Alleine wird Nicolas Seiwald (rechts) den französischen Superstar Kylian Mbappé nicht stoppen können.

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Ralf Rangnick lehnt Experimente strikt ab.

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Am Mittwochnachmittag ist die österreichische Fußballnationalmannschaft nach Paris geflogen, das Abschlusstraining wurde noch in Wien abgehalten. Das Stade de France im Pariser Vorort Saint-Denis muss sich bis Donnerstag (20.45 Uhr, ORF 1) gedulden. Die Temperaturen werden angenehm spätsommerlich sein. Linksverteidiger Andreas Ulmer musste aufgrund eines Magen-Darm-Infekts daheimbleiben.

Ein Besuch beim amtierenden Weltmeister ist logischerweise etwas Spezielles, Aufregendes. Die Tabelle der Nations League verblüfft, Frankreich ist mit zwei mickrigen Zählern Letzter, auf das drittplatzierte Österreich fehlen zwei Punkte. Bei einer Niederlage wären die Bleus fix in die Zweitklassigkeit abgestiegen, und der Gast bliebe in der Elite. Wobei das ein Lesen im Kaffeesud ist, Fußball muss immer erst gespielt werden.

Mut und Kontrolle

Teamchef Ralf Rangnick schließt überhaupt nichts aus. "Wir wollen gewinnen." Er verweist auf bisherige Auftritte, das 3:0 in Kroatien, das 1:2 daheim gegen Dänemark (viel Pech!) und das 1:1 im Happel-Stadion gegen Frankreich. Nur das 0:2 in Dänemark fiel aus der Reihe, wobei die Beine schwer waren, der Müdigkeit Tribut gezollt wurde. "Wir haben in diesen drei Spielen sehr dominant gespielt, hatten da mit wenigen Ausnahmen Kontrolle. Das wird auch für Donnerstag Grundvoraussetzung sein. Es ist wichtig, dass wir so proaktiv und mutig sind wie im Hinspiel."

Die wohl einzige Gemeinsamkeit mit Vorgänger Franco Foda ist (abgesehen von der Tatsache, dass beide Deutsche sind), dass auch der 64-jährige Rangnick die Aufstellung nicht verrät. Er lässt also spekulieren. Die Frage nach der Nummer eins, Anwärter im Tor sind Heinz Lindner und Patrick Pentz, blieb somit ebenso unbeantwortet wie jene nach dem System. Am 10. Juni hatten die Österreicher mit einer Viererkette eine gute Figur abgegeben, dennoch könnten diesmal drei zentrale Abwehrspieler zum Einsatz kommen. David Alaba ist als Abwehrchef gesetzt, Frankreich-Legionär Kevin Danso kann aufgrund einer Sperre kein Thema sein. Vielleicht wird Alaba von Gernot Trauner und Philipp Lienhart flankiert.

"Grundsätzlich wollen wir im Hinblick auf die EM-Quali in der Lage sein, verschiedene Grundordnungen zu spielen. Da muss auf der Tagesordnung sein, dass wir eine Dreier- oder Fünferabwehr beherrschen", sagt Rangnick.

Selbstverständlich wird Marko Arnautovic der Startformation angehören, er bestreitet sein 103. Länderspiel, stellt den Rekord von Andreas Herzog ein. Rangnick ist strikt gegen Wagnisse, Frankreich eignet sich nicht als Versuchskaninchen, das wäre Übermut wie Selbstüberschätzung. "Wir werden die aus unserer Sicht beste Elf aufstellen und nicht experimentieren." Das gelte auch für die abschließende Partie am Sonntag in Wien gegen Kroatien.

