In einer spektakulären Partie in London offenbarten sowohl die Engländer als auch die Deutschen gravierende Schwächen.

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Budapest/London – WM-Euphorie wollte nach dem wilden 3:3 zwischen England und Deutschland im finalen Nations-League-Spiel hat am Montagabend nicht aufkommen. "Es ist eine komische Phase, weil viele Teams mit ihrer Vorbereitung ein bisschen in der Luft hängen", sagte Englands Teamchef Gareth Southgate. "Der Ärger überwiegt", betonte auf der anderen Seite DFB-Direktor Oliver Bierhoff nach dem Achterbahn-Auftritt in London.

Ilkay Gündogan per Foulelfmeter (53.) und Kai Havertz (67.) sorgten in Wembley für eine deutsche Führung. Doch England bestrafte die folgenden Abwehrfehler und drehte durch Luke Shaw (72.), Mason Mount (75.) und Harry Kane (83./Foulelfmeter) das Match, bevor Havertz doch noch der Ausgleich gelang (87.). "Mit unseren Chancen hätten wir eigentlich vorne liegen müssen, und plötzlich steht es 0:2", ärgerte sich Southgate, der angesichts des schon vor der Deutschland-Partie gewissen Abstiegs in Liga B teils heftig kritisiert worden war.

Positive Resümees

"Als Gruppe sind sie in dieser Woche wirklich zusammengewachsen. Es war eine harte Zeit für sie. Sie haben sich weiterentwickelt", lobte Southgate seine Spieler. "Wir fahren zu einer Weltmeisterschaft – da ist man irgendwann dem Druck ausgesetzt. In dieser Woche haben wir sehr viel gelernt. Sie mussten einen Schritt nach vorne machen und als Gruppe enger zusammenrücken."

Auch DFB-Teamchef Hansi Flick strich Positives hervor. "Viele Sachen haben wir gut gemacht" meinte Flick. Und: "Nicht aufzugeben ist das, was wir brauchen." Unter dem Strich stand aber auch für den 57-Jährigen wieder eine Enttäuschung. Seine Auswahl ist im WM-Jahr unbeständig, seit März gab es sieben Spiele mit nur einem Sieg und kein Spiel ohne Gegentor. Gegen England hätte ein WM-Signal gelingen, das ersehnte Turnier-Selbstvertrauen aufgebaut werden können. In puncto WM-Wunschformation stellen sich Flick nun vermutlich mehr neue Fragen als Antworten. Dribbelkünstler Jamal Musiala ist der einzige klare Gewinner des Lehrgangs.

Schwacher Trost für Italien

In Italien durfte man sich zwar über ein 2:0 in Ungarn und den damit verbundenen Gruppensieg freuen. Angesichts der zum zweiten Mal in Folge verpassten WM-Qualifikation war das für die Europameister aber nur ein schwacher Trost. Er sei zufrieden, erklärte Teamchef Roberto Mancini, "aber leider bleiben die vorherigen Ergebnisse bestehen". Das aktuelle Ziel? "Den Monat Dezember überstehen." Statt der WM in Katar stehen zwei Testspiele gegen Albanien und im Happel-Stadion gegen Österreich (20. November) auf dem Plan.

Es sind weitere Gelegenheiten für Mancini, den Neuanfang weiter voranzutreiben. 34 Feldspieler kamen vor dem gesetzten Torhüter Gianluigi Donnarumma in den sechs Nations-League-Partien zum Einsatz. Statt der EM-Offensive mit Federico Chiesa, Ciro Immobile oder Lorenzo Insigne setzte Mancini im Angriff auf junge, international unbekannte Akteure wie Wilfried Gnonto, Giacomo Raspadori und Gianluca Scamacca. (APA/Reuters, 27.9.2022)