Es geht bergab! Sich langsam voranschiebende Schneelawinen und Skigymnastik begleiten im Wuk neben Pessimismuskostproben und Musizierenden den Weltuntergang.

Thomas Cornelius Desi

Wien – Machen wir uns nichts vor: Es schaut nicht gerade toll aus. In ein paar Milliarden Jahren stürzt unser Planet A mit Karacho in die Sonne, und schon jetzt sorgen eine Klimakrise und ein naher Krieg samt atomarem Bedrohungsszenario dafür, dass es heiß hergeht.

So muss man es als eine begrüßenswerte Initiative erkennen, wenn Thomas Cornelius Desi unter dem Titel Kunstschnee zu einer supercoolen Konferenz der Kollapsologen ins Wuk lädt. Die Konferenzteilnehmer rekrutieren sich zu 100 Prozent aus dem Publikum der dort stattfindenden Musiktheatertage Wien, und dieses diskutiert in den Museumsräumlichkeiten des Hauses (beim Eingang gleich links rauf in den obersten Stock) am frühen Donnerstagabend schon bald angeregt über die düstere Zukunft auf Erden.

Genauer gesagt, das Publikum simuliert einen solchen Diskurs: Desi (Konzept, künstlerische Leitung und Musik) hat Mappen mit Diskussionsbausteinen zusammengestellt, aus denen nach eigenem Gusto zitiert werden kann. Und so folgt auf ein aufgeregtes "Wir werden uns gegenseitig auffressen" spontan ein lapidares "Wir sollten das alles nicht so schwarzsehen". Auf das Statement "Wenn die Vase runterfällt, dann zerbricht sie. Das ist der Systemkollaps. Der Seneca-Effekt. Plötzliche Wandlung in eine niedrigere Ordnung der Dinge" kann mit einem "Bla, bla, bla" reagiert werden. Die gut 30 Fake-Diskutanten machen das professionell und mit Freude.

Hypnotischer Klangteppich

Als Ummantelung dieses pseudodiskursiven Nukleus der Produktion hat Desi eine performanceartige Schnee- und Skigeschichte kreiert. Fünf Musizierende weben einen hypnotischen Klangteppich, zwei Akteure (Manami Okazaki und Roman Maria Müller) singen, rezitieren fernöstliche Lyrik oder agieren wie in Trance. Schneelawinen ergießen sich schildkrötenlangsam in den Raum. Sie verschlucken menschliche Opfer oder geben sie wieder frei.

Gegen Ende betreibt eine Kleingruppe expressive Skigymnastik in Slow Motion. Was hätte der Hörl Franz nur dazu gesagt? Von nun an geht’s bergab. (Stefan Ender, 23.9.2022)