Droht zu sinken: FSO Safer acht Kilometer vor der Küste des Jemen.

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Viele Touristen schätzen das Rote Meer für sein kristallblaues Wasser und seine Korallenriffe. Doch wo man gerne schnorchelt und am Strand liegt, droht gerade eine schwere Umweltkatastrophe. Der Grund ist ein schrottreifer Öltanker, der acht Kilometer vor der Küste Jemens vor Anker liegt.

Ganz genau handelt es sich um eine schwimmende Lager- und Verladeplattform, eine sogenannte Floating Storage and Offloading Unit (FSO). Die "FSO Safer" liegt seit den 1980er-Jahren vor Jemen verankert. Lange diente die Anlage für die Verladung und den Export jenes Öls, das im Jemen gefördert wurde. Seit aber im Jahr 2004 der Bürgerkrieg ausgebrochen war, wurde FSO Safer nicht mehr gewartet und verrostete immer mehr. Heute drohen 140.000 Tonnen Öl auszulaufen, die sich noch an Bord des Tankers befinden. Es wäre eine Ölpest, die laut Uno zwölf Millionen Menschen betreffen und Schäden im Ausmaß von 20 Milliarden US-Dollar verursachen könnte. Sie würde sich in die Reihe der schlimmsten Vorfälle dieser Art einreihen. Zum Vergleich: Die Exxon Valdez, die im Jahr 1989 vor Alaska sank, hatte nur ein Viertel jener Ölmenge geladen, die sich heute im Bauch von FSO Safer befindet.

Es braucht 113 Millionen Dollar

Die Uno arbeitet deshalb mit Hochdruck an einer Rettungsaktion. Insgesamt 113 Millionen US-Dollar sind notwendig, um das Öl auf Behelfstanker abzupumpen und abzutransportieren. Gerade soll unter der Ägide des UN-Entwicklungsprogramms UNDP diese Summe von internationalen Geldgebern eingesammelt werden. Regierung wie auch Energiekonzerne sind aufgefordert, sich an der Spendenaktion zu beteiligen.

Was hat Österreich mit all dem zu schaffen? Mehr als es auf den ersten Blick scheint. Die teilstaatliche OMV, der größte Industriebetrieb im Land, ist das letzte große westliche Unternehmen, das derzeit noch im jemenitischen Ölgeschäft tätig ist. Das Engagement begann in den frühen 1990er-Jahren. Zwischen 2010 und 2015 betrieb die OMV – unter anderem zusammen mit dem chinesischen Staatskonzern Sinopec – zwei Ölfelder im Marib-Shabwah-Becken im Zentrum des Landes. Wegen des Bürgerkriegs hat der Konzern allerdings im Sommer seinen Rückzug aus dem Jemen angekündigt.

Die OMV und die FSO

Abtransportiert wurde das geförderte Öl eben über jene FSO Safer, die nun schrottreif im Meer liegt. "Die OMV nutzte FSO Safer für den Öltransport", heißt es in einem aktuellen Bericht der Umweltorganisation Greenpeace, der dem STANDARD vorliegt. Somit sei davon auszugehen, dass "das verbliebene Öl auf dem Tanker unter anderem der OMV gehört". Greenpeace fordert daher von der OMV, "sich finanziell an dem Notfallplan der Vereinten Nationen zu beteiligen".

Die OMV bestätigt auf STANDARD-Anfrage, dass Öl aus OMV-Anlagen zu FSO Safer transportiert worden sei. Von 2006 bis zum Frühling 2015 habe die OMV Öl im sogenannten Block S2 auf dem Ölfeld Al-Uqlah in der Provinz Shabwah gefördert. Dieses wurde über Zwischenstationen zu FSO Safer geleitet und "schließlich von dort exportiert", so die OMV. Seit 2015 allerdings fließe das Öl über andere Routen: "Von Frühling 2015 bis Frühling 2018 war die Rohölförderung der OMV aufgrund der militärischen Auseinandersetzung im Jemen unterbrochen, wurde dann aber über eine alternative Exportroute wiederaufgenommen." Konkret handelt es sich um einen Ölterminal im Golf von Aden.

Der entscheidende Satz in der Stellungnahme der OMV: "Das Öl auf FSO Safer gehört nicht der OMV." Man sieht sich also nicht in der Pflicht, sich an der Rettungsaktion zu beteiligen.

Und die Republik Österreich?

Wie aber sieht es mit der Republik Österreich aus? Ist deren Außenministerium bereit, sich an der Rettungsaktion zu beteiligen? Immerhin schießen selbst Staaten Geld zu, deren Unternehmen weit weniger mit dem Jemen zu tun haben als Österreich mit seiner OMV: Deutschland beispielsweise zählt mit einem Beitrag von zwölf Millionen Euro zu den größten Geldgebern bei der Operation.

Und Österreich? Aus dem Außenministerium unter Minister Alexander Schallenberg (ÖVP) war auf STANDARD-Anfrage kurzfristig keine Stellungnahme zu bekommen. Allerdings hat sich das Haus schon einmal zur Causa geäußert, in einem Brief an Greenpeace vom vergangenen Juni. Man werde nicht mitzahlen, heißt es darin. "Derzeit stehen keine Mittel für eine Unterstützung des Projekts eines Transfers des Öls aus dem gestrandeten Tanker auf ein anderes Tankschiff zur Verfügung." (Joseph Gepp, 27.9.2022)