Im Gastblog schildert Rechtsanwältin Piroska Vargha die rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Unterhaltsbemessung.

Wenn Ehen enden, gehört das Thema des Unterhalts zu den oft langwierigsten Fragen, die zu lösen sind. Eine Herausforderung ist dabei oft die Festlegung jener Bemessungsgrundlage, aus der sich der Unterhaltsanspruch letztlich errechnet. Die Unterhaltsbemessungsgrundlage wird durch das Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehepartners oder der unterhaltspflichtigen Ehepartnerin gebildet. Darunter fallen alle Einkünfte aus Erwerbstätigkeit und Erträgnisse aus Vermögen.

In Unterhaltsangelegenheiten für Kinder hat die unterhaltspflichtige Person bei der Feststellung ihrer Einkommensverhältnisse mitzuwirken. Tut sie das nicht, darf ihr Einkommen nach freier Würdigung geschätzt werden. Personen, deren Einkommen oder Vermögen für die Entscheidung über den gesetzlichen Unterhalt zwischen Eltern und Kindern relevant ist, haben also dem Gericht hierüber Auskunft zu geben und die Überprüfung deren Richtigkeit zu ermöglichen. Auf diese "Rechnungslegung" besteht auch ein Anspruch der Berechtigten.

Im Zuge einer Scheidung stellt sich auch die Frage des Unterhalts. Dabei ist rechtlich besonders relevant, ob die Informationen über die Einkünfte des Partners oder der Partnerin auch den Tatsachen entsprechen.
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In Unterhaltsangelegenheiten unter Erwachsenen ist dies längere Zeit anders gehandhabt worden, und es bestand keine Verpflichtung des Zahlungspflichtigen, aktiv an der Feststellung seiner Einkommensverhältnisse mitzuwirken. Der verpflichtete Teil versucht dementsprechend oft, nur das Offenkundigste freiwillig zu offenbaren, während es der unterhaltberechtigten Seite in der Regel nicht leichtfällt, nachweisen zu können, auf welcher Basis ein gewisser Unterhalt zusteht. Dies wurde von den Gerichten als Widerspruch erkannt und der Anspruch auf die Rechnungslegung zunächst auf volljährige Kinder und später auch für Fälle des Ehegattenunterhaltes (sowohl bei aufrechter Ehe als auch nach Scheidung) ausgeweitet.

Zwischen (ehemaligen) Eheleuten setzt dieser Rechnungslegungsanspruch – neben dem Nachweis, dass Unterhalt auf Basis einer Vereinbarung oder eines Urteils grundsätzlich zu zahlen ist – voraus, dass die auskunftsberechtigte Person die bezifferte Forderung eines bestimmten Unterhaltsbetrags sonst nur mit erheblichen Schwierigkeiten erheben könnte und diese Hindernisse durch einen solchen Abrechnungsauftrag vermieden werden können.

Rechnungslegung und Schadenersatz

Um die relevanten Informationen zu bekommen, ist – wenn es denn unvermeidbar wird – eine sogenannte Stufenklage das richtige Mittel. Hierbei handelt es sich um eine zweiteilige Klage, bei der zunächst die Rechnungslegung – also die Offenlegung der Einkommensverhältnisse der unterhaltspflichtigen Person – begehrt wird. Der sich daraus ergebende konkrete Unterhaltsbetrag kann dann im selben Verfahren als Leistung, also als Zahlung, eingeklagt werden. Wenn die verpflichtete Person zur Rechnungslegung verurteilt wird, so hat diese Rechnungslegung "formell vollständig" zu sein.

Wichtiges Detail: Eine Überprüfung der materiellen Richtigkeit erfolgt nicht. Dass die Rechnungslegung also auch inhaltlich vollumfänglich und wahrheitsgemäß ist, kann prozessual nicht erzwungen werden. Hat man den Verdacht, dass das nicht so ist, berechtigt das nur zur Erhebung von Schadenersatzansprüchen (in einem weiteren Prozess). Immerhin muss die "formell vollständige" Rechnungslegung grundsätzlich detailliert sein und darf sich nicht in der bloßen Angabe von Endziffern oder im Überlassen von Belegen erschöpfen.

Nun ist diese Hilfe für die unterhaltsberechtigte Person natürlich auch ein Eingriff in die Sphäre des Schuldners oder der Schuldnerin. Rechnung soll daher nur gelegt werden müssen, wenn die berechtigte Person auf diese Unterstützung tatsächlich angewiesen ist und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Expartners so unklar gehalten wurden, dass noch kein abschließendes Leistungsbegehren geltend machen kann.

Unbekannte Einkünfte nach Unterhaltsbegehren

In einem unlängst vom OGH behandelten konkreten Fall (OGH 6Ob169/21b) wurde im Zuge des zunächst für den Unterhaltsanspruch entscheidenden Scheidungsverfahrens – aus einem eigenen Vorbringen des Verpflichteten – offenbar, dass neben den bekannten Einkünften auch eine relevante Abfertigungszahlung an ihn im Raum steht. Die Berechtigte berücksichtigte diese Information in einem konkreten Unterhaltsbegehren und machte einen ziffernmäßigen berechneten Unterhaltsbetrag geltend. Gleichzeitig verlangte sie aber auch eine weitere Rechnungslegung.

Der Verpflichtete versuchte sich gegen die Verpflichtung zur zusätzlichen Rechnungslegung mit dem Argument zu wehren, seine Ex-Frau benötige diese Informationen gar nicht mehr, da sie bereits ein konkretes Begehren gestellt hätte.

Der OGH verwies zunächst tatsächlich auf das vom Ehemann aufgegriffene Prinzip: Das Ziel der Rechnungslegung besteht in der Konkretisierung eines zunächst unbestimmten Leistungsbegehrens, weshalb das Rechtschutzinteresse wegfällt, wenn der Stufenkläger bereits vor Erhalt der Rechnungslegung sein Begehren konkretisieren kann und es auch tut.

Allerdings bleibt das Recht, trotz Angabe einer schon jedenfalls bestimmbaren ersten Forderungssumme zusätzlich auch die Rechnungslegung verlangen zu dürfen, erhalten, wenn die berechtigte Person bereits mit der Klage ausführt, dass es sich nur um Teilbegehren handelt und die Rechnungslegung für weitere Ansprüche beziehungsweise eine Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage unentbehrlich ist. Da die Klägerin dies im erwähnten Fall richtig gemacht hatte, muss der Ehemann über seine Einkommenslage "formell vollständig" Rechnung legen. (Piroska Vargha, 23.9.2022)