Der modernste Supercomputer Österreichs heißt VSC-5 und wurde nun eingeweiht.
Foto: TU Wien / Matthias Heisler

Wissenschaftliche Forschung wird seit Jahren immer rechenintensiver. Die dazu nötige starke Hardware liefert ein Rechenzentrum der TU Wien beim Science Center in der Nähe des Wiener Arsenals. Dort wurde heute der modernste Supercomputer Österreichs eingeweiht. Die Daten der Hardware sind beeindruckend: 1.540 Prozessoren mit insgesamt 98.560 Kernen arbeiten in seinem Inneren, dazu kommen 120 Grafikkarten, wie sie eigentlich für Videospiele verwendet werden. Damit ist er in der Lage, etwas über vier Billiarden Rechnungen in der Sekunde durchzuführen.

Schon während seiner Installation löste er seinen Vorgänger, den VSC-4, als leistungsstärksten Computer Österreichs ab und schaffte es noch im unfertigen Zustand auf Platz 301 der Liste der stärksten Supercomputer der Welt.

Hätte man bei der Planung der neuen Rechnerarchitektur nur auf das Ranking geschielt, wäre man mit den Investitionen von rund zehn Millionen Euro, die durch das Bildungsministerium über die Leistungsvereinbarungen mit den Unis gestemmt wurden, in etwa auf Rang 80 gelandet, berichtete Herbert Störi vom Fachbereich VSC Research Center der TU Wien bei der Eröffnung am Freitag. Es handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt der Technischen Universitäten Wien und Graz, der Universitäten Wien, Innsbruck und Linz und der Universität für Bodenkultur Wien. Neu dabei ist die Universität Linz.

Im Rechenzentrum des Science Center der TU Wien laufen meist mehrere Supercomputer parallel. Der VSC-4, hier im Bild, wird weiterhin von Forschungsinstituten genutzt werden.
Foto: APA/EDV-DESIGN IT/ALEXANDER GIGL

Größerer Speicher als Vorteil

Für Störi, der die VSC-Leitung nach 14 Jahren im Sommer an seinen TU-Kollegen Andreas Rauber übergeben hat, ist die "Liste eher von sportlichem Wert". Aufgrund des anderen Aufbaus des VSC-5 landet er im aktuellen Supercomputer-Ranking sogar hinter dem Vorgänger VSC-4. Etwa durch die größeren Hauptspeicher sei er aber bei Anwendungen in der Wissenschaft deutlich schneller unterwegs.

Der VSC-5 könne mehr Rechenleistung parallel abrufen, lobte auch der Rektor der Universität Wien, Heinz Engl, einer der Initiatoren des VSC-Programms. Genau das brauche man, wenn es etwa darum geht, große Klimamodelle durchzurechnen – eine der vielfältigen Anwendungen, für die die neue "High Performance Computing"-Infrastruktur gebraucht wird, sagte der scheidende Rektor.

Der bei der Eröffnung anwesende Wissenschaftsminister Martin Polaschek betonte die Bedeutung der neuen Anlage. "Mit diesen Rechenressourcen, die von allen Forschenden in ganz Österreich genutzt werden können, werden wissenschaftliche Beiträge in wichtigen Bereichen wie Klimawandel, Medizin und sogar Quantenforschung weiter beschleunigt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit gesichert", sagte der Minister.

Blutwirbel und Atomphysik

Der Wissenschaftsminister mit den Datenleitungen, die die einzelnen Motherboards des Supercomputers miteinander vernetzen.
Foto: TU Wien / Matthias Heisler

Benötigt werde derart große Rechenleistung nicht nur für Klimarechnungen, sondern auch zur Analyse, welche Blutverwirbelungen im Herzen entstehen, was sich auf atomarer Ebene in neuartigen Materialien tut oder, ganz aktuell, zur Beurteilung der Stabilität von Österreichs Gaslagern.

Damit in engem Zusammenhang steht auch die Frage des Energieverbrauchs des Computers selbst. Bei der Anschaffung des VSC-5 habe man schon besonders auf Energieeffizienz geachtet, denn immerhin benötige die VSC-Infrastruktur rund acht Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr. Das entspreche in etwa einem Achtel der Verbrauchs der gesamten TU Wien.

Der hohe Stromverbrauch stellt trotz der verbesserten Energieeffizienz ein Problem dar. Nicht nur Projekte wie der VSC, die von mehreren Instituten gemeinsam genutzt werden, sondern auch die Hochschulen selbst stehen derzeit wegen hoher Strompreise unter Druck. Erst am Donnerstag meldeten die heimischen Universitäten ein Budgetloch von 1,2 Milliarden Euro für die Leistungsvereinbarungsperiode 2022 bis 2024, nicht zuletzt aufgrund gestiegener Stromkosten.

Trotzdem denkt man bei der TU Wien bereits an die nächste Ausbaustufe, um bei der Forschung international nicht ins Hintertreffen zu geraten. Insgesamt hätten solche Systeme eine vergleichsweise kurze Lebenszeit, sagte Johannes Fröhlich, Vizerektor für Forschung und Innovation der TU Wien, auch wenn meist ältere und neuere Supercomputer aufgrund der vorhandenen Nachfrage parallel betrieben werden. Zusätzlich sind neue Standorte in Innsbruck und Linz geplant. Aus dem Vienna Scientific Cluster soll so bis 2025 ein Austria Scientific Cluster werden.

Der stärkste Rechner der Welt steht derzeit übrigens, nachdem einige Jahre China das Ranking angeführt hat, wieder in den USA. Er heißt Frontier und schafft 1.102 Exaflops, das ist etwas mehr als eine Trillion Rechenoperationen pro Sekunde. Zum Einsatz kommen dafür fast neun Millionen Prozessorkerne. Während das Rennen um den schnellsten Rechner zwischen China und den USA eine politische Komponente hat, geht es in Österreich aber allein um Forschung. (red, APA 23.9.2022)