Wehrhafte Frauen: Tanner mit einer Bundesheersoldatin der Eufor-Truppe

Foto: Bundesheer / Karina Karlovits

Götzendorf – "Das blaue Barett ist ein Magnet." So beschreibt Generalmajor Martin Dorfer, ein auf mehrere Auslandseinsätze zurückblickender erfahrener Offizier und heutiger Chef der Einsätze des Bundesheers, die Rekrutierung von Soldatinnen und Soldaten für die international angesehensten Aufgaben des Bundesheers. Immer noch ist der Mythos der im direkten Auftrag der Uno stehenden "Blauhelmsoldaten" ausreichend, um Militärpersonen für den Dienst bei der Unifil im Libanon zu gewinnen. Für die seit Jahrzehnten eingespielten Einsätze in Bosnien-Herzegowina (Eufor) und im Kosovo (Kfor) unter EU- und Nato-Flagge ist das erheblich schwieriger.

Aber gerade diese Region ist für die österreichische Außen- und Sicherheitspolitik besonders wichtig – aber da ist die Bereitschaft, noch ein weiteres Mal einzurücken, deutlich geringer. Dazu kommt, dass das Bundesheer ein massives Personalproblem hat: Soldaten mit langer Erfahrung in der Miliz werden langsam alt, neue wachsen nicht nach, weil gerade in den letzten Jahren die Grundausbildung beim Bundesheer massiv gelitten hat.

Zu viele Assistenzeinsätze

Und das hat nicht nur damit zu tun, dass die Milizübungen weitgehend ausgefallen sind, sondern es ist auch eine Folge der vielen Assistenzeinsätze: Infolge der Corona-Krise und der Anforderungen des Grenzschutzes sind die meisten Grundwehrdiener schon als Rekruten schon nach sehr kurzer Ausbildung in leichte Hilfs-Einsätze geschickt worden – für eine komplette Ausbildung fehlt die Zeit, beim Abrüsten sind sie daher nicht voll feldverwendungsfähig.

Und: Infolge der demografischen Entwicklung stehen insgesamt immer weniger junge Wehrpflichtige für einen Grundwehrdienst zur Verfügung.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) ist sich des Problems bewusst – ihre Initiative, die Grundwehrdiener besser zu entlohnen und ihnen eine Verlängerung der Dienst- beziehungsweise Ausbildungszeit schmackhaft zu machen, soll Abhilfe schaffen. Vor allem aber geht es bei den Auslandseinsätzen darum, Frauen zu entsenden. Das ist nicht nur eine internationale Vorgabe, sondern auch sachlich geboten: Gerade bei internationalen Missionen ist es wichtig, dass Soldatinnen eingesetzt werden, weil sie bei den Zivilistinnen in den Einsatzgebieten meist wesentlich mehr Vertrauen genießen als ihre männlichen Kameraden.

Problemfeld Sanität

Die aktuell dringendste Sorge ist allerdings die Sanitätsversorgung – es fehlen in den österreichischen Kontingenten Ärztinnen und Ärzte, was durch internationale Kooperation ausgeglichen werden muss. Tanner: "Was den Westbalkan betrifft, haben wir verstärkte Personalrekrutierungsmaßnahmen gesetzt. Dabei steht die Sanitätsversorgung unserer Soldaten im Mittelpunkt; jedoch bleibt auch das Bundesheer vom Ärztemangel nicht verschont. Daher steht sowohl beim militärischen Gesundheitswesen wie auch beim Heerespersonalamt die Anstrengung im Mittelpunkt, Sanitätspersonal in die Einsatzräume zu bringen."

Die aktuelle Personalsituation könnte sich dadurch entspannen, dass ab Oktober das Jägerbataillon 25 – eine luftbewegliche Profitruppe, die in Klagenfurt stationiert ist – in den Kosovo verlegt wird.

Fragliches Mandat für Mali

Bei allen Auslandsmissionen geht es immer auch um die internationale Mandatierung. Im Verteidigungsministerium, das in den vergangenen Stunden besonders durch die Entwicklung in Russland und der Ukraine unter Spannung gestanden ist, gilt als wichtig, dass Russland mit seinen panslawistischen Verbindungen zu den Serben gegen die Fortführung der Missionen auf dem Balkan kein Veto einlegt.

Beim Einsatz in Mali, an dem derzeit eine internationale Truppe von 1200 Soldatinnen und Soldaten beteiligt ist, stellt sich die Frage, ob eine angedachte Reduzierung auf 300 europäische Soldaten zur Ausbildung der malischen Armee überhaupt noch sinnvoll ist.

Und dann stellt sich die Budgetfrage: Kann und soll sich Österreich das überhaupt alles leisten? Ja, sagt Tanner. Es herrsche in allen Parteien Übereinstimmung, dass das Bundesheerbudget massiv steigen muss. (Conrad Seidl, 22.9.2022)