Richtungswahl und Aufbruch in neue Zeiten in Tirol. Im Landhaus wird sich künftig wohl einiges ändern.

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Das Interesse bei der ÖVP-Abschlusskundgebung in Osttirol war überschaubar.

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Abwarten und Bier trinken – FPÖ-Chef Markus Abwerzger und Bundespräsidentschaftskandidat Walter Rosenkranz beim Wahlkampf-Abschluss in Telfs.

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Rote Bromance: Georg Dornauer hatte zur Unterstützung im Endspurt die SPÖ-Landeshauptleute Peter Kaiser (li.) aus Kärnten und Hans Peter Doskozil (re.) aus dem Burgenland zu Gast.

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Reparaturbedarf bei den Tiroler Grünen: zum Wahlkampffinale wurde vor dem Fahrradkorso noch eifrig geschraubt.

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Die Männer der Liste Fritz hinter Andrea Haselwanter-Schneider: Klubobmann Markus Sint (li.) und Listengründer Fritz Dinkhauser.

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Träumen von einer rosigen Zukunft Tirols: Neos-Bundeschefin Beate Meinl-Reisinger und Tirol-Spitzenkandidat Dominik Oberhofer.

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Versprochen wurde ein kurzer und intensiver Wahlkampf. Als sich der Tiroler Landtag vor rund drei Monaten nach dem überraschend angekündigten Rückzug von ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter aufgelöst hat, konnte aber noch niemand die Dynamik über die Grenzen Tirols absehen. Aus der Not eine Tugend gemacht, stilisierten die Parteien den kurzen Wahlkampf zur "Richtungswahl".

Tatsächlich droht der seit 77 Jahren regierenden ÖVP ein historisches Debakel. Die 44,3 Prozent, die Platter 2018 holte – noch vor der Ibiza-Affäre mit viel Rückenwind der türkisen Bundespartei und deren einstigem Heilsbringer Sebastian Kurz ausgestattet –, sind für ÖVP-Spitzenkandidat Anton Mattle laut Umfragen außer Reichweite. Der Wirtschaftslandesrat wurde von Platter selbst als Nachfolger auserkoren, um interne Widersacher wie Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser (ÖVP), auszubooten. Doch Platter übergab Mattle nicht das komplette Zepter. Als erster ÖVP-Kandidat musste Mattle ohne den Amtsinhaberbonus eines Landeshauptmannes ins Rennen gehen.

Anton Mattle, ÖVP-Spitzendkandidat, war Freitag in Nikolsdorf zu Gast, wo er seine Tirol-Tour beendete.
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Mattles Wahlkampf zielte deshalb in erster Linie darauf ab, ihn bekannter zu machen. Denn der langjährige Bürgermeister von Galtür ist zwar im Tiroler Oberland als "Vorzugsstimmenkaiser" über die Bünde-Grenzen hinaus parteiintern geschätzt. Doch zu Beginn des Wahlkampfes lagen seine Bekanntheitswerte noch hinter jenen seiner FPÖ- und SPÖ-Kontrahenten. Um das zu ändern, schickte die ÖVP Mattle per Bus durchs Land. Er startete seine Rundreise am 3. September in seiner Heimatgemeinde Galtür, die ganz im Westen Tirols liegt, und beendete sie am Freitag in der östlichsten Ortschaft des Landes, im Osttiroler Nikolsdorf.

ÖVP schraubt Wahlziel auf 30 Prozent hinunter

Dort hielt er vor rund 80 Sympathisantinnen und Sympathisanten auf einem Firmengelände, umrahmt von Traktoren und landwirtschaftlichen Gerätschaften, seine Abschlusskundgebung. Zur Unterstützung war der aus Osttirol stammende ÖVP-Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig zugegen. Weitere ÖVP-Kandidaten und -Kandidatinnen wurden per Video zugeschalten. Wobei die Verbindung immer wieder abbrach. Fast schon symbolisch für den ÖVP-Wahlkampf, der nie so wirklich in die Gänge gekommen ist. So wurde das Wahlziel angesichts desaströser Umfragewerte immer wieder nach unten korrigiert. Sprach Mattle vor einer Woche noch von 34 Prozent, so erklärte Tirols ÖVP-Landesgeschäftsführer Martin Malaun am Freitag: "Wir brauchen über 30 Prozent, damit wir ganz sicher sein können, dass es wieder einen ÖVP-Landeshauptmann gibt."

