Einmal mehr geht es um Corona-Hilfen aus dem Fonds für Non-Profit-Organisationen, die nicht an parteinahe Organisationen ausgezahlt werden dürfen. Ob eine Parteinähe bei den Kinderfreunden besteht, wird diskutiert.

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Wien – ÖVP und SPÖ sind sich wegen der Corona-Hilfen aus dem Fonds für Non-Profit-Organisationen einmal mehr in die Haare geraten. Nachdem ÖVP-Mandatar Andreas Hanger beklagt hatte, dass Förderungen an die roten Kinderfreunde "bagatellisiert" würden und er "politische Einflussnahme auf Entscheidungen zum NPO-Fonds" in den Raum gestellt hatte, rückte am Freitag für die SPÖ Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch aus, um der ÖVP "Dirty Campaigning" vorzuwerfen.

Wie aus mehreren Medien zugespielten Unterlagen hervorgeht, haben nicht nur ÖVP-nahe Vereine Corona-Hilfen aus dem NPO-Fonds kassiert, sondern auch diverse Organisationen der roten Kinderfreunde in Höhe von insgesamt 2,4 Mio. Euro. Der bei Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) angesiedelte NPO-Fonds wurde im Frühjahr 2020 eingerichtet, um gemeinnützige Vereine und andere Non-Profit-Organisationen durch die Corona-Krise zu bringen. Parteien und ihre "Teilorganisationen" sind explizit vom NPO-Fonds ausgeschlossen, was aber nicht automatisch auch parteinahe Organisationen umfasst.

"Ungleichbehandlung" laut ÖVP

In Koglers Ressort hegt man im Gegensatz etwa zum ÖVP-Seniorenbund in diesem Fall allerdings keine Zweifel, dass die Hilfen zu Recht beantragt worden sind: "Es gibt keinerlei Hinweis, dass es sich bei den Kinderfreunden um eine Teilorganisation einer Partei handeln könnte und daher auch keinen Anlass für eine vertiefende Prüfung in dieser Frage", hieß es auf Anfrage der APA. Alles sei korrekt, betonten auch die Kinderfreunde auf APA-Anfrage.

Die ÖVP ortete dagegen eine "Ungleichbehandlung": "Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar, dass in einem Fall überprüft wird und im anderen nicht", kritisierte ÖVP-Mandatar Andreas Hanger gegenüber der APA. Es sei "bemerkenswert", dass es stets ein "Megaskandal" sei, wenn es um parteinahe Organisationen der ÖVP gehe, aber bei der SPÖ werde dies "bagatellisiert". Hanger stellte die Frage in den Raum, "ob es hier eine politische Einflussnahme auf Entscheidungen zum NPO-Fonds gibt" – denn der Leiter der Rechtsabteilung im Vizekanzleramt sei früher Kabinettschef beim damaligen SPÖ-Minister Josef Ostermayer gewesen. "Das geht ja gar nicht! Dem unterstelle ich ganz klar Befangenheit", ließ Hanger wissen.

SPÖ ortet Ablenkungsversuch

SPÖ-Manager Deutsch sah hingegen einen "Versuch der Nehammer-Partei, vom ÖVP-Förderskandal durch Anpatzen anderer Parteien abzulenken", dies sei "letztklassig", polterte er in einer Aussendung. "Die panischen türkisen Rundumschläge wirken wie ein Schuldeingeständnis der ertappten ÖVP, die sich an öffentlichen Fördergeldern bedient hat. Statt die SPÖ mit an den Haaren herbeigezogenen Anschuldigungen anzupatzen, soll die ÖVP die unrechtmäßig bezogenen Fördermillionen auf Heller und Pfennig zurückzahlen." Offenbar aber habe die ÖVP "jedes Gefühl für Anstand und Recht verloren".

Bundesvorsitzender der Kinderfreunde ist der Wiener SPÖ-Stadtrat Jürgen Czernohorszky. Im aktuell auf der Website der SPÖ auffindbaren Organisationsstatut vom 21. Juni 2021 finden sich die Kinderfreunde jedenfalls: "Orts-, Bezirks- und Landesausschüsse sowie die Bundesstelle der Kinderfreunde arbeiten in Absprache mit den zuständigen Parteiorganisationen", heißt es darin. Die Kinderfreunde dürfen demnach auch sechs Delegierte zum Bundesparteitag entsenden. Dieses Statut sei nicht mehr aktuell, betonte hingegen Kinderfreunde-Geschäftsführerin Daniela Gruber-Pruner auf APA-Anfrage.

Frage der Parteinähe

Die Kinderfreunde seien ein gemeinnütziger Verein, und für solche sei der NPO-Fonds schließlich geschaffen worden. Die Kinderfreunde seien nie eine Teilorganisation der SPÖ gewesen, und selbst den Status als "parteinahe" Organisation habe man inzwischen abgelegt, erklärte Gruber-Pruner. Man dürfe also beispielsweise keine Delegierten mehr zum Parteitag schicken. Es sei also "alles rechtens", unterstrich Gruber-Pruner, schließlich leiste man Kinder- und Familienarbeit, die gerade auch während der Pandemie dringend notwendig gewesen sei.

Der ÖVP hat die Bestimmung, dass Teilorganisationen von Parteien keine Förderungen aus dem NPO-Fonds bekommen dürfen, jedenfalls ordentlich Ärger gebracht: Als im Frühjahr bekannt wurde, dass etwa der oberösterreichische Seniorenbund aus dem NPO-Fonds fast zwei Millionen Euro kassiert hatte, kündigte Kogler vertiefte Prüfungen mit der abwickelnden Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) an. Einige davon sind mittlerweile auch abgeschlossen. So platzte mitten in den Tiroler Landtagswahlkampf die Nachricht, dass dutzende Teilvereine der Tiroler Jungbauernschaft/Landjugend über 800.000 Euro zurückzahlen müssen, weil sie dem Tiroler Bauernbund, einer Teilorganisation der ÖVP Tirol, zuzurechnen seien.

Es müsse gleiches Recht für alle gelten, forderte Hanger. Bei der Jungbauernschaft handle es sich etwa auf Orts- und Gemeindeebene um rechtlich eigenständige Vereine, die auch wirtschaftlich unabhängig vom Hauptverein seien. Dass die Kinderfreunde nicht einmal mehr parteinahe sein sollen, glaubt Hanger nicht, immerhin säßen in den Vorständen viele SPÖ-Politiker, erinnerte er. "Die Kinderfreunde machen sicher gute Arbeit, aber das tun auch die Jungbauernschaft und der Seniorenbund", meinte Hanger. (APA, 23.9.2022)