Die Franzosen sind zwar kein Versuchskaninchen, aber doch ein Problembär. Trainer Didier Des-champs kann quasi aus dem Leeren schöpfen, es fehlen Kapazunder wie Karim Benzema, Paul Pogba, Hugo Lloris, N’Golo Kante oder Kingsley Coman, die Liste ist unvollständig. Rangnick bezweifelt, dass die vielen Ausfälle eine massive Schwächung bedeuten. "Kylian Mbappé ist fit und sehr gut in Form, und er ist der Einzige, den sie nicht gleichwertig ersetzen könnten. Alle anderen können sie vorgeben. Zusammen mit Spanien haben sie eine unglaubliche Dichte und Breite bei Toptalenten wie kein anderes Land." Rangnick verweist auf den Ausfall von Konrad Laimer, der für ihn der "weltbeste Balleroberer" ist.

Schlüssel und Statistik

Mbappé wird der Schlüsselspieler sein. In Wien wurde er spät eingewechselt, das reichte ihm, um den Ausgleich zu erzielen. Christopher Trimmel sagt: "Den kann man nur gemeinsam verteidigen." Das Parallelspiel bestreiten Kroatien und Dänemark, sollten die Dänen siegen, wären sie im Finalturnier.

Die Statistik weist Österreich als Außenseiter aus. Neun Siege, drei Remis, zwölf Niederlagen. Dass sie gar nicht so erbärmlich ist, liegt an der fernen Vergangenheit. Zwischen 1925 und 1945 verlor Frankreich sechsmal deutlich, deshalb ist das Torverhältnis mit 41:40 positiv.

Rekordler Arnautovic tangieren Zahlen nicht. "Gelingt es, über uns hinauszuwachsen, gewinnen wir." David Alaba stimmt dem zu. (Christian Hackl aus Paris, 21.9.2022)

Fußball-Nations-League, Liga A, Gruppe 1, 5. Runde:
Frankreich – Österreich

(Saint-Denis, Stade de France, 20.45 Uhr/live ORF 1, SR Ekberg/SWE)

Frankreich: Maignan (AC Milan) – Pavard (Bayern), Varane (Manchester United), Kounde (Barcelona), Mendy (Real Madrid) – Camavinga (Real Madrid), Tchouameni (Real Madrid) – Nkunku (Leipzig), Griezmann (Atletico Madrid), Dembele (Barcelona) – Mbappe (Paris Saint-Germain)

Ersatz: Lafont (Olympique Marseille), Areola (West Ham United) – Badiashile (Monaco), Clauss (Marseille), Truffert (Stade Rennes), Saliba (Arsenal), Upamecano (Bayern), Fofana (Monaco), Guendouzi, Veretout (beide Olympique Marseille), Giroud (AC Milan), Kolo Muani (Eintracht Frankfurt)

Es fehlen: Benzema, Pogba, Kante, Coman, Lloris, L. Hernandez, T. Hernandez, Kimpembe, Rabiot, Kamara, Digne (alle verletzt)

Österreich: Lindner (FC Sion/32 Länderspiele) – Trauner (Feyenoord Rotterdam/8/1 Tor), Alaba (Real Madrid/94/14), Lienhart (Freiburg/9/0) – Trimmel (Union Berlin/23/1), X. Schlager (Leipzig/29/2), Seiwald (Salzburg/7/0), Sabitzer (Bayern/64/12), Wöber (Salzburg/9/0) – Arnautovic (Bologna/102/33), Gregoritsch (Freiburg/39/7)

Ersatz: Pentz (Stade Reims/3), A. Schlager (LASK/6) – Friedl (SV Werder Bremen/5/0), Lainer (Mönchengladbach/37/2), Posch (Bologna/16/1), D. Ljubicic (Köln/3/1), Baumgartner (Hoffenheim/21/6), Cham (Clermont Foot/0), Schmid (Werder Bremen/0), Onisiwo (Mainz/18/1), Weimann (Bristol City/19/1)

Es fehlen: Laimer (Syndesmosebandverletzung), Kalajdzic (Kreuzbandriss), Danso (gesperrt), Ulmer (Magen-Darm-Infekt)

Parallelspiel (20.45 Uhr): Kroatien – Dänemark

Die letzte Runde am Sonntag (jeweils 20.45 Uhr): Österreich – Kroatien (live ORF 1), Dänemark – Frankreich