Mattles Bekanntheitswerte sind mittlerweile deutlich gestiegen. Was aber nur zum Teil an dieser Tour liegen dürfte. Vielmehr brachte er es mit Ausrutschern zu bundesweiter Prominenz. Seine etwas patscherte Anekdote übers "Eisessen wie ein Normaler", die er als Eingangsstatement für die Elefantenrunde der Tiroler Tageszeitung vorbereitet hatte, wurde zum wenig schmeichelnden Internethit. Und es schien so, als ob es auch intern nicht rund läuft bei der ÖVP. Mattles Aussage zu den Russland-Sanktionen war offenbar nicht mit ihm selbst akkordiert und wurde nachträglich von seinem Team in einem schriftlichen Pressestatement ergänzt. Dann preschte eine Hinterbänklerin vor und brach die VP-Diskussion um den Klimabonus vom Zaun, zu der Mattle lange geschwiegen hat.

Im Umgang mit den Medien zeigte der ÖVP-Spitzenkandidat gegen Ende hin ebenfalls Nerven. Ein lange geplantes Interview mit dem Ö1-Mittagsjournal sagte er ersatzlos und kurzfristig ab. Für den Wahlsonntag rief Mattle nun die Devise aus, dass "alle gegen die ÖVP" seien. Den Fehdehandschuh der FPÖ, die ein "Duell um Tirol" gegen die ÖVP ausgerufen hat, nahm er hingegen auf und räumte dieser Herausforderung bis zuletzt immer wieder viel Platz in seinen Auftritten ein. Ob dies zur Mobilisierung der ÖVP-Wählerschaft genügt, wird sich am Sonntag weisen. Die größte Gefahr für die Volkspartei geht laut Umfragen nicht von ihren Gegnern, sondern einer niedrigen Wahlbeteiligung aus.

FPÖ-Spitzenkandidat Markus Abwerzger würde gern mit jemandem regieren, aber keiner will mit ihm. Beim blauen Finale in Telfs gab es Freibier und deftige Reden.
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Wesentlich entspannter zeigte sich der freiheitliche Spitzenkandidat Markus Abwerzger beim blauen Wahlkampffinale. Die FPÖ geht gestärkt durch gute Umfragewerte, die Platz zwei und mehr als 20 Prozent als realistisches Ziel ausweisen, in die Wahl. Am Donnerstagabend begrüßte Abwerzger in der Innsbrucker Maria-Theresien-Straße seine Salzburger Kollegin Marlene Svazek. Die erklärte dem überschaubaren Publikum, etwa 60 Interessierte lauschten, dass man in Salzburg schon leidvolle Erfahrungen mit einer Dreierkoalition aus ÖVP, Grünen und Neos, gemacht habe. Das sei sogar noch schlimmer als "nur schwarz-grün", warnte Svazek.

Blaue fordern die ÖVP heraus

Abwerzger selbst verspürt zwar Aufwind, doch alle Tiroler Parteien haben im Wahlkampf eine Koalition mit seiner FPÖ bereits ausgeschlossen. Leere Floskeln, die nach dem Wahltag keine Gültigkeit mehr hätten, glaubt er. Denn hinter den Kulissen würde die zweite und dritte Reihe der ÖVP hinter Mattle bereits gute Gespräche mit ihm führen. Diesen Keil treibt der FPÖ-Mann seit geraumer Zeit genüsslich und nicht unerfolgreich in die gebeutelte Tiroler ÖVP, in der viele Mattles überraschende Absage an eine Koalition mit den Blauen nicht gut heißen.

Zum freiheitlichen Wahlkampffinale am Freitag in Telfs war einmal mehr FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Walter Rosenkranz zu Gast. Gut 200 Fans der Blauen feierten in Volksfest-Atmosphäre und wurden dabei mit gewohnt deftigen Reden unterhalten. Abwerzger rief ebenfalls eine "Richtungswahl" aus, bei der sich ein "historisches Zeitfenster" für die Freiheitlichen auftue. Er wittere die "historische Chance, Geschichte zu schreiben" und wolle nach der Wahl "Verantwortung im Land übernehmen", schwor Abwerzger seine Fans auf den Sonntag ein.

