Albträume beschäftigen seit jeher auch die Kunst. Die bekannteste Darstellung ist vermutlich das Gemälde "Der Nachtmahr" von Johann Heinrich Füssli, zu sehen im Goethehaus in Frankfurt am Main.
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Albträume sind ein beliebtes Thema in Kunst und Populärkultur. In vielen Geschichten erwächst aus dem Albtraum dabei eine reale Gefahr, etwa beim Horrorklassiker "Nightmare on Elm Street" oder bei der aktuellen Netflix-Serie "Sandman". Bisher konnte man allerdings davon ausgehen, dass in Wirklichkeit keine tatsächliche Gefahr von Albträumen ausgeht.

Das könnte sich nun ändern. Albträume sind offenbar ein Anzeichen für erhöhtes Risiko, an Demenz zu erkranken. Zu diesem überraschenden Ergebnis kam nun eine im Fachjournal "eClinicalMedicine" veröffentlichte Studie, die an der Universität Birmingham durchgeführt wurde.

Die Forschenden untersuchten dazu 600 Personen im Alter zwischen 35 und 64 Jahren und 2.600 Personen, die über 79 Jahre alt waren. Die ersten Daten wurden zwischen 2002 und 2012 gesammelt, wobei die Probandinnen und Probanden unter anderem Fragen nach dem "Pittsburgh Sleep Quality Index" beantworteten. Dabei handelt es sich um einen standardisierten Fragebogen für Schlafqualität, der eine Frage nach der Häufigkeit von Albträumen enthält.

Die erste Gruppe verfolgte man im Schnitt neun Jahre lang, während die zweite fünf Jahre beobachtet wurde. Dabei zeigte sich, dass für Menschen, die angaben, mindestens einmal in der Woche Albträume zu haben, das Demenzrisiko für die Folgejahre um ein Vierfaches erhöht war. Männer waren dabei stärker betroffen. Bei älteren Männern betrug die Erhöhung des Risikos sogar ein Fünffaches, während bei Frauen desselben Alters nur eine vierzigprozentige Erhöhung festgestellt wurde.

"Das ist wichtig, weil es nur sehr wenige Risikoindikatoren für Demenz gibt, die bereits im mittleren Alter identifiziert werden können", erklärt der Erstautor der Studie, Abidemi Otaiku von der Universität Birmingham. "Wir haben erstmals gezeigt, dass Albträume bei gesunden Erwachsenen in der Allgemeinbevölkerung mit Demenzrisiko und dem Rückgang kognitiver Fähigkeiten in Verbindung gebracht werden können", sagt Otaiku.

Er kündigt an, die Untersuchungen künftig auf junge Menschen auszuweiten und außerdem die Charakteristik der Träume – wie lebendig sie sind – genauer zu betrachten.

In der Serie "Sandman" nach einer Comicreihe von Neil Gaiman können Albträume im realen Leben Schaden anrichten. Nun gibt es auch Hinweise auf einen medizinischen Zusammenhang zwischen Albträumen und Demenz. Eine direkte kausale Verknüpfung wurde aber noch nicht belegt.
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Einfluss der Schlafqualität ist bekannt

Die Studie ist ein weiterer Hinweis auf den Zusammenhang zwischen Schlafqualität und Demenz. Bereits eine große Studie im Jahr 2021 an 10.000 Personen konnte bei Menschen, die nachts weniger als sechs Stunden schlafen, ein um 30 Prozent erhöhtes Risiko für eine spätere Demenzerkrankung nachweisen. Eine andere Studie konnte belegen, dass nicht nur die im Zuge einer Alzheimererkrankung im Hirn produzierten Proteine Schlafstörungen verursachen, sondern dass schlechter Schlaf auch zur vermehrten Produktion eines mit Alzheimer in Verbindung stehenden Proteins namens Beta-Amyloid führt.

Alzheimer ist dabei nur die häufigste, aber nicht die einzige Form von Demenz. Sie unterscheiden sich in Ursache und Ausprägung. Alle diese Formen scheinen durch starken Alkoholkonsum begünstigt zu werden.

Österreichweit leiden zwischen 115.000 und 130.000 Menschen an einer Form von Demenz. Bis 2050 soll sich diese Zahl verdoppeln. Trotz intensiver Forschungen ist Demenz bislang nicht heilbar. Früh erkannt, lässt sich der Verlauf der Krankheit aber durch Medikamente verlangsamen. Der Identifikation von Risikogruppen wie in der nun veröffentlichten Studie kommt also besondere Bedeutung zu. (Reinhard Kleindl, 22.9.2022)