend.

Nicht überall sind die Themen derzeit so erfreulich. Der mehrtägige US-Trip war geprägt vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den daraus resultierenden Konsequenzen für die Energieversorgung. "Wir haben uns erpressbar gemacht. Eine Politik, die uns in diese Abhängigkeiten gebracht hat, kann man nicht verteidigen", nahm die Ministerin möglicher Kritik an der traditionellen österreichischen Abhängigkeit von russischen Gasimporten gleich offensiv den Wind aus den Segeln.

Werben um Flüssiggas aus den USA

Bei Gesprächen mit dem stellvertretenden amerikanischen Energieminister David Turk und in der Regulierungsbehörde warb Gewessler für einen Ausbau der Flüssiggasimporte aus den USA. Auch dank solcher Lieferungen ist der Anteil des russischen Gases an Österreichs Gasimporten inzwischen von 80 auf 50 Prozent gesunken. Turk erklärte nach Angaben der Ministerin seine Bereitschaft, die EU und Österreich weiter zu unterstützen.

Bernie Sanders traf in seinem Heimatstaat Vermont auf Österreichs Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.
Foto: IMAGO/Ricky Fitchett

Freilich stößt eine weitere Steigerung der amerikanischen LNG-Exporte aufgrund begrenzter Terminalkapazitäten auf beiden Seiten des Atlantiks auch an seine Grenzen. Auch könne Österreich seine Abhängigkeit von russischem Gas mangels eines eigenen Meerzugangs nur im Einklang mit anderen europäischen Ländern überwinden, betonte Gewessler: "Früher stand Österreich am Beginn der Gasverteilung in Europa. Wenn sich die Flüsse jetzt umdrehen, stehen wir eher am Ende."

Förderung sauberer Energien

Am heutigen Mittwoch will die Politikerin gemeinsam mit Vertretern österreichischer Unternehmen von der Hauptstadt Washington in die ehemalige Stahlstadt Pittsburgh weiterreisen, die in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Transformation zur Dienstleistungs- und Biotech-Metropole hingelegt hat. Dort treffen sich diese Woche die Minister und Ministerinnen der 22 Unterstützerstaaten der globalen Initiative "Mission Innovation", die auf der Pariser Klimaschutzkonferenz zur Förderung der sauberen Energien ins Leben gerufen wurde.

Dass der US-Senat wenige Wochen vor dieser Zusammenkunft ein – wenn auch drastisch abgespecktes – Klimagesetz verabschiedet hatte, hob Gewessler lobend hervor: "Bidens Klimapaket ist ein starkes Signal, das wir in der derzeitigen Debatte wirklich dringend brauchen." Da klang die Besucherin deutlich positiver als Bernie Sanders, der das Gesetz als "nicht annähernd umfassend genug" bezeichnet hatte. Dem sehr freundlichen Austausch der beiden Politiker tat das offenbar keinen Abbruch: Am Ende lud Gewessler den Senator zu einem Besuch nach Wien ein. (Karl Doemens aus Washington, 21.9.2022)