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Mit einer Depression ist der Weg in den Arbeitsmarkt zumeist nicht leicht. Doch es gibt Hilfe.

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"Es war nur noch ein Dahinsiechen, meine Eltern mussten mich stundenlang beknien, damit ich zumindest ins Badezimmer gehe" so schildert Frau A. ihren Zusammenbruch 2012. Wie es so weit kommen konnte, ist ihr heute klarer, damals aber war der Umgang mit psychischen Erkrankungen noch ein ganz anderer, sagt die heute 43-Jährige. Schon in ihrer Jugend habe sie mit psychischen Problemen zu kämpfen gehabt – depressive Episoden, Essstörungen. Eltern und Freunde halfen.

Nach der Matura übersiedelte sie fürs Studium von der Steiermark nach Wien. Arbeiten und Studieren kosteten ihren Preis, kurz vor der Diplomarbeit brach sie ihr Studium ab. Psychisch gab es gute Phasen und dann wieder schlechte. Wenn es besonders schlimm war, haben Eltern und Freunde geholfen. 2008 dann der erste Burnout. Die Bildungskarenz 2011 hätte fürs Diplomarbeitschreiben genützt werden sollen, aber kurz nach dem Beginn kam der völlige Zusammenbruch. Auf der Suche nach Unterstützung wurde sie über die Initiative fit2work an das Institut für berufliche Integration (Ibi) verwiesen.

"Die Zusammenarbeit am Anfang war sehr engmaschig, es hat aber Monate gedauert, bis ich mich zu Bewerbungsgesprächen getraut habe." Seit April 2018 ist sie nun im öffentlichen Gesundheitsbereich tätig, Treffen mit ihrer Betreuungsperson finden je nach Bedarf statt, seit Corona komme verstärkt das Telefon bei der Lagebesprechung zum Einsatz.

Kein Einzelfall

"Die Anzahl von Personen mit psychischen Erkrankungen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen", sagt Marlene Mayrhofer, Geschäftsführerin der Psychosozialen Zen tren in Wien und Niederösterreich (PSZ). Psychische Erkrankungen waren 2021 für zehn Prozent aller Krankenstandstage verantwortlich. Im Schnitt verbringen psychisch Erkrankte 37 Tage im Krankenstand. Seit 30 Jahren bietet das PSZ Arbeitsassistenz für Menschen mit psychischen und neurologischen Erkrankungen oder in besonderen Belastungssituationen in Niederösterreich und Wien an. In dieser Zeit wurden mehr als 10.000 Arbeitsplätze vermittelt und über 50.000 Beratungen durchgeführt. Als Teil des Netzwerks Berufliche Assistenz (Neba) ist die Arbeitsassistenz des PSZ ein Angebot des Sozialministeriumservice und für alle Beteiligten kostenlos. Frau A. ist für diese Möglichkeit sehr dankbar, mit ihrer beruflichen Situation ist sie zufrieden, nach jahrelangem Arbeiten in Klein- und Mittelbetrieben fühlt sie sich jetzt in einer größeren Organisation gut aufgehoben.

"Menschen, die psychische Erkrankungen haben, leiden stärker an der Veränderungs dynamik. Viele unserer Klienten können daher vom aktuellen Fachkräftemangel nicht profitieren", ergänzt Mayrhofer. Die Klienten würden jedenfalls nicht weniger. Zwar habe sich durch die Corona-Pandemie ein Zeitfenster geöffnet, und psychische Belastungen sind präsenter als je zuvor, dennoch seien die Vorbehalte in der Gesellschaft nicht verschwunden. Aber: "Mit guten Erfahrungen ändern sich diese Vorurteile", sagt Mayrhofer. Daher sei die Zusammenarbeit mit Unternehmen nicht schwierig.

Vermittlung und Aufbrechen von Stigmata

Die Arbeitsassistenz verstehe sich als Bindeglied zwischen den Klienten und den Unternehmen. Unternehmen erhalten vom PSZ Unterstützung und Beratung. Dabei gehe es beispielsweise darum, wie das Team am besten darauf vorbereitet werden kann, welche speziellen Bedürfnisse berücksichtigt werden müssen. "Die Betreuung ist aber ganz unterschiedlich." Unterstützung gebe es sowohl bei der Arbeitsplatzsuche als auch bei der Arbeitsplatzsicherung. "Es gibt aber kaum mehr Nischenarbeitsplätze für Personen, die nicht die volle Leistung erbringen können", merkt Mayrhofer an.

Seit gut zehn Jahren arbeitet das PSZ mit der Generali Versicherung zusammen. Für Susanne Kogler, Konzern-Behindertenvertrauensperson, leiste die Arbeitsassistenz einen guten Ausgleich zwischen den Interessen der Unternehmen und den Interessen ihrer Klienten. "Um mit den Herausforderungen psychisch Erkrankter vertrauter zu werden, ist die objektive Außensicht durch die Arbeitsassistenz ein wichtiger Beitrag." Die Stigmatisierung psychisch Erkrankter müsse jedenfalls aufgebrochen werden, ergänzt Kogler. Die Bandbreite an psychischen Erkrankungen ist groß, die Arbeitsassistenz könne hier sehr zielgerichtet unterstützen.

Mayrhofer würde sich mehr präventive Angebote für Menschen mit psychischen Belastungen wünschen. "Um Pathologisierungen zu verhindern." (Gudrun Ostermann, 24.9.2022)