Studierende mit Hauptwohnsitz außerhalb Wiens, die in diesem Wintersemester ein Semesterticket um 150 Euro erwerben, erhalten im Nachhinein 75 Euro zurückerstattet.

Foto: Wiener Linien / Johannes Zinner

Es ist eine Entscheidung von großer finanzieller Tragweite für die Wiener Linien. Wie berichtet wurde der städtische Öffi-Betreiber wegen Diskriminierung bei den Semestertickets rechtskräftig verurteilt. Der Hintergrund: Studierende mit Hauptwohnsitz Wien zahlen 75 Euro, jene mit Hauptwohnsitz außerhalb Wiens 150 Euro. Drei Studierende, die hier erfolgreich Diskriminierung geltend gemacht hatten, erhalten nun laut einem Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien 375 Euro pro Semesterticket: 75 Euro als Differenzwert plus 300 Euro für die "erlittene persönliche Beeinträchtigung". Der Sammelklage der Plattform Ticketerstattung.at haben sich mittlerweile mehr als 12.200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angeschlossen. Die Wiener Linien sind mit Millionenforderungen konfrontiert.

Weil diese mit "sehr hohen Rückforderungen" rechnen, wie es zum STANDARD heißt, hat sich der Öffi-Betreiber nun zu einer Tarifreform entschlossen: Ab dem Sommersemester 2023 wird es einen einheitlichen Tarif für alle Studierende geben. "Der Preis steht aber noch nicht fest", sagte ein Sprecher auf Anfrage. Ob es also bei 75 Euro – diesen Betrag bezahlten Wiener Studierende – bleibt, ist mehr als fraglich.

Nichtwiener erhalten ab Dezember 75 Euro zurück

Für dieses Wintersemester 2022/23 müssen Nichtwiener vorerst noch 150 Euro für das Semesterticket bei der Kassa bezahlen. Sie werden aber darüber informiert, dass sie davon 75 Euro zurückerstattet bekommen. "Die Auszahlung soll ab Dezember erfolgen", sagte ein Sprecher zum STANDARD. Der Grund dafür sei, dass das Tarifsystem nicht so schnell und per Knopfdruck umgestellt werden könne.

"Die Auswirkungen des Urteils sind enorm", heißt es. Denn auch jene Studierende mit Hauptwohnsitz außerhalb Wiens, die in den letzten drei Jahren ein Semesterticket um 150 Euro erworben haben, können laut Wiener Linien bald um eine Rückerstattung von 75 Euro ansuchen. "Wir arbeiten noch an einer Systemlösung", heißt es.

Auf Wiener Linien kommt eine Millionenzahlung zu

Parallel dazu läuft aber auch die Sammelklage von Ticketerstattung.at. Bei dieser geht es nicht um 75 Euro pro Ticket, sondern um 375 Euro – was für die Wiener Linien einen enormen finanziellen Unterschied ausmacht. Erhalten die aktuell 12.200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor Gericht recht, würde das die Wiener Linien nämlich mehr als 4,5 Millionen Euro kosten. Und es könnten auch noch tausende Teilnehmer dazukommen: Immerhin wurden allein im Herbst 2021 bis inklusive September knapp 20.000 Semesterkarten an Nichtwiener verkauft.

Die Wiener Linien stellen sich jedenfalls auf eine Rückzahlung von 75 Euro für zehntausende Inhaber von Semestertickets in den letzten drei Jahren ein. Welche Summe die Wiener Linien dafür reserviert haben, wird vorerst nicht kommuniziert. Melden sich viele für die 75-Euro-Rückerstattung an, wäre auch mit einer Summe von mehreren Millionen Euro zu rechnen.

Es komme aber auch noch darauf an, wie es mit der Sammelklage weitergehe. "Die 300 Euro Schadenersatz pro Semesterticket können wir jedenfalls nicht nachvollziehen", heißt es von den Wiener Linien. Hier würden noch rechtliche Schritte geprüft. (David Krutzler, 21.9.2022)