Trainer Jorge Vilda klatscht nach dem EM-Aus gegen England mit seinen Spielerinnen ab.

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Meuterei gegen den Nationaltrainer, Erpressung des Verbandes – und eine einzigartige Rücktrittswelle: Der spanische Fußball wird von einer "Rebellion" erschüttert. "Erdbeben beim Frauen-Team", titelt die Zeitung Sport. Im seit Wochen schwelenden Konflikt mit Coach Jorge Vilda kam es nun zur Eskalation, knapp zehn Monate vor Beginn der Weltmeisterschaft steht der Titelkandidat plötzlich ohne echte Mannschaft da.

Gleich 15 Spielerinnen traten am Donnerstag aus Protest gegen den aus ihrer Sicht unqualifizierten Trainer zurück. Davon hatten zwölf in diesem Sommer zum EM-Kader gehört. Mit dem drastischen Schritt wollen die Rebellinnen den Verband RFEF zur Entlassung Vildas zwingen – doch der bleibt anders als zuletzt beim Schiedsrichterinnen-Streik stur.

Auf Dialog folgt Protest

Die RFEF werde es den Spielerinnen "nicht gestatten, die Kontinuität des Nationaltrainers und seines Trainerstabs infrage zu stellen, da derartige Entscheidungen nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fallen", hieß es in einer Stellungnahme. Die Spielerinnen hatten zuvor in Mails mit identischem Wortlaut ihren Rücktritt damit begründet, dass sie die derzeitige Situation "erheblich" in ihrem "emotionalen Zustand" und ihrer "Gesundheit" beeinträchtige.

Die verletzte Weltfußballerin Alexia Putellas gehört ebenso wenig zu den Abtrünnigen wie Jennifer Hermoso oder die Spielerinnen von Real Madrid. Doch ansonsten zogen sämtliche Stars die Reißleine – von Torfrau Sandra Panos über Abwehrchefin Mapi Leon, Mittelfeldmotor Patri bis hin zu Angreiferin Mariona Caldentey. US-Star Megan Rapinoe sicherte ihnen via Instagram Unterstützung zu. Bereits seit dem EM-Aus im Viertelfinale gegen England (1:2) rumort es bei La Roja.

Während der Länderspielmaßnahme Anfang September gab es eine Pressekonferenz, auf der mehrere Spielerinnen nach aufkommenden Medienberichten versicherten, nicht um den Rücktritt des Trainers gebeten zu haben. Doch dem Dialog folgte die Rebellion. "Wir wissen nicht, was das Problem ist. Die Spielerinnen sind nicht schlecht behandelt worden, ganz und gar nicht. Dies ist eine sehr ernste Angelegenheit", sagte Ana Alvarez, bei der RFEF zuständig für Frauenfußball.

Drohung vor Testspielen

Die Vorgehensweise entspreche "nicht den Werten des Fußballs" und sei vielmehr sogar "schädlich", hieß es von Verbandsseite weiter. Eine Entlassung von Vilda auf Wunsch der Spielerinnen werde es nicht geben. Vielmehr müssten die ihren Fehler einsehen und sich aufrichtig entschuldigen, falls sie in die Mannschaft zurück möchten. Ansonsten werde der Kader in Richtung WM in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August 2023) eben mit Jugendspielerinnen aufgefüllt.

Schon kommende Woche muss Vilda, ausgestattet mit einem Vertrag bis 2024, seinen ersten Kader nach der "Rebellion" (As) nominieren. Schließlich stehen am 7. Oktober gegen Schweden und am 11. Oktober gegen Weltmeister USA erste hochkarätige Tests für sein neuformiertes Team an. (sid, 23.9.2022)