Die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt unterstützt, damit sich "Ehrenamtliche um ihre eigentliche Aufgabe kümmern können", sagt Stiftungsvorstand Jan Holze.

Helmut Spudich

Nicht alle "Stifter" gemeinnütziger Stiftungen sind mit dem privaten Vermögen von Reichen oder Superreichen ausgestattet, wie die Stifterkarriere von Jan Holze zeigt. "Seine" Stiftung, die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE), bezieht ihr Geld vom deutschen Staat und genießt in ihrer Arbeit dennoch die weitgehende Unabhängigkeit, die mit Stiftungen einhergeht.

Eine staatliche Stiftung zur Förderung von freiwilligem Engagement und Ehrenamt: Das weckt den Verdacht, dass sich ein stets von Finanznöten geplagtes Gemeinwesen seiner Verpflichtungen mithilfe unbezahlter Arbeit entziehen will. Stiftungsvorstand Holze sind solche Vorbehalte nicht fremd, es ist bereits seine zweite Stiftung, die sich der Förderung ehrenamtlicher Arbeit widmet. Mit der ersten betrat das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern dieses Neuland, und der studierte Jurist und Betriebswirt Holze kam auf dem Weg "einer normalen beruflichen Bewerbung" dazu, am Aufbau dieser Stiftung mitzuarbeiten.

Beraten und unterstützen

"Als ich nach meiner Bewerbung dazukam, stellte ich fest, wie umstritten das Vorhaben des Landes war. Es gab den Vorwurf, der Landesministerpräsident schafft sich nach Gutsherrenart eine Stiftung von Erwins Gnaden" – klingt auch österreichischen Ohren vertraut, gemeint war jedoch der Sozialdemokrat Erwin Sellering, der von 2008 bis 2017 Ministerpräsident von "Meck-Pomm" war. Unter seiner Regierung wurde die "Ehrenamtsstiftung" gegründet, die Holze dann leitete. Er selbst sei davor im Sport ehrenamtlich tätig gewesen, so war es ihm von Anfang an klar, dass Freiwillige Unterstützung brauchen, um ihre freiwillige Aufgaben gut bewältigen zu können – Beratung, Fortbildung, Hilfe bei der Beantragung finanzieller Mittel, Managementwissen für ihre Vereine. "Heute ist die Stiftung nicht mehr umstritten. Sogar der Karnevalsverband sagte, er würde auf die Straße gehen, wenn sie wieder abgeschafft wird."

Der Erfolg der Ehrenamtsstiftung in Meck-Pomm als überparteiliches Instrument führte dazu, dass auch im Bund die Diskussion über eine solche Unterstützung ehrenamtlicher Tätigkeit ihren Weg in die Koalitionsvereinbarung 2018 von CDU/CSU und SPD fand. "Die politische Diskussion ging natürlich über die Ausrichtung einer solchen Stiftung. Die einen sagten, es braucht einen Kümmerer für 610.000 Vereine und 23.000 Stiftungen, von denen 92 Prozent gemeinnützig sind – also Hilfe bei den bürokratischen Herausforderungen von der Steuererklärung bis zum Datenschutz und der Vereinsorganisation. Die andere Seite wollte eine einfachere, unbürokratischere Förderstelle für Geld", erzählt Holze.

Der Kompromiss war schließlich, beides zu tun, wenn auch der Schwerpunkt auf der nichtfinanziellen Unterstützung ehrenamtlicher Helfer liegt. Die durch ein eigenes Gesetz errichtete Stiftung nahm im Juli 2020 ihre Tätigkeit in der früheren Mecklenburgischen Residenzstadt Neustrelitz auf. Mehrere Regionen hatten sich um die Ansiedlung beworben. "Uns war wichtig, dass wir durch unseren Standort auch die Nähe zu den Initiativen signalisierten, für die wir tätig sind." Inzwischen arbeitet ein "buntes Team" von 75 Expertinnen und Experten aus ganz Deutschland in der Stiftung. Rund 30 Millionen Euro stünden "in normalen Jahren" an Budget zur Verfügung, sagt Holze. "Im Corona-Jahr 2021 waren es 60 Millionen."

Verschiedenste Unterstützungsangebote

Online-Seminare für Ehrenamtliche, die sich für Geflüchtete aus der Ukraine engagierten, Hilfe bei der Beantragung von Förderungen, IT-Helpdesk für Vereine, "CRM und Datenmanagement für Vereine": So sehen bei einem Besuch im Sommer 2022 einige der Angebote auf der Website der Stiftung aus. Direkte Förderungen seitens der DSEE seien eher die Ausnahme, stattdessen würde man Vereine beraten, wie sie zu den Förderungen anderer Träger kommen können, um beispielsweise eine Sporthalle zu errichten.

"Skalierung" sei ein wichtiges Ziel, sagt Holze, "unterstützen, damit das, was gut läuft, auch anderswo gemacht wird. Wir sind eine operativ tätige Stiftung, die auch fördern kann. Dabei gibt es die staatliche Vorgabe, dass es einen Eigenbeitrag braucht, bei Mikroförderungen müssen das zehn Prozent sein." Da für kleine Initiativen auch das ein Problem sein kann, werden seit kurzem auch Arbeitsleistungen anerkannt.

Wie steht er zur Kritik, dass mit einer Stiftung für das Ehrenamt die Zivilgesellschaft an die staatliche Leine gelegt wird? "Wir sehen das anders, die Zivilgesellschaft soll durch uns in den Staat hineinwirken", erwidert Holze. Die Aufsichtsstruktur der Stiftung soll dies sicherstellen: Neun von 19 Mitgliedern des Stiftungsrats sind Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen, die anderen von den beteiligten Ministerien (Familie, Inneres und Landwirtschaft), dem Bundestag, Ministerpräsidenten und kommunalen Spitzenverbänden gestellt. "Die Akteure bilden die Breite des Feldes ab, das sollte sie der Zivilgesellschaft verpflichten."

Sinnvolles Engagement

Leute engagieren sich, weil es sinnvoll ist, nicht weil es staatlich notwendig ist, "zum Beispiel bei Strandsäuberungsaktionen – dafür gibt es kein Gesetz, aber den Willen und Initiativen dazu". Holze räumt jedoch ein, dass es Grenzfälle gebe, etwa beim großen Bereich der freiwilligen Feuerwehren. "Der Großteil beruht auf Ehrenamt, aber es ist eine kommunale Aufgabe. Für uns ist das eine schwierige Frage, ob wir hier fördern oder nicht – aber wir wollen den Streit nicht auf dem Kopf der Ehrenamtlichen austragen."

42 Arbeitstage würde ein durchschnittlicher Verein mit bürokratischen Aufgaben verbringen, hat der Normenkontrollrat des Bundeslandes Baden-Württemberg erhoben. Holze: "Unser Auftrag ist es, diese 42 Tage zu verringern, damit sich die Ehrenamtlichen um ihre eigentliche Aufgabe kümmern können." (Helmut Spudich, 29.9.2022)