Nach anfänglich größerem Investoreninteresse kommt Trumps Social-Network-Projekt kaum aus den Startlöchern.

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Seit Februar läuft die Plattform Truth Social im Testbetrieb. Der offizielle Start wäre eigentlich für diese Woche angesetzt gewesen, eine iOS-App hat man mittlerweile, einen Client für Android gibt es immer noch nicht. Doch das Projekt des Ex-US-Präsidenten Donald Trump läuft alles andere als rund. Man musste sich Vorwürfe gefallen lassen, einfach Twitter geklont und sich ohne korrekte Kennzeichnung an der Open-Source-Software Mastodon bedient zu haben, und kämpft auch heute noch mit technischen Schwierigkeiten.

Auch der Zuspruch von Nutzerseite hält sich in Grenzen. Und auf der finanziellen Seite ist die Lage problematisch. Vor einem möglichen Börsengang springen nun die ersten Investoren ab.

Kampf gegen die Zeit

Zum einen werden Schulden in Millionenhöhe kolportiert, die die Trump Media and Technology Group (TMTG) bei ihrem Hostinganbieter angehäuft haben soll. Die Genehmigung für die börsennotierte Digital World Acquisition Corporation, die als Special Purpose Acquisition Company, kurz: Spac, den Börsenstart vorbereiten sollte, geht zudem dem Ende ihrer auf ein Jahr angesetzten Lebenszeit entgegen.

Ermittlungen gegen Trump und auch daraus resultierende fehlende Genehmigungen verhindern allerdings Fortschritte. Wenn 65 Prozent der Investorinnen und Investoren zustimmen, kann die Lebenszeit des Spac um ein weiteres Jahr verlängert werden. Zwei Abstimmungen gab es hierzu schon, bei beiden fanden sich nicht genug Unterstützer. Das ist auch nicht ganz verwunderlich, denn Digital World konnte zum Beginn 293 Millionen Dollar lukrieren, schrieb seitdem aber ausschließlich Verluste und legte einen Kursabsturz von 90 Prozent hin.

Am 10. Oktober erfolgt ein weiterer Anlauf. Gelingt auch dieser nicht, bleibt Digital World nur noch eine Nachfrist von drei Monaten, ehe die Firma liquidiert werden muss. Die Trump Media Group müsste dann ein neues Werkzeug schaffen, um Kapital zu sammeln und an die Börse zu gehen.

Financiers nutzen Absprungchance

Dazu gesellt sich ein weiteres Problem, dokumentiert "T3n". Mit dem Börsenstart von Digital World erhielt man auch verbindliche Zusagen verschiedener Geldgeber in der Höhe von über einer Milliarde Dollar. Die vereinbarte Frist endete allerdings am 20. September, seitdem können die Financiers sich wieder aus dem Projekt zurückziehen. Mehrere – darunter der Großinvestor Sabby Management – haben das bereits getan, der Geldpool soll schon um rund 140 Millionen Dollar geschrumpft sein. Laut einem auf Insider gestützten Reuters-Bericht dürften bald weitere Absprünge folgen, sofern Digital World die Bedingungen der Abmachung nicht deutlich verbessert, um das offenbar als groß wahrgenommene Risiko zu kompensieren.

Der TMTG dürfte laut letzten Informationen spätestens im kommenden April das Geld ausgehen. Trump selbst sah in den schlechten Nachrichten zuletzt aber kein Problem. Als Reaktion auf die Berichterstattung darüber kommentierte er auf seiner eigenen Plattform, dass er ja "sehr reich" sei und eigentlich gar keine Finanzierung brauche. (gpi, 26.9.2022)