Die zuletzt 15,5 Prozent, die er mit der FPÖ 2018 geholt hat, dürfte er auf jeden Fall übertreffen und somit zu den Gewinnern am Wahltag gehören. Ob es sich wirklich für eine Regierungsbeteiligung ausgeht, wird aber davon abhängen, ob die SPÖ genug Stimmen erhält und die ÖVP nicht zu viel verliert, sodass sich eine schwarz-rote Koalition ausgeht. Das weiß auch Abwerzger und ließ daher an seinem roten Konkurrenten Georg Dornauer kein gutes Haar. Der liege seit Monaten vor der ÖVP am Rücken, dabei könne er gern auch sein Landeshauptmannstellvertreter werden.

Georg Dornauer übte Samstag vor dem Goldenen Dachl schon einmal Jubelposen. Er will die SPÖ in eine Koalition mit der ÖVP führen.
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Doch davon will der SPÖ-Spitzenkandidat nichts wissen. Wobei Dornauer der letzte war, der im laufenden Wahlkampf eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlossen hat. Ob er auch bei diesem Nein bleibt, wenn sich eine rot-blaue Mehrheit ausginge, halten viele Beobachterinnen und Beobachter für fraglich. Dornauer selbst betont, zu seinem Wort stehen zu wollen. Er lehnte vorab auch jedwede Dreier- oder Viererkoalitionsvariante ab. Somit bleibt der SPÖ nur die schwarz-rote Variante oder der Verbleib in der Opposition.

Dornauer will es Kaiser und Doskozil nachmachen

Zum roten Wahlkampffinale holte sich der momentan wegen eines aufrechten Waffenverbotes verhinderte Waidmann Dornauer Schützenhilfe aus Kärnten und dem Burgenland. Am Freitag waren die Landeshauptmänner Peter Kaiser und Hans Peter Doskozil zu Gast bei Dornauer in Innsbruck, um den Tirolern zu erklären, wie gut rote Herrschaft einem Bundesland tue. Die beiden erzählten von sozialdemokratischen Errungenschaften in ihren Ländern, wie Mindestlohn und flächendeckende Kinderbetreuung, die auch Tirol stehen würden.

Glaubt man Umfragen, so wird die SPÖ die 17,3 Prozent aus dem Jahr 2018 am Sonntag übertreffen. Doch unklar ist, um wie viel und ob sich mit der ÖVP 47 bis 48 Prozent der Stimmen, die man in Tirol für eine Mandatsmehrheit braucht, ausgehen. Regierung mit der ÖVP oder Opposition: "Ich bin 39 Jahre alt, eine Dreiervariante wird nicht halten. Da warte ich lieber noch ein, zwei Jahre ab und versuche es erneut", sagte Dornauer.

Am Samstagvormittag lud die SPÖ zum Wahlkampffinale vors Goldene Dachl in Innsbruck. Dort teilte Dornauer noch einmal in Richtung der schwarz-grünen Landesregierung aus. Landeshauptmann Platter attestierte er, das Land in einem "desaströsen Zustand" hinterlassen zu haben. Nicht besser kam dessen ebenfalls scheidende Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) weg. Deren Verkehrsressort reklamierte er gleich für seine Partei. Den Sonntag wird Dornauer als Wahlbeisitzer in seiner Gemeinde Sellrain verbringen.

Gebi Mair, Spitzenkandidat der Grünen, will wieder in der Landesregierung mitmischen und Windräder, wie jenes hinten links im Bild, bauen.
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Schon am Donnerstag luden die Grünen zum Wahlkampffinale auf den Innsbrucker Marktplatz. Nach einer kurzen Ansprache von Bürgermeister Georg Willi sowie dem grünen Spitzenduo Petra Wohlfahrtstätter und Gebi Mair, ging es per Fahrradkorso durch die Stadt. Etwa 50 Sympathisantinnen und Sympathisanten waren gekommen, darunter Nationalratsabgeordnete Barbara Nessler. Durch Abwesenheit glänzte hingegen die bisherige grüne Führungsfigur in Tirol, Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe. Mair dankte ihr und der ebenfalls scheidenden grünen Soziallandesrätin Gabriele Fischer in seiner Rede für die vergangenen neun Jahre Regierungsarbeit.

