"Crying Jordan" war unter den beliebtesten GIFs 2016, fängt aber auch 2022 noch zeitlos die Stimmung ein.

Foto: Giphy/ Niketalk

Wir schicken eine virtuelle Umarmung an Giphy: Die Suchmaschine für GIFs musste öffentlich eingestehen, keine Daseinsberechtigung mehr zu haben. "GIFs sind als Inhaltsform aus der Mode gekommen, da vor allem jüngere Nutzer GIFs als 'für Boomer' und als 'cringe' bezeichnen", so Giphy. Ein GIF sagt also nicht mehr als tausend Worte, sondern nur zwei: zu uncool.

Ausformulierte Versagensängste

Giphy wurde 2020 vom Tech-Giganten Meta übernommen, sehr zum Unmut der britischen Wettbewerbsbehörde. Gänzlich unjuristisch formuliert: Es riecht nach Ausweitung der Monopolstellung. Die Wettbewerbsbehörde will die Übernahme rückgängig machen und Meta zum Verkauf zwingen. Giphy wehrt sich mit einem schmerzlichen Argument – außer Meta würde niemand anderer sie haben wollen.

Der Aufstieg und Fall

Erfunden wurde das GIF 1989. Zur besseren Einordnung: Die Erstausgabe des STANDARD erschien 1988. Beide sind damit auch älter als das WWW und die sozialen Medien. Die anfängliche Beliebtheit des GIFs ist seiner einfachen Verwendung von Bewegtbild zuzuschreiben. Eine Datei enthielt mehrere Variationen eines Standbilds, die zu einem Endlosvideo zusammengefügt werden konnten. Nach der anfänglichen Verliebtheit in die technische Spielerei wurde der Platzhirsch jedoch von Alternativen mit kleineren Dateigrößen verdrängt.

Mit zunehmender Beliebtheit der sozialen Plattform Tumblr hat aber auch das GIF in den 2010er-Jahren einen zweiten Frühling erlebt. Es war die ideale Möglichkeit, eine Reaktion über das geschriebene Wort hinaus zu teilen oder einem Posting mehr Kontext zu geben. Giphy hat bei diesem Konzept eine Marktnische erkannt – es gab keine zentrale Suchmaschine, um in den abertausenden Inhalten ein situationsangepasstes GIF zu finden.

2013 war Giphys Geburtsstunde und damit der Anfang vom Ende für das GIF. Eine inhaltliche Monotonie machte sich breit. Die Indexierung der Kunstform zeigte Nutzerinnen und Nutzern der Plattform immer dieselben animierten Bilder. Businessinsider schlug eine schöne Analogie zu Google: "Wenn man nicht unter den Top-drei-Suchergebnissen ist, interessiert es niemanden."

Neue Plattformen, neue Inhalte

Obgleich eigene GIF-Tastaturen, wie Whatsapp sie beispielsweise führt, bei der Verbreitung von GIFs helfen, geht das GIF dem Ende seiner Lebenszeit entgegen. Denn Facebook und Twitter unterstützen das Posten von GIFs zwar, wandeln diese aber in Videodateien um. Andere Plattformen machen sich gar nicht erst die Mühe, das Relikt zu implementieren. Tiktok produziert ohnedies kurzformatige Videoinhalte, und die Picture-first-Generation von Instagram bedarf neben Memes und Emojis nicht auch noch einer endlos langen Kommentarspalte mit animierten Bildern. Technischer Fortschritt und ein verändertes Nutzverhalten machten GIFs, sehr zum Bedauern einiger eingefleischter Nutzer und Reddit-Boards, obsolet. Ein generationeller Schlagabtausch inspirierte dann auch die Aussage von Giphy: Man ist einfach nicht mehr cool, sondern cringe. (smw, 22.9.2022)