Wahlsiegerin Giorgia Meloni.

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Rom – Das von der postfaschistischen Partei Fratelli d'