Auf die europafreundlichste Regierung aller Zeiten, jene von Mario Draghi, folgt die europafeindlichste, die das Land je gesehen hat: Meloni (re.), Berlusconi (Mi.) und Salvini (li.).

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In der Nacht vor der Schicksalswahl war über Rom ein Gewitter niedergegangen, mit Donner, Platzregen und Temperatursturz. Einige Stunden später wiederholt sich das Donnergrollen auf der politischen Ebene: Das rechte Bündnis aus den Fratelli d'Italia von Giorgia Meloni, der Lega von Matteo Salvini und der Forza Italia des früheren Skandalpremiers Silvio Berlusconi dürfte laut Hochrechnungen bei der Parlamentswahl den erwarteten Sieg einfahren.

Während in Europa ein Krieg tobt, die Energiepreise explodieren, die Zinsen steigen und eine Wirtschaftskrise wütet, wird in Italien in wenigen Wochen damit wohl eine Politikerin, die ihre gesamte politische Karriere in post- und neofaschistischen Parteien aufgebaut hat, die Regierungsgeschäfte übernehmen. Ironie der Geschichte: Es wird genau hundert Jahre nach der Machtübernahme des faschistisches Diktators Benito Mussolini sein.

Beziehung zur EU

Für Italien könnte die Wahl zur Zeitenwende werden, besonders in der Beziehung zur EU: Auf die europafreundlichste Regierung aller Zeiten, jene von Mario Draghi, folgt die europafeindlichste, die das Land je gesehen hat. Wahlsiegerin Meloni hat es schon angekündigt: "Die Party ist vorbei!" Italien werde sich von den Bürokraten, von Deutschland und von Frankreich nicht mehr alles bieten lassen. Zwei der künftigen Regierungsparteien – die Fratelli und die Lega – haben im EU-Parlament gegen die Sanktionierung Ungarns gestimmt. Viktor Orbán wird zum neuen Leitstern der italienischen Europapolitik.

Es kann aber auch bald schon anders kommen: Meloni, Salvini und Berlusconi sind, abgesehen von ihrem Hang zu Populismus, in fast allem uneins: in der Finanz- und Steuerpolitik, bei den Sanktionen gegen Russland und den Waffenlieferungen an Kiew, bei der regionalen Autonomie, beim Wiederaufbaufonds. Der Pakt der Rechten hat zwar gereicht, die Wahl zu gewinnen. Ob er aber auch reicht, um gemeinsam zu regieren – das ist eine andere Frage. Nach sechs oder zwölf Monaten könnte der Spuk auch schon wieder vorbei sein. (Dominik Straub, 25.9.2022)