Schöne, neue Jogginganzüge für die ganze Familie und warme Decken hat sich Familie Burger, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen will, kürzlich zugelegt. Denn in diesem Winter müssen sie sich wärmer anziehen, sagt Melanie Burger. 2800 Euro muss die Familie an ihren Energielieferanten nachzahlen. Vor allem die Gasrechnung für ihre Altbauwohnung sei explodiert, die monatliche Vorschreibung hat sich fast verdreifacht.

Eine Sanierung spart bis zu 90 Prozent der Heizkosten im Altbau.
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Daher haben die Burgers sich nun einen Plan gemacht, wie sie sparen können. Auf Biolebensmittel oder den Urlaub im nächsten Jahr wollen sie nicht verzichten, "da frieren wir lieber", sagt Burger. Dafür wird ab jetzt das Geschirr nicht mehr unter fließendem Wasser abgespült, und "auch wenn meine Töchter lange Haare haben, darf keiner mehr länger als fünf Minuten duschen", erklärt Burger.

Wie Familie Burger geht es auch vielen anderen Menschen, die in einer Altbauwohnung leben. Denn vier Meter hohe Wände haben ihren Preis – vor allem im Winter, wenn die Räume warm und kuschelig bleiben sollen. Ist Altbau also bald ein Kriterium, das bei der Immo-Suche als Manko einer Wohnung gilt?

Erneuerbare Energie im Altbau

Hinzu kommt, dass viele Menschen aus Prinzip nicht mehr mit Gas heizen wollen. Doch erneuerbare Energie im Altbau? Das ist eher eine Seltenheit.

Einer, der den Markt genau im Blick hat, ist Richard Buxbaum von Otto Immobilien. Er weiß, dass es bei Altbauten vor allem auf ihren Zustand ankommt: Schlechte Dämmung und undichte Fenster erhöhen den Heizwärmebedarf zusätzlich. "Solche Wohnungen lassen sich in der aktuellen Situation nur schlecht vermieten oder verkaufen", sagt er.

Am stärksten nachgefragt würden hingegen Objekte, die fixfertig und gut saniert sind. Für dieses Segment sieht Buxbaum so gut wie keine Veränderungen durch die gestiegenen Energiepreise. "Altbau als Eigentum wird extrem gut nachgefragt. Auch 80 Prozent aller internationalen Käufer in Wien wollen genau das und interessieren sich für nichts anderes", sagt Buxbaum. Die Sorge, dass bald niemand mehr in eine Altbauwohnung ziehen will, hat der Experte nicht.

Ähnlich sieht das Michael Schmidt von der 3SI Immogroup: "Die Verkäufe gehen sehr gut." Weder bei den Preisen noch bei der Nachfrage habe man etwas eingebüßt. Schmidt weiß: "Der Altbau ist ein Liebhaberobjekt." Daher seien viele auch dazu bereit, einen Kompromiss einzugehen – auch wenn das heißt, viel größere Summen fürs Heizen zu bezahlen.

Alles für den Altbau

Was das heißt, weiß auch Elisabeth Wolny, die eigentlich anders heißt. 2000 Euro an Energiekosten musste sie im heurigen Jahr schon nachzahlen. "Früher habe ich mir die Abrechnung nicht einmal angeschaut", erzählt sie. Mittlerweile ist sie sehr sparsam geworden und hat sich einiges überlegt, um weniger Energie in ihrer Altbauwohnung zu verbrauchen: "Die Zeit der Vollbäder ist vorbei. Katzenwäsche mit dem Waschlappen wie bei der Oma früher? An diesem Punkt bin ich mittlerweile", sagt sie.

Gleichzeitig hat sie überlegt, sich Polster gegen Zugluft für die alten Kastendoppelfenster anfertigen zu lassen. Wolnys Wohnung ist unsaniert. "Dennoch liebe ich den Altbau, das ist ein bisschen wie eine Prägung." Dafür nimmt sie auch etwas in Kauf: "Wir haben überall Decken verteilt, und wenn es im Winter nicht anders geht, werde ich mit einer Haube schlafen."

Elisabeth Wolny wohnt zur Miete und kommt dadurch – trotz ihrer hohen Gasrechnung – möglicherweise dennoch günstiger davon als im Neubau. Denn in Gebäuden, die vor 1945 errichtet wurden, ist die Basismiete – der sogenannte Richtwert – preisreguliert, das schreibt das Mietrechtsgesetz vor. Bei Familie Burger hat das sogar dazu geführt, dass sie jetzt mehr für Strom und Gas bezahlt als ihr Nettomietzins beträgt.

Wenig Platz im Neubau

Letztlich haben vor allem Familien oft auch gar nicht die Möglichkeit, in einen Neubau mit niedrigeren Energiekosten umzuziehen: Sie könnten sich eine ausreichend große Wohnung hier schlichtweg nicht leisten. Falls es sie überhaupt gibt. Denn "große Wohnungen mit 200 Quadratmetern im Neubau sind in Wien selten", weiß Philipp Niemann vom Immobilienunternehmen Engel & Völkers.

Anders ist die Situation in Graz: Dort wurden in der jüngeren Vergangenheit so viele neue Wohnungen gebaut, dass die Nachfrage nach Altbauten stetig sinkt, sagt Gerald Gollenz, Obmann der Immobilientreuhänder in der steirischen Wirtschaftskammer. Die Neubauten sind flächeneffizient und kosten nicht viel mehr, wenn überhaupt. "In Graz ist es also schon seit drei Jahren sehr schwierig, eine Altbauwohnung zu vermieten." An Gasheizungen liege das nicht so sehr, denn in Graz sei man mit Fernwärme recht gut versorgt.

Ein besonderes Asset

Neben der Scheu vor hohen Gasrechnungen wollen viele derzeit auch aus Gründen der Nachhaltigkeit, oder um nicht von Russland abhängig zu sein, nicht mehr mit Gas heizen. "Früher war das bei Immobiliensuchenden kein großes Thema. Heute ist es ein besonderes Asset, wenn es Photovoltaik, Solarthermie oder eine Wärmepumpe gibt, das ist nun besonders attraktiv", weiß Buxbaum.

Wo Alternativen zum Gas im Altbau nicht möglich sind, bleibt noch die Sanierung beziehungsweise Wärmedämmung, um Heizkosten zu sparen. Hier ist technisch schon viel möglich, auch ein Altbau kann zum Passivhaus werden. Bei der Dämmung kommt es auf die Beschaffenheit der Fassade an: "Ist sie glatt, kann der Heizwärmebedarf um bis zu 90 Prozent gesenkt werden", weiß der Bauphysiker Helmut Schöberl.

Und das fällt durchaus ins Gewicht, wenn man an Energienachzahlungen von 2000 bis 3000 Euro denkt. Und wer weiß, vielleicht kann der eine Altbaubewohner oder die andere Altbaubewohnerin dann doch auf die zusätzliche Decke verzichten. (Bernadette Redl, Martin Putschögl, Franziska Zoidl, 27.9.2022)