Die Solidarität mit den Frauen im Iran ist international groß.

Foto: EPA / CJ Gunther

Seit mehr als sieben Tagen dauern die Demonstrationen im Iran schon an. Mittlerweile haben sie vom Kaspischen Meer bis zum Persischen Golf das ganze Land erfasst. Die Proteste begannen, nachdem die junge Iranerin Mahsa Amini vor zehn Tagen nach der Festnahme durch die Sittenpolizei ums Leben gekommen war. Mittlerweile beschränken sie sich nicht mehr nur auf die restriktiven Kleidungsvorschriften, sondern zielen gegen die Spitze des Systems. Vor allem junge Menschen, hauptsächlich Frauen und Mädchen, zeigen ihren Unmut über die Verhältnisse im Iran und finden dafür die Unterstützung fast aller Gesellschaftsschichten.

Dem Regime gefällt das naturgemäß nicht. Die Medien wurden angewiesen, nicht mehr über die Demonstrationen zu berichten. Elf Journalisten und eine Journalistin der Zeitung Shargh, die als Erste ein Foto von Mahsa Amini im Krankenhaus gebracht hatte, wurden festgenommen. Auch telefonisch wurden viele Journalisten davor gewarnt zu berichten. Die Unruhen erfassen das Land gerade in einer Zeit, in der die wirtschaftliche Situation schlechter als je zuvor ist. Die Wiederbelebung des Atomabkommens JCPOA mit dem Westen scheint in weite Ferne gerückt, die starre Haltung des Iran gegenüber dem Westen ist für viele unverständlich – vor allem weil man vermutet, dass Russland indirekt seine Hand im Spiel hat.

Breite Unzufriedenheit

Die Unzufriedenheit findet auch vorsichtigen Widerhall in Zeitungskommentaren. Die Regierung versucht, den Eindruck zu erwecken, dass die Demonstranten vom Ausland dirigiert werden – ein Vorwurf, der inzwischen kaum mehr ernst genommen wird.

Namhafte Künstler, Sportler, Schauspieler haben ihre Solidarität bekundet. Obwohl inzwischen allein in der Provinz Kilan mehr als 700 Menschen festgenommen wurden und eine Welle von Verhaftungen das ganze Land erfasst hat, gehen die Demonstrationen weiter.

Die bewaffneten Sicherheitskräfte gehen mit Gewalt vor. Über 40 Menschen sollen schon getötet worden sein, tausende verletzt. Um die Verhaftung von Verletzten zu verhindern, werden diese in private Krankenhäuser gebracht. Noch nie waren die Menschen im Iran so geeint wie in den letzten Tagen. Alle Differenzen zwischen den Bevölkerungsgruppen scheinen vergessen. Nachdem sich auch Studenten und Studentinnen solidarisiert hatten, wurden kurzfristig Unis geschlossen.

"Freiheit, Leben, Frau"

Erstaunlich ist auch, dass sogar in Stadt Ghom, der Hochburg des konservativen Klerus, Frauen in der Öffentlichkeit ihre Kopftücher verbrennen. Es ist damit zu rechnen, dass die Regierung weiter versuchen wird, die Unruhen unter Kontrolle zu bringen, Regierungschef Ebrahim Raisi hat bereits eine noch härtere Gangart angekündigt.

Der Slogan "Freiheit, Leben, Frau", das Leitmotiv der Demonstrationen, ist jedenfalls nicht mehr wegzudenken. Die junge Generation im Iran, die weder die Revolution noch das Schah-Regime erlebt hat, kann die konservativen Gesetze des Klerus nicht mehr akzeptieren und verlangt nach Freiheit und Gerechtigkeit. (N. N.*, 25.9.2022)