Die Dimensionen des Falles erschrecken: Ein beliebter Lehrer einer Wiener Mittelschule soll jahrelang unentdeckt Schüler missbraucht und kinderpornografisches Material hergestellt und gehortet haben. Es gibt zumindest 25 Opfer, der Tatzeitraum erstreckt sich über 15 Jahre. Nach einer Anzeige, der eine Hausdurchsuchung folgte, beging der Pädagoge, der auch Vertrauenslehrer war, im Mai 2019 Suizid.

Ein beliebter Lehrer einer Wiener Mittelschule soll jahrelang unentdeckt Schüler missbraucht haben (Symbolbild).
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Die Wiener Bildungsdirektion wusste spätestens im Herbst 2019 über Details Bescheid. So wurden bei einem Elternabend im Dezember 2019 Eltern darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Pädagoge Schülern bei sich zu Hause auch K.-o.-Tropfen verabreicht hatte. Vonseiten der Schulbehörde wurde beschlossen, nur die "relevante Öffentlichkeit" zu informieren: Das waren Eltern, Schüler und Pädagogen an der Schule, Kinder- und Jugendanwaltschaft sowie Kinder- und Jugendfürsorge.

Erst knapp zwei Jahre später entschied sich die Behörde unter Bildungsdirektor Heinrich Himmer, auch die mehr als 1000 ehemaligen Schülerinnen und Schüler sowie ehemalige Pädagogen seit dem Jahr 2004 anzuschreiben und sie über den "Vorwurf von Übergriffen" zu informieren. Das war eine Reaktion darauf, dass Himmer noch im Mai 2022 ausgeschlossen hatte, dass es auch zu Missbrauchshandlungen innerhalb der Schule gekommen sei. Zeugenaussagen legen aber nahe, dass auch bei einer Schulsportwoche oder einer Lesenacht im Schulturnsaal Übergriffe stattgefunden haben.

Himmer muss alles daransetzen, eine umfassende Aufklärung zu ermöglichen. Die Kommission, die sich seit 2020 mit dem Fall beschäftigt, muss transparent darlegen, wie es dazu kommen konnte, dass die Taten jahrelang unentdeckt blieben. Die Fehler und das Systemversagen müssen schonungslos aufgezeigt werden, um diese in Zukunft verhindern zu können. Zur Prävention braucht es auch ein neues Kinderschutzgesetz. (David Krutzler, 21.9.2022)