Handshake in Moskau: Dodik (rechts) holte sich Unterstützung von Putin (links).

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Sie verstehen sich bestens, denn sie teilen sehr ähnliche Ziele. So wie der russische Diktator Wladimir Putin sein "Russkiy mir", seine "russische Welt", "wiederherstellen" will, so treten extreme Nationalisten wie der Chef der größten bosnisch-serbischen Partei SNSD, Milorad Dodik, – ebenfalls mit imperialem Anspruch – für die Schaffung der "serbischen Welt" ein.

Der bosnische Landesteil Republika Srpska soll demnach – wie der ukrainische Donbass Großrussland – Großserbien angeschlossen werden. Kein Wunder, dass Dodik, der Putin vergangene Woche in Moskau besuchte, nicht nur den Angriff auf die Ukraine, sondern auch die Scheinreferenden in der Ostukraine unterstützt. "Das russische Volk lebt in diesen Gebieten, und deshalb behandeln wir den Wunsch, sich Russland anzuschließen, mit Verständnis", meinte Dodik und bot sogar an, Wahlbeobachter aus der Republika Srpska dorthin zu schicken.

Täuschung der Bürger

Tatsächlich fand in Bosnien-Herzegowina auf Betreiben separatistischer bosnischer Serben vor 31 Jahren, am 9. und 10. November 1991, ein ähnliches Scheinreferendum statt. Radovan Karadžić, später wegen des Genozids an Bosniaken zu lebenslanger Haft verurteilt, initiierte damals die Abspaltung von Regionen, in denen Serben leben, von der Republik Bosnien-Herzegowina. Das verfassungswidrige Referendum, dessen Ergebnisse im Voraus bekannt waren, diente dazu, die anvisierte Gründung der illegalen Republika Sprska in Kroatien und in Bosnien zu "legitimieren".

Die Bevölkerung sollte durch das Scheinreferendum getäuscht und so getan werden, als wäre es möglich, Bosnien-Herzegowina auf friedliche Art zu zerstören. Karadžićs SDS etablierte illegale Verbindungen mit der Partei von Slobodan Milošević im Nachbarstaat, in Bosnien-Herzegowina unterhöhlte er das Gewaltmonopol, indem seine parallelen Strukturen administrative und exekutive Aufgaben an sich rissen. Sicherheitssysteme wurden gekapert, alles Bosnische wurde eliminiert, etwa Namen von Städten.

Ähnliche Opfernarrative

So wie in den 1990ern wird auch heute – vermehrt mit dem Beginn des russischen Angriffskriegs – in serbisch-nationalistischen Medien neben Berichten mit Bezug auf die angebliche Gefährdung des "russischen Volks" in der Ukraine auch über die Notwendigkeit geschrieben, das "serbische Volk" wegen einer angeblichen Diskriminierung in der Region zu schützen. Man stellt sich selbst als Opfer dar.

Der serbische Präsident Aleksandar Vučić will nun sogar eine "nationale Bewegung für das Überleben und den Fortschritt Serbiens" gründen. Vergangene Woche bemühte er auch vor der UN-Vollversammlung das Narrativ vom "angegriffenen Serbien" und verglich Serbien sogar mit der Ukraine. Serbien selbst habe niemals ein souveränes Land attackiert, behauptete er. Vučić erwähnte freilich nicht, dass Serbien – unter dem Namen Jugoslawien – an dem Angriffskrieg auf das völkerrechtlich anerkannte Bosnien-Herzegowina von 1992 bis 1995 beteiligt war.

Serbien und Russland

Der serbische Außenminister Nikola Selaković unterschrieb in New York indes mit Russland ein Kooperationsabkommen für 2023 und 2024. Die Grünen-EU-Abgeordnete Viola von Cramon erwog daraufhin eine mögliche Aussetzung der EU-Beitrittsgespräche mit Serbien. "Das ist ein schwerer Skandal", so Cramon, wenn Serbien "inmitten des tobenden Kriegs" die Zusammenarbeit mit dem Aggressor suche. (Adelheid Wölfl, 26.9.2022)