Eliud Kipchoge schlug sich vor dem Ziel mit einem breiten Lächeln im Gesicht auf die Brust. Der Marathonstar wusste bereits auf den letzten Metern: Der nächste Weltrekord ist ihm sicher. Im Herzen von Berlin schrieb der Kenianer mit einer Zeit von 2:01:09 Stunden am Sonntag erneut ein Stück Laufgeschichte und knackte seine eigene Bestmarke.

"Ich bin überglücklich", sagte der zweimalige Olympiasieger und verwies ganz bescheiden auf Trainer, Manager und Betreuer: "Diesen Weltrekord habe ich unserem Teamwork zu verdanken." Die zuvor gültige Bestmarke (2:01:39) hatte Kipchoge 2018 ebenfalls in der deutschen Hauptstadt aufgestellt. Zu immer neuen Höchstleistungen motiviere ihn unter anderem die Familie, sagte der 37-Jährige.

Auf die Frage, ob er im nächsten Jahr in Berlin die Zwei-Stunden-Marke knacken wolle, sagte Kipchoge lachend: "Lasst uns das an einem anderen Tag besprechen. Jetzt will ich den Weltrekord erst einmal feiern, genießen und realisieren, was passiert ist." Hinter Kipchoge sicherte sich Mark Korir aus Kenia (2:05:58 Stunden) den zweiten Platz, Dritter wurde der Äthiopier Tadu Abate (2:06:28). Eine starke Leistung zeigte der Österreicher Peter Herzog. In 2:12:16 Stunden kam der ÖLV-Marathon-Rekordhalter (2:10:06) auf den 21. Rang.

Herausragende Assefa

Bei den Frauen gelang Tigist Assefa (28) die drittbeste jemals gelaufene Marathonzeit. In 2:15:37 Stunden setzte sich die Äthiopierin vor der Kenianerin Rosemary Wanjiru (2:18:00) und ihrer Landsfrau Tigist Abayechew (2:18:03) durch. Schneller als Assefa waren nur die Kenianerin Brigid Kosgei, die vor knapp drei Jahren in Chicago den Weltrekord auf 2:14:04 Stunden geschraubt hatte, und die Britin Paula Radcliffe (2003, London, 2:15:25).

Kipchoge hatte im Vorfeld betont, dass er auf eine Bestleistung hoffe – bei ihm ist das gleichbedeutend mit dem Weltrekord. Nach dem Startschuss um 9.15 Uhr unterstrich der Ausnahmekönner gleich seine Ambitionen. Von Beginn an lief er in einem hohen Tempo vorn weg. An der Halbmarathonmarke kam er, dem bis dahin nur noch der äthiopische Außenseiter Andamlak Belihu folgen konnte, nach kaum zu fassenden 59:51 Minuten vorbei. Da hatte es sogar danach ausgesehen, als könnte Kipchoge die magische Schallmauer von zwei Stunden durchbrechen. Das war ihm als erstem Menschen schon am 12. Oktober 2019 im Wiener Prater gelungen. Doch als Weltrekord galten die 1:59:40 nicht, da sie im Rahmen der Ineos-Challenge quasi unter Laborbedingungen entstanden waren.

Strahlend ins Ziel

In Berlin war Kipchoge für seine Verfolger so oder so außer Reichweite. Vorjahressieger Guye Adola (Äthiopien) musste bereits vor der 15-km-Marke abreißen lassen. Angefeuert von Hunderttausenden an der Strecke bestritt Kipchoge auf den letzten Kilometern ein einsames Rennen an der Spitze, stets auf Weltrekordkurs. Ganz konnte er das Tempo der ersten Hälfte nicht halten, trotzdem unterbot er den bisherigen Weltrekord noch um eine halbe Minute. Mit konzentriertem Blick ging es durch das Brandenburger Tor, wenig später lief Kipchoge strahlend ins Ziel.

Insgesamt waren in den diversen Bewerben knapp 45.000 Läuferinnen und Läufer unterwegs – in einem Event, der in die Sportgeschichte eingeht. Für Kipchoge war es der insgesamt vierte Erfolg beim Berlin-Marathon, damit ist er nun gemeinsam mit dem Äthiopier Haile Gebrselassie Rekordsieger. Gebrselassie siegte in Berlin von 2006 bis 2009 en suite, lief dabei ebenfalls zwei Weltrekorde.

Schon vor dem Lauf war Kipchoge gefragt worden, mit wem er gern einfach so eine Laufrunde drehen würde, seine Antwort: Barack Obama. "Ich lade ihn dafür nach Kenia ein." Warum er sich für den ehemaligen US-Präsidenten entscheiden würde, erklärte Kipchoge in seiner stets ruhigen Art: "Er ist ein Charakter der Hoffnung, der Inspiration, der Einigung." (fri, sid, APA, 25.9.2022)

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