Seit zehn Jahren ist Fiona Hiller als Cosplayerin aktiv. Die Szene ist seitdem gewachsen, sagt die 29-jährige Wienerin.

Foto: Anna Krekova

Für das Hobby geht viel Freizeit drauf, wenn man selbst für die Produktion zuständig ist.

Foto: Fiona Hiller

Für viele gehört das "Selbermachen" dazu, mittlerweile gibt es aber auch zahlreiche Online-Shops, wo man sich Cosplays auch kaufen kann.

Foto: Fiona Hiller

Fiona Hiller ist 29, spricht drei Sprachen fließend, wohnt in Wien und studiert Koreanologie. Auf der Vienna Comic Con, die in wenigen Tagen stattfindet, wird sie jedoch eine andere Rolle einnehmen: die Magierin Yen aus The Witcher oder vielleicht ein Mitglied der bei Teenagern angesagten K-Pop-Girlgroup K/DA. Nach zehn Jahren Cosplay-Leidenschaft ist das letztlich für die Studentin und Gamerin Hiller auch nicht mehr so wichtig, welches Kostüm sie für den großen Event vorbereitet. Es zählt, dass sie Gleichgesinnte trifft und Spaß hat. Ein Hobby also, wie so viele andere auch – oder?

Seit Jahren sind sie der Blickfang auf jeder Gaming- oder Comic-Messe: Cosplayerinnen und Cosplayer. Das zuerst in Japan gebräuchliche Kofferwort aus den englischen Begriffen "costume" und "play" erlebte seinen ersten Boom in den 1990er-Jahren. Die bunten Kostüme waren damals vor allem aus der japanischen Comic-Kultur Manga beziehungsweise Anime inspiriert, später kamen aber auch vermehrt Interpretationen von US-Kultur-geprägten Charakteren sowie Figuren aus der Videospielwelt hinzu. Auch Hiller hat sich nicht auf ein Genre festgelegt. Als sie 2012 erstmals ein Kleid für sich nähte, sich ein wenig schminkte und eine Perücke aufsetzte, um eine von ihr geliebte Anime-Figur nachzuahmen, trieb sie vor allem die Begeisterung einer Freundin an. Gemeinsam gingen sie auf einen Event, "für den man sich verkleiden kann".

Begeisterung

"Der größte Unterschied zwischen Verkleiden und Cosplay ist, dass man beim Cosplay in einen bestimmten Charakter schlüpft", erklärt Hiller die für viele Externe nicht klar erkennbare Trennlinie. Das kann Super Mario sein oder eben ein aufwendig inszenierter Charakter aus der Videospielserie Final Fantasy. Wie viel Zeit man in ein Kostüm steckt oder ob man es fertig kauft, mache dabei keinen Unterschied. "Wenn jemand handwerklich nicht so geschickt ist, soll er ja trotzdem dieser Leidenschaft nachgehen können." Hiller hatte dieses handwerkliche Geschick, liebte Serien wie Pokémon oder Naruto und fand sich plötzlich in der österreichischen Cosplay-Szene wieder.

Viele Cosplayer teilen ihr Hobby auf Instagram. Oftmals in Kooperation mit professionellen Fotografinnen.
Foto: Fiona Hiller/Instagram

Die anhaltende Faszination erklärt sich aus mehreren Dingen, sagt Hiller, die als "Fae La Blanche" auch regelmäßig streamt und auf Instagram zahlreiche Fotos mit ihren Cosplays hochlädt. "Wenn ich einen bestimmten virtuellen Charakter sehe, dann bekomme ich die Lust, diesen in die reale Welt zu holen." Manchmal sitzt sie aufgrund mangelnder Zeit Monate an einem Kostüm, manchmal nimmt sie sich geballt eine Woche nichts anderes vor, um beispielsweise für ein Fotoshooting oder einen Event rechtzeitig fertig zu sein.

"Wenn dir auf einem Event jemand sagt, du hast mit deinem Cosplay die Figur für ihn oder sie zum Leben erweckt, dann ist das eines der größten Komplimente", erklärt Hiller die schönen Seiten ihrer zahlreichen Event-Besuche. Der größte Unterschied zu früher sei aber, dass sie wegen eines Kostüms keine schlaflosen Nächte mehr vor einem Event habe: "Ich habe oft Nächte durchgearbeitet und dann auf den Veranstaltungen vor Aufregung vergessen auf meine Gesundheit zu achten." Da habe sie heute mehr Ruhe, gibt die junge Frau zu. Auch würde sie nicht mehr jeden Fotowunsch erfüllen. "Wenn jemand nett fragt, posiert man natürlich, so oft es geht, aber manchmal ist man müde und braucht eine Pause."

Von ihrem Hobby leben kann Hiller zwar nicht, aber sie finanziert sich die Materialien für ihre Cosplays durch ihre Videostreams auf Twitch und gelegentliche Buchungen von Firmen oder Agenturen. "Meist wird man kontaktiert, ob man ein bestimmtes Kostüm einer Videospielfigur darstellen will, und darüber informiert, in welcher Form und auf welcher Plattform die Fotos erscheinen sollen und was dafür gezahlt wird." Ein guter Nebenverdienst, aber nicht mehr. Für die junge Streamerin kein großer Nachteil. Mit größerer Bekanntheit und lukrativen Angeboten würden auch Neider auftauchen, wie es sie wohl in jeder Sparte gibt. "Man sucht sich die Leute über die Jahre schon aus, mit denen man mehr Zeit verbringt und auf die man sich verlassen kann." Fast ihren gesamten Freundeskreis hat Hiller in der Szene gefunden. Vor zwei Wochen war sie sogar bei einer Hochzeit in Frankreich eingeladen. Die Braut hat sie auf einem Event vor sieben Jahren in Paris kennengelernt.

Jungen Cosplay-Interessierten empfiehlt sie, keine Angst vor dem Einstieg zu haben. Nach Tipps könne man sich gut im Netz umsehen. Egal ob Tutorial-Videos auf Youtube oder zahlreiche Shops, die Einzelteile oder ganze Kostüme verkaufen: Anregungen gebe es reichlich. "Heute ist der Zugang zu dem Thema wesentlich einfacher als noch vor zehn Jahren." Für gezielte Fragen könne man auch die Lieblings-Cosplayerin auf Social Media anschreiben – man solle sich aber keine ganzen Bauanleitungen erwarten.

Auf der Vienna Comic Con treffen sich kommendes Wochenende zahlreiche Fans der Comic-, Film- und Videospielwelt.
Foto: APA/HANS PUNZ

Pflichttermin Comic Con

Die Anfang Oktober stattfindende Vienna Comic Con ist für Hiller ein Pflichttermin. Nach zwei Jahren Eventpause gibt es viel nachzuholen. Gespannt darf man auf die diesjährigen Trends sein. Cosplays aus League of Legends oder natürlich Kostüme des supererfolgreichen Videospiels Genshin Impact werde man mit Sicherheit zahlreich sehen. "Früher habe ich schief geschaut, wenn jemand dieselbe Figur für einen Event gewählt hat. Heute finde ich das vielmehr spannend – oft tauscht man sich dann aus, wie man bestimmte Probleme gelöst hat." Das gemeinsame Interesse mit anderen zu zelebrieren stehe im Vordergrund.

So gesehen ist Cosplay doch ein Hobby wie jedes andere. (Alexander Amon, 27.9.2022)