Im Gastblog schildert Rechtsanwältin Theresa Kamp, welche Unterhaltsansprüche während des Studiums der Kinder bestehen.

In vielen Familien ist der Kindesunterhalt ein Reizthema und ein häufiger Streitpunkt bei Eltern. Oft gibt es zwischen den Elternteilen Schwierigkeiten, ein Einvernehmen herzustellen, wenn es um die konkrete Bemessung des Geldunterhaltes vom nicht hauptbetreuenden Elternteil geht. Ein verbreitetes Missverständnis ist, dass Kindesunterhalt nur bis zum 18. Geburtstag des Kindes geschuldet wird. Das ist aber nicht richtig.

Bücher und Laptop sind nur ein Kostenfaktor von vielen, die auf Studierende zukommen. Wie sehr müssen die Eltern dabei unterstützen?
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Eltern sind grundsätzlich bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder unterhaltspflichtig. Selbsterhaltungsfähig ist man, vereinfacht gesagt, dann, wenn man aus eigener Kraft (Einkünften, Vermögen) sein Leben bestreiten kann. Also meistens mit der Ausübung eines Berufes. Heiratet das Kind, ist grundsätzlich der Ehepartner oder die Ehepartnerin unterhaltspflichtig. Geht das Kind eine Lebensgemeinschaft ein, sind die Eltern (nur) dann befreit, wenn das Kind tatsächlich Unterhaltsleistungen vom Partner oder von der Partnerin erhält. Wie ist das aber mit Kindern, die studieren wollen?

Müssen Eltern ein Studium finanzieren?

Grundsätzlich ja. Ob die Eltern selbst studiert haben, ist dabei nicht das entscheidende Kriterium. Die gesamte persönliche Lebenssituation der Eltern, wie laufendes Einkommen, allgemein die Vermögens- und berufliche Situation, spielen aber schon eine Rolle. Erfüllt das Kind die Voraussetzungen zum Studium (Reifeprüfung) und entspricht ein Studium auch den Lebensverhältnissen eines Unterhaltsverpflichteten, wird die Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes für die durchschnittliche Dauer des Studiums hinausgeschoben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Kind gut oder schlecht in der Schule war. Grundsätzlich müssen Eltern also den Kindern auch ein Studium finanzieren beziehungsweise während des Studiums noch weiter Geldunterhalt leisten.

Es muss den Eltern aber finanziell und wirtschaftlich auch zumutbar sein, ihre Kinder zu unterstützen. Dabei können die Eltern dem Kind nicht vorschreiben, welches Studium absolviert werden soll. Wenn ein Kind nicht direkt nach der Matura zu studieren beginnt, bedeutet das nicht automatisch, dass es seinen Anspruch auf Unterhalt verliert. Außerdem wird Kindern zugebilligt, ihre Meinung zu ändern, was das gewählte Studium betrifft, und das Studium nach einer angemessenen Dauer zu wechseln. Ein erstmaliger Wechsel, nach erst kurzer Studiendauer (zum Beispiel im ersten Studienjahr), wird nicht zum Erlöschen der Unterhaltspflicht führen. Nach einem erfolgreichen Bachelorstudium ist oft noch für ein anschließendes Masterstudium Unterhalt zu leisten. Ist das Kind im Studium außerordentlich erfolgreich, müssen die Eltern unter Umständen sogar noch für ein Doktoratsstudium finanziell greifbar bleiben.

Müssen beide Eltern zahlen oder nur der oder die bisherige Unterhaltszahlerin?

Bei getrennt lebenden Elternteilen leistet grundsätzlich die Person, die das Kind in ihrem Haushalt betreut, dadurch einen Unterhaltsbeitrag. Das heißt, es kommt auch bei Studierenden darauf an, wo das Kind wohnt. Bei auswärts studierenden Kindern kann unter Umständen eine bloß teilweise Betreuung durch einen Elternteil ausreichend sein, wenn sie regelmäßig zu bestimmten Restzeiten, etwa an Wochenenden, geleistet wird. Der andere Elternteil ist geldunterhaltspflichtig. Lebt das Kind aber komplett in Eigenpflege, also extern, und versorgt sich gänzlich selbst, müssen beide Eltern Geldunterhalt leisten, und zwar im Verhältnis ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit.

Was, wenn das Kind ein "Bummelstudent" oder eine "Bummelstudentin" ist?

Ein Studium muss ernsthaft und zielstrebig betrieben werden. Das Konzept ist also nicht, Studierende, die nur sporadisch an der Universität erscheinen, jahrelang zu sponsern. Relevant ist regelmäßig die durchschnittliche Dauer des Studiums (nicht die kürzest mögliche Dauer). Zur Beurteilung, ob jemand sein Studium ernsthaft und zielstrebig verfolgt, werden meist Studienpläne und Regelstudienzeit sowie absolvierte ECTS evaluiert. Auch vorgesehene Studienabschnitte werden in die Betrachtung miteinbezogen. Es soll nicht zu langen Zeiten der Untätigkeit der Studierenden kommen. Dies erfordert allerdings eine Einzelfallbetrachtung, bei der es keine starren Grenzen gibt. Besondere Gründe (zum Beispiel Krankheit) können auch eine längere Studiendauer rechtfertigen. Außerdem wird man etwas großzügiger sein, wenn das Kind gezwungen ist, einer Nebenbeschäftigung nachzugehen.

Wie sieht es mit eigenen Einkünften Studierender aus?

Eigene Einkünfte von Studierenden vermindern den Unterhaltsanspruch gegen die Eltern prinzipiell. Anders ist das aber bei lediglich kurzfristigen Ferialtätigkeiten. Außerdem können Eltern von ihren Kindern regelmäßig nicht verlangen, einer Nebentätigkeit neben dem Studium nachzugehen. (Theresa Kamp, 27.9.2022)