Es ist das letzte Filetstück bei den Maßnahmen der Bundesregierung zur Abfederung der Inflationsfolgen, das noch nicht auf dem Tisch liegt. Die Rede ist vom Energiekostenzuschuss für Betriebe. Während die Eckpfeiler der Strompreisbremse für Haushalte schon fixiert sind und andere Hilfen wie der Klimabonus bereits ausbezahlt werden, wird bei den Unternehmenshilfen in der Koalition um eine einheitliche Linie gerungen.

Bereits vergangene Woche hätte das Paket präsentiert werden sollen, doch der Termin wurde ebenso verschoben wie eine Vorstellung beim Ministerrat diese Woche. ÖVP und Grüne können sich nicht einigen, welche Auflagen Unternehmen im Gegenzug für staatliche Hilfen bekommen sollen. Die Grünen haben laut Darstellung aus ÖVP-Verhandlerkreisen im letzten Moment eine Reihe von Forderungen vorgelegt, mit denen sie den Abschluss der Gespräche verzögern. Stimmt nicht, kontert der kleine Koalitionspartner. Es sei immer klar gewesen, dass es Energieeinsparungsziele brauche, die ÖVP blockiere aber.

Gesetz steht bereits, ...

Grundsätzlich ist das Projekt schon weit vorangeschritten. Im Juli wurde im Nationalrat das Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz beschlossen. Dieses ermächtigt den Wirtschaftsminister, 450 Millionen Euro an Beihilfen für Unternehmen auszuschütten. Dabei kann in der ersten Stufe der Hilfsmaßnahmen eine Unterstützung von bis zu 400.000 Euro pro Betrieb gewährt werden und zwar als Zuschuss zu den Kosten für Strom, Gas und Treibstoffe. In Stufe zwei sind bis zu zwei Millionen Euro an Hilfen möglich. Im Rahmen dieses größeren Umfangs werden aber keine Treibstoffe mehr gefördert.

Voraussetzung ist, dass die Strombeschaffungskosten beim Unternehmen mindestens drei Prozent der Produktionskosten ausmachen.

Der Förderzeitraum, für den Anträge gestellt werden können, liegt zwischen Februar und Dezember 2022. Das Gesetz sieht vor, dass der zuständige Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und dem Klimaschutzministerium von Leonore Gewessler (Grüne) die Richtlinien für die Beihilfengewährung festlegt.

Bei der Finalisierung dieser Richtlinien hakt es nun. Konkret fordern die Grünen, dass Unternehmen, die Beihilfen bekommen, bestimmte Energiesparmaßnahmen verpflichtend zusagen sollen. Dazu gehört, dass geförderte Betriebe keine Beheizung im Außenbereich vornehmen können. Damit sind die berüchtigten Heizschwammerln und Heizstrahler gemeint, die mit Gas oder Strom betrieben werden. Außerdem soll die Beleuchtung von Geschäftsflächen nach Betriebsschluss nur noch dann erlaubt sein, wenn dies der Sicherheit dient. Flutlichtanlagen würden demnach untersagt sein, das würde Nachtskifahren betreffen. Hinzu kommt, dass Unternehmen sich verpflichten müssten, Türen zum Kundenbereich ihrer Geschäftslokale geschlossen zu halten.

Videoumfrage: Heizschwammerl-Verzicht: "Einfach wärmer anziehen"
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... aber über die Richtlinie wird noch diskutiert

Was ist gemeint? Im Einzelhandel lassen manche Firmen ihre Schiebetüren offen, das kostet im Winter Energie. Ebenso wollen die Grünen Bonuszahlungen bei Unternehmen beschränken, die Hilfen beantragen.

Aus ÖVP-Verhandlerkreisen kommt Unverständnis für die grüne Position: Angesichts der hohen Energiepreise sei Unternehmen ohnehin daran gelegen, Strom zu sparen. Zudem würden vom Staat ohnehin nur bis zu 30 Prozent der Kostensteigerungen abgegolten. Die Wirtschaftskammer pocht ihrerseits auf eine rasche Auszahlung der aus ihrer Sicht überfälligen Hilfen und beklagt eine Verzögerung durch die Grünen. Der kleine Koalitionspartner wolle Vorgaben bis Ende 2023 verpflichtend machen, aus Sicht der Unternehmerverbände ist das zu lang.

Darf das inmitten einer Energiekrise sein?
Foto: Cremer

Grünen-Verhandler argumentieren, dass die Auflagen einen Beitrag zur Entschärfung der Energiekrise leisten können. "Wir wollen Dinge vorschreiben, die keinem Betrieb die Geschäftsgrundlage entziehen", sagt ein Vertreter der Partei. Deshalb fordere man kein Verbot des Einsatzes von Schneekanonen. "Aber Steuergeld für Heizschwammerln kann es nicht geben." Ursprünglich wollten die Grünen, dass Unternehmen beim Antrag für den Zuschuss ein "Energie-Audit" durchlaufen sollten, bei dem gezielt Einsparungsmaßnahmen mit den Betrieben vereinbart worden wären. Da das die ÖVP nicht haben wollte, habe man alternativ konkrete Vorgaben vorgelegt.

Mehr als eine Milliarde Euro

Klar ist, dass die Unternehmenshilfen im Umfang über das hinausgehen werden, was im Juli im Gesetz verankert wurde. Wirtschaftsminister Kocher spricht bereits davon, dass der Staat mehr als eine Milliarden Euro ausgeben will. Strittig ist noch, ab welcher Größe Betriebe Hilfe bekommen sollen. Der Vorschlag des Wirtschaftsministeriums sieht vor, dass Ein- oder Zweipersonenunternehmen nicht zum Zug kämen. Die Grünen wollen diese Untergrenze nicht. Die Regierung hat bereits eine Werbekampagne für freiwilliges Energiesparen vorgelegt mit dem Ziel, elf Prozent des Energieverbrauchs einzusparen. Die Richtlinien wären die ersten verbindlichen Vorgaben.

"Wir haben eine Verknappungssituation bei Gas und Strom, und mit steigendem Strom- und Gasverbrauch im Herbst und Winter wird sich die Situation verschärfen", sagt Christoph Dolna-Gruber von der Energieagentur, einem Thinktank, der sich mit Energiefragen beschäftigt. "Energiesparen ist kurzfristig unsere wichtigste Handhabe, um mit dieser Verknappung umzugehen. Jede Maßnahme für sich betrachtet mag da kleine Effekte haben, aber in Summe machen sie einen Unterschied."

Ein elektrisch betriebenes Heizschwammerl hat laut einer Berechnung von Dolna-Gruber einen Verbrauch von zwei Kilowattstunden. Wird es fünf Stunden betrieben, kommt das auf zehn Kilowattstunden. Bei einer Betriebszeit von Oktober bis Februar verbrauche ein Schwammerl etwa so viel Strom wie ein halber Zweipersonenhaushalt im Jahr.

Am Donnerstag wird in der Koalition wieder über die Richtlinien verhandelt. (András Szigetvari, 22.9.2022)