Grüne wollen mehr Einfluss

Dass die Grünen dafür immer Kritik einstecken müssen, weil sie zu wenig durchgesetzt hätten, erklärte Mair anhand der Mehrheitsverhältnisse in der schwarz-grünen Koalition. Die 10,7 Prozent von 2018 reichten für vier Landtagsmandate. Demgegenüber hatte die ÖVP zuletzt 17 Sitze und dementsprechend mehr Macht. Umso wichtiger sei es, die Grünen nun mit mehr Stimmen und somit mehr Einfluss auszustatten, beschwor Mair seine Anhängerschaft. Dabei stand ihm "Tirols erstes mobiles Windrad" zur Seite.

Die Umfragen attestieren den Grünen mehr oder weniger stabil zu bleiben, große Zugewinne scheinen nicht in Sicht. Angesichts der zu erwartenden ÖVP-Verluste dürfte die dritte Auflage von schwarz-grün passé sein. Mair zeigt sich daher offen für Dreier- oder Vierervarianten, um erneut in Regierungsverantwortung zu kommen. Er selbst strebt den Posten des Energielandesrates an, um einerseits den Umstieg auf erneuerbare Energiequellen zu forcieren und andererseits mehr politische Kontrolle über den Landesenergieversorger Tiwag ausüben zu können.

Liste Fritz-Spitzenkandidatin Andrea Haselwanter-Schneider zeigte sich am Samstag im Kreise ihrer Anhängerschaft in Hall in Tirol optimistisch.
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Das Geplänkel über mögliche Posten in einer kommenden Landesregierung hat Liste Fritz-Spitzenkandidatin Andrea Haselwanter-Schneider stets vermieden. Dabei werden ihrer Partei am Wahlsonntag mit die größten Gewinne vorausgesagt. Von 5,5 Prozent und zwei Mandaten im Jahr 2018 könnte es nun in Richtung Verdoppelung gehen. Dementsprechend gut war die Stimmung beim Wahlkampffinale am Samstagvormittag in Hall in Tirol. "Das Ziel von zehn Prozent oder mehr scheint realistisch, der Zuspruch ist groß", zog Haselwanter-Schneider zufrieden Bilanz des bisherigen Wahlkampfes.

Liste Fritz im Umfragehoch

Ob und ab welchem Ergebnis die Partei, die sich als starke Oppositionskraft in Tirol etabliert hat, einen Regierungsauftrag für sich erkennt, ließ sie offen: "Wir werden uns Gesprächen nicht entziehen, aber nun sind zuerst die Wählerinnen und Wähler am Wort." Bei sechs Prozent werde sie jedenfalls in Opposition bleiben, werden es mehr als zehn, gelte es hingegen zu überlegen. Sie rief am Samstag einmal mehr dazu auf, vom Wahlrecht am Sonntag Gebrauch zu machen und appellierte vor allem an die Frauen, ihr "als einziger Spitzenkandidatin mit realistischen Chancen auf Einzug in den Landtag" das Vertrauen zu schenken.

Beim Wahlkampffinale in Hall war auch Listengründer Fritz Dinkhauser zu Gast. Er lobte seine Nachfolger, Haselwanter-Schneider und Klubobmann Markus Sint, die die Partei heute führen: "Sie bemühen sich sehr und hätten einen Sieg verdient." Dinkhauser hält auch eine Minderheitsregierung ohne ÖVP-Beteiligung für eine denkbare Variante nach der Wahl. Er selbst habe das 2008, als seine Liste beim ersten Antreten mit 18,5 Prozent zweitstärkste Kraft in Tirol wurde, bereits versucht: "Wir hatten bereits eine Dreierkoalition aus SPÖ, Grünen und Liste Fritz vereinbart. Aber die Grünen sind dann im letzten Moment auf Weisung der Wiener Bundespartei hin abgesprungen", sagte er.

Dass die Liste Fritz weder eine Bundespartei über sich habe, der man zu gehorchen hat, noch Spenden annehme, die sie von Geldgebern abhängig mache, sei ihr Alleinstellungsmerkmal, wird stets von der Partei betont. Gegründet vom ÖVP-abtrünnigen ehemaligen AK-Präsidenten Dinkhauser, ist die Liste Fritz mittlerweile nicht mehr diesem Lager zuzurechnen. Klubobmann Sint erklärt dazu, dass man inhaltlich an verschiedene Lager andocke. Zudem sei man mittlerweile in die Breite gewachsen, was sich nach der Wahl am Sonntag zeigen werde.

