Der elfte Klimastreik in Wien stand unter dem Motto "Energiewende für alle".
Foto: Christian Fischer

Wien – Unter dem seit März bekannten Motto "#PeopleNotProfit" (Menschen statt Profite) rief die weltweit agierende Fridays-for-Future-Bewegung (FFF) für Freitag zum Klimastreik auf. Unter dem leicht abgewandelten Schlagwort beziehungsweise Hashtag "Energiewende für alle" kamen zum elften Mal auch in Österreich viele junge und jüngere sowie ebenso ältere Menschen zusammen, um ein Klimaschutzgesetz zu fordern. Sie kamen mit Plakaten und Fahnen, skandierten "Climate Justice" ("Klimagerechtigkeit"), "Act Now!" ("Handelt jetzt!") oder "Wir sind hier, wir sind viele, haltet euch an Klimaziele". Und sie sangen Lieder wie den abgewandelten White-Stripes-Song "Seven Nation Army" mit dem Text "Oida heast warum mochts ihr nix?".

Zwei Wiener Schülerinnen protestieren für bessere Lebensbedingungen für Eisbären.
Foto: Christian Fischer

Junge Schülerinnen hielten Plakate aus Pappe hoch, auf denen sie zeichnerisch die Lebensbedingungen von Eisbären thematisierten, ein älterer Herr verteilte "Protesttickets" mit der Aufschrift "Es reicht! Aufstehen gegen die Teuerung". Die NGO Global 2000 wiederum marschierte mit einem Ballon in Erdkugeloptik und dem Slogan "Klimaschutz Jetzt" mit.

3.000 Kundgebungen in Deutschland

Nicht nur in Wien und sechs weiteren österreichischen Städten, sondern weltweit sind junge Menschen für mehr Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel auf die Straße gegangen. Allein in Deutschland waren vorab in 300 Städten Kundgebungen angekündigt, demonstriert wurde außerdem auch in Rom, Indien, Japan, Neuseeland und in der Demokratischen Republik Kongo. In Österreich machte am Freitag Graz um neun Uhr den Anfang. In Klagenfurt, Innsbruck und Linz liefen die Demonstrationen gegen Mittag an. Um 13 Uhr starteten die ersten Kundgebungen, es folgten St. Pölten und Salzburg.

"Wir haben nur eine Welt" stand auf einem Transparent in Berlin, wo ebenfalls Tausende auf die Straße gingen.
Foto: REUTERS/Christian Mang

In der österreichischen Bundeshauptstadt zog die Menschenmasse gegen 14 Uhr vom Bahnhof Wien Mitte aus über den Ring Richtung Heldenplatz. Laut FFF-Angaben waren in Wien 12.000 Menschen auf der Straße. Österreichweit waren es demnach 20.000. Anwesend waren zudem nicht nur Aktivistinnen und Aktivisten von FFF, sondern zahlreiche weitere Organisationen vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) bis hin zur Umweltschutz-NGO WWF.

Soziale Bewältigung der Klimakrise

Vertreterinnen von Fridays for Future appellierten an die Regierung, sich für Klimagerechtigkeit und eine soziale Bewältigung der Klimakrise einzusetzen. Ronya Alev (Amnesty International) mahnte nicht nur ein Recht auf eine saubere Umwelt ein, sondern auch das auf Protest. Alev forderte konkret eine unabhängige Meldestelle für Opfer von Polizeigewalt. Hanna Braun (Attac) und Flora Bachmann (#aufstehn) kritisierten die Energiekonzerne, die "die die Erderwärmung vorantreiben" würden und deren Überschüsse aus der aktuellen Energiekrise besteuert gehörten. Mit den Einnahmen soll der Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben und soziale Ausgleichsmaßnahmen finanziert werden. Auch ein "längst überfälliges" Klimaschutzgesetz forderten alle Sprecherinnen und Sprecher ein.

Ihre Forderungen wiederholten sie nun bereits zum elften Mal im Rahmen eines Klimastreiks, kritisierte Ronya Alev, und sie werden "immer wichtiger und dringender".

Energiegrundsicherung

Verlangt wurde im Rahmen dieser Aktion dieses Mal auch eine Energiegrundsicherung, wie Vertreterinnen und Vertreter der FFF-Bewegung bei einer Pressekonferenz am Dienstag mitteilten. Über diese solle den Österreicherinnen und Österreichern ein Anteil an Energie kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Der darüberliegende Verbrauch soll dann zunächst moderat und im weiteren Verlauf immer stärker steigen. Auf diese Weise würden die Menschen auch zum Energiesparen motiviert.

Bei der Pressekonferenz wurde den Regierungsparteien eine weitere Botschaft mitgeschickt: Die ÖVP solle "die Blockadehaltung" beim Klimaschutzgesetz beenden, die Grünen sollten in den Worten der Aktivistinnen und Aktivisten dafür sorgen, nicht noch mehr Zeit verstreichen zu lassen.

