Im Gastblog gibt die Elternratgeberin Barbara Buchegger Tipps für den Umgang mit Cyber-Mobbing. 

Frage: Seit ein paar Wochen habe ich das Gefühl, dass bei meinem 14-jährigen Sohn irgendwas nicht stimmt. Jetzt hat mir einer seiner Freunde erzählt, dass er angeblich einen Mitschüler online mobbt. Was soll ich tun?

Cyber-Mobbing ist sehr belastend – es findet rund um die Uhr statt und erreicht ein großes Publikum.
Foto: Getty Images/iStockphoto

Barbara: Solche Situationen bekommen wir bei Saferinternet.at leider immer häufiger mit. Auch deshalb, weil Cyber-Mobbing während der Pandemie zugenommen hat. Durch Homeschooling und Distance Learning haben sich Konflikte zunehmend ins Internet verlagert. Wenn hier Mitschülerinnen und Mitschüler absichtlich und systematisch bloßgestellt oder ausgegrenzt werden – zum Beispiel, indem Lügen über sie in sozialen Netzwerken verbreitet oder sie im Online-Unterricht verspottet werden – spricht man von Cyber-Mobbing.

Was kann ich tun? 

Wenn das eigene Kind andere mobbt, ist das für Eltern schlimm und meist auch komplett überfordernd. Da ist man erstmal schockiert und will gar nicht wahrhaben, dass der eigene Sohn oder die eigene Tochter so etwas tut. Umso wichtiger ist es, dass Sie Ruhe bewahren. Versuchen Sie, sich ein Bild von der Lage zu machen, ohne Ihr Kind gleich mit Vorwürfen zu konfrontieren – auch wenn das leichter gesagt als getan ist! Und verstehen Sie mich nicht falsch: Sie müssen seine Handlungen nicht gut finden und das darf er ruhig wissen. Er braucht aber die Sicherheit, dass Sie in jeder Lebenslage hinter ihm stehen und ihn unterstützen.   

Beweggründe herausfinden

Wenn Sie Ihren Sohn auf die Mobbing-Vorwürfe ansprechen, kann es gut sein, dass er zunächst alles abstreitet. Versuchen Sie dennoch, die Hintergründe der Attacken zu klären. Zugegeben, das ist nicht einfach. Denn meist sind in eine Cyber-Mobbing-Situation mehrere Personen in unterschiedlichen Rollen involviert. Darum ist oft nicht klar, warum und mit wem der Konflikt angefangen hat. Hier ist detektivische Kleinarbeit gefragt – also viel Hinschauen, Beobachten und Reden. Lassen Sie sich aber nicht dazu verleiten, den Konflikt mit den Eltern der beteiligten Kinder weiterzuführen. Damit ist niemandem geholfen!

Wichtig ist, dass Sie möglichst vorurteilsfrei an die Sache herangehen und keine vorschnellen Schlüsse ziehen. Was gibt es für Schwierigkeiten, die Ihren Sohn vielleicht hintergründig plagen? Üben andere Druck auf ihn aus? Wurde oder wird er vielleicht sogar selbst gemobbt? Oft stellt sich im Gespräch heraus, dass die Täterin beziehungsweise der Täter selbst Opfer von Mobbing war und sich nun dafür rächen will. Vielleicht ist Ihrem Sohn aber auch gar nicht bewusst, wie verletzend sein Verhalten für den gemobbten Mitschüler ist. 

saferinternetat

Gemeinsam einen Ausweg suchen

Sie haben es geschafft, dass sich Ihr Sohn Ihnen anvertraut? Gut gemacht – damit haben sie schon viel erreicht! Nämlich ihm zu vermitteln, dass Sie hinter ihm stehen und er offen mit Ihnen reden kann. Das ist eine gute Basis, um gemeinsam einen Ausweg zu finden. Denn oft wollen die Jugendlichen ohnehin selbst mit dem Mobbing aufhören. Es fehlt ihnen nur die Perspektive, wie sie "erhobenen Hauptes" wieder aus der Sache rauskommen. Hierbei können Sie Ihren Sohn unterstützen.

In erster Linie geht es natürlich darum, die Mobbing-Aktivitäten zu beenden – fordern Sie Ihren Sohn ganz klar dazu auf und verdeutlichen Sie ihm auch, dass Cyber-Mobbing laut Gesetz strafbar ist. Überlegen Sie miteinander, welche Form der Wiedergutmachung – zum Beispiel eine öffentliche Entschuldigung beim Opfer – angebracht ist. Und entfernen Sie nach Möglichkeit alle verletzenden Postings aus dem Netz.  

Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Sohn sein Tun eigentlich als harmlosen Spaß wahrgenommen hat, machen Sie ihm klar, wie verletzend sein Verhalten für seinen Mitschüler sein kann. Fordern Sie ihn auf, sich in die Rolle des Gemobbten zu versetzen und fragen Sie ihn: "Wie würde es dir denn in dieser Situation gehen?"

Was mir abschließend noch ganz wichtig ist: Sie müssen diese schwierige Situation nicht alleine durchstehen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie nicht weiterwissen, gibt es professionelle Beratungsstellen, die Ihnen weiterhelfen. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Sohn alles Gute! (Barbara Buchegger, 5.10.2022)

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