Neos-Tirol-Frontmann Dominik Oberhofer gab am Freitag zum Finale die Richtung für die Pinken vor: sie wollen nach oben.
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Die Tiroler Neos sind die jüngste im Landtag vertretene Fraktion und fischen in einem ähnlichen Teich wie die Liste Fritz. 2018 zogen die Pinken mit 5,2 Prozent und zwei Mandaten erstmals in den Landtag ein und konnten sich seitdem als aktive Oppositionspartei bemerkbar machen. Spitzenkandidat Dominik Oberhofer rechnet am Sonntag, beflügelt von guten Umfragewerten, mit deutlichen Zugewinnen und liebäugelt offen mit einer Regierungsbeteiligung.

Neos mit Bundeshilfe und viel Optimismus

Die Neos sind schon sehr früh, im August, in den Intensivwahlkampf gestartet und haben offenkundig viel in diese Wahl investiert. Zuletzt machte sich zwar fast ein wenig Erschöpfung bemerkbar, doch dank tatkräftiger Unterstützung durch die Bundespartei, versuchte man die Aufbruchsstimmung zu halten. Wie schon zum Wahlkampfauftakt war auch zum Finale am Freitag die Bundesparteichefin Beate Meinl-Reisinger zu Gast in Innsbruck. Vor der Annasäule in der Maria-Theresien-Straße wurden ein paar Dutzend Fans auf die letzten 51 Stunden des Wahlkampfes eingeschworen.

Meinl-Reisinger, die als Oberhofers "Einpeitscherin" auftrat, meinte, dass der Wahltag "ganz besonders" sein könne. Die Bürger könnten nun einer "allmächtigen ÖVP" die "rote Karte" zeigen. Sie kritisierte einmal mehr das Selbstverständnis der Volkspartei, wie man am Beispiel Jungbauern und NPO-Fonds sehe. "Das geht einfach nicht. Das ist einfach nicht anständig", hielt sie fest. Es sei nun "Zeit, in eine moderne Zukunft zu gehen".

Wie diese Zukunft in der pinken Vorstellung aussehen soll, erklärte Oberhofer und skizzierte ein Koalitionsszenario, das aus mehr als zwei Parteien bestehe. "Je mehr politische Parteien an einer Lösung arbeiten, desto besser ist diese Lösung", brachte er seine Neos als dritten Koalitionspartner ins Spiel. Erklärtes Wahlziel der Pinken sei von zwei auf vier Mandate zuzulegen.

Drei Parteien mit wenig Chancen

Neben den genannten sechs bereits im Landtag vertretenen Parteien, treten noch drei weitere Listen bei der Tiroler Landtagswahl an. Die Impfgegner-Partei MFG, die bei der Gemeinderatswahl im Februar unter dem Eindruck der Corona-Pandemie einen Überraschungserfolg einfahren konnte, wird landesweit kandidieren. Allerdings gibt es keine Umfrage, die der MFG Chancen auf den Einzug, der mindestens fünf Prozent der Stimmen verlangt, einräumt. Im Wahlkreis Innsbruck-Land wird die MFG-Abspaltung Mach Mit am Stimmzettel stehen. Sie ist das Ergebnis interner Streitigkeiten, in denen sich das Lager der Impfgegner seit dem Frühjahr aufgerieben hat.

Wahlkampffinale in Innsbruck: Stimmenfang auf den letzten Drücker
DER STANDARD

In den Wahlkreisen Innsbruck sowie Innsbruck-Land wird die KPÖ kandidieren. Auch ihnen sagen Umfragen keine realistische Chance auf ein Mandat voraus, doch man sei realistisch genug, das auch zu wissen, erklärte Spitzenkandidatin Pia Tomedi bereits im Vorfeld. Die KPÖ Tirol befinde sich in einer Phase der Umstrukturierung und nutze die Wahl, um sich wieder ins Gespräch zu bringen. Man strebe eine Neuorientierung als soziale Kraft nach Vorbild der Grazer KPÖ an und denke daher mittel- bis langfristig. (Steffen Arora, Laurin Lorenz, APA, 24.9.2022)