Auch in Rom versammelten sich Demonstrierende für den Fridays-For-Future Protest.
Foto: EPA / RICCARDO ANTIMIANI

Forderungen in Graz

FFF zählte laut eigenen Angaben 2.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Mariahilfer Platz im Graz. Zum Auftakt sprach in der steirischen Landeshauptstadt die Klimaaktivistin und Demo-Organisatorin Julia Cas. Sie monierte, dass man seit 631 Tagen ein Klimaschutzgesetz fordere, das diesen Namen auch verdiene.

Es blieb dort nicht nur bei Klimaschutzforderungen, auch Antirassismus- und Black-Lives-Matter-Fragen wurden auf dem Mariahilfer Platz thematisiert. Unter den Demonstrantinnen und Demonstranten war neben Schülerinnen und Schülern auch die grüne Landtagsklubchefin Sandra Krautwaschl. Ebenso hatten sich einige Teachers for Future unter die Menge gemischt, wie auch ältere Menschen.

Bereits im Vorfeld hatten sich weitere Umwelt-NGOs den Forderungen der weltweit agierenden FFF-Bewegung angeschlossen. "Energie muss für alle leistbar, sicher und nachhaltig sein. Fossile Energieträger machen uns abhängig von autoritären Staaten und belasten unseren Planeten. Sie haben einfach keine Zukunft", hielt Lisa Reggentin vom WWF-Jugendnetzwerk Generation Earth in einer Aussendung fest. Greenpeace forderte die Bundesregierung auf, "endlich die unmoralisch hohen Übergewinne der Öl- und Gaskonzerne zu besteuern". Klimakrise, Energiekrise und Teuerungswelle ließen sich am besten mit erneuerbaren Energien und einer Senkung des Energieverbrauchs bekämpfen, teilte Global 2000 mit.

Fridays-For-Future-Demonstrationen in Neu-Delhi.
Foto: APA / MONEY SHARMA

Kleine Gruppe in Klagenfurt

400 bis 500 Teilnehmer waren laut Polizeiangaben Teil des Demozugs in St. Pölten, wo die Route vom Hauptbahnhof zum Rathausplatz führte. An die niederösterreichische Landespolitik erging die Aufforderung, aus Öl und Gas auszusteigen und einen "Wind-Solar-Turbo" im Bundesland zu starten. In Innsbruck waren es APA-Angaben zufolge rund 600 Menschen, die sich gegen 13 Uhr in Bewegung setzten. Bis der Demozug nach etwa einer Stunde Stadtrunde am Ziel angelangt war, mischten sich auch noch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Neos-Tirol-Spitzenkandidat Dominik Oberhofer unter die Menge.

In Klagenfurt fand sich eine kleinere Gruppe an der Nordseite des Neuen Platzes mit laut APA-Angaben rund 50 bis 60 Teilnehmern ein, um anschließend durch die Innenstadt zu ziehen. Anwesend waren dort auch die Kärntner Grünen mit unter anderem Landessprecherin Olga Voglauer und Stellvertreter Christoph Gräfling.

"Don't burn our future" hatte Voglauer auf ihr Schild geschrieben. Mit dem beginnenden Landtagswahlkampf in Kärnten wollte die Grünen-Politikerin ihren Auftritt nicht in Verbindung gebracht sehen. "Wir sind seit Anfang an immer dabei, als Privatpersonen, weil es uns ein Anliegen ist", sagte sie im Gespräch mit der Nachrichtenagentur APA.

Proteste in Manila, Philippinen.
Foto: JAM STA ROSA / AFP

Forderungen nach "System Change" in Salzburg

Salzburg war der Nachzügler beim Klimaschutz – zumindest was die Beginnzeiten der österreichweiten Fridays-for-Future-Demonstrationen betraf. Später als in den anderen Landeshauptstädten sind die laut APA-Zählung nicht ganz 500 Teilnehmer am Protestzug erst gegen 15.00 Uhr am Bahnhof zusammengetroffen. Singend, skandierend und immer wieder mit der Forderung nach einem Systemwechsel – "System Change, not Climate Change" setzte sich der Protestzug dann in Bewegung.

Die Demonstrierenden marschierten – immer wieder unfreiwillig flankiert von den zahlreichen Besuchern des Rupertikirtags – vom Hauptbahnhof über die Salzach bis auf den Max-Reinhardt-Platz vor den Salzburger Festspielhäusern, wo bei einer Abschlusskundgebung Reden gehalten wurden. Inhaltlich ging es dort um Themen wie Stadtbegrünung, kostenlose Öffis und Klimaneutralität bis zum Jahr 2040. "Ich habe das Gefühl, nein, ich weiß, dass in dieser Stadt viel zu wenig gegen den Klimawandel gemacht wird", ärgerte sich eine junge Teilnehmerin. Ganz allgemein, meinte sie, habe die Politik in Österreich offenbar noch immer nicht den Ernst der Lage für den Planeten und nachfolgende Generationen erkannt. (giu, APA, 23.9.2022)