Das Textmeldungsangebot auf ORF.at soll halbiert werden, kündigt der ORF-Chef an.

Foto: Screenshot ORF.at

Wien – Der ORF wird sein Textangebot auf ORF.at halbieren: Das kündigte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann am Donnerstagabend bei den Österreichischen Medientagen an. Eine deutliche Beschränkung des "zeitungsähnlichen" Textangebots forderten private Medienhäuser in den Verhandlungen über ein neues ORF-Gesetz, von dem sich der ORF mehr Streamingmöglichkeiten erhofft. Die Novelle dürfte auch eine Neuregelung für die GIS – auch für Streaming – bringen.

Die "blaue Seite" ORF.at werde grundlegend umgestaltet, das Textangebot werde halbiert, kündigte ORF-General Weißmann bei den Medientagen an, in einer "Debatte zur Medienpolitik" mit Christine Antlanger-Winter (Google/Meta), Gerald Grünberger (Zeitungsverband), Christian Stögmüller (Privatsenderverband) und Martin Selmayr (EU-Vertretung in Wien).

Rund 60 Meldungen

Die Halbierung müsste auf rund 60 Meldungen pro Tag hinauslaufen – Weißmann nannte bei den Medientagen keine Zahl. Im Gegenzug werde das Video- und Audioangebot auf der "blauen Seite" zunehmen.

Weißmann: "Die blaue Seite bewegt sich, ich hoffe, dass sich nicht nur sie bewegt und wir die letzten Meter zur Digitalnovelle schaffen." Der ORF-General sprach von einem "mutigen Schritt", einem Kompromiss im Sinne einer Digitalnovelle für mehr Streamingmöglichkeiten. Der ORF will Formate allein oder zuerst für das Web produzieren dürfen – derzeit darf er im Wesentlichen nur Rundfunkformate auch sieben Tage online zeigen oder Zusatzmaterial zu Sendungen online anbieten.

"Zeitungsähnlich" dem ORF schon jetzt verboten

Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Zeitungsverbands VÖZ, begrüßte die vom ORF angekündigte Reduktion des Textangebots auf ORF.at grundsätzlich. Er verwies aber darauf, dass durch das ORF-Gesetz "zeitungsähnliche Angebote" im Web längst schon verboten sind.

Grünberger sprach sich "sehr dafür" aus, dass der ORF sich auf seinen Kernbereich Rundfunk konzentriere, das bedeute heute aber auch, Streaming im Digitalangebot zu erweitern – "das ist überhaupt keine Frage. Das ist die Zukunft, da muss der ORF auch hin".

"Ultimativ unter Druck"

Christian Stögmüller, Vorstandsvorsitzender des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP), meinte wiederum, dass der ORF abgesichert sein müsse, ihm aber auch nicht das Maximum an Möglichkeiten eröffnet werden dürfe. Denn der Privatrundfunksektor brauche eine Grundlage zum Überleben. "Hier ist Augenmaß von der Politik" gefragt." Der private Sektor stehe "ultimativ unter Druck". Werbegelder und hohe Kosten bereiten Sorgen. Auf ein Gebührenwachstum – wie beim ORF – könne man nicht setzen.

"Geringsmögliche" Belastung durch GIS auch für Streaming

Vor der Politik-Debatte kam die ressortzuständige Medienministerin Susanne Raab für ein zehnminütiges Podiumsgespräch mit "Horizont"-Herausgeber Jürgen Hofer. Sie wollte die Verhandlungen mit den Medien über die Novelle nicht kommentieren, kündigte aber eine geringstmögliche Belastung durch die neu geregelte GIS auch für Streaming an.

ÖVP-Mediensprecher Kurt Egger sah drei geplante medienpolitische Maßnahmen im STANDARD-Interview auf der Zielgeraden: eine neue, zusätzliche Journalismusförderung, neue Regeln für Regierungswerbung und ein neues Konzept für die "Wiener Zeitung" ohne ihre tragende Finanzierungsquelle – Pflichtinserate von Unternehmen. Dafür rechnet Egger mit Begutachtungsentwürfen in den nächsten "Tagen bis Wochen". (fid, 22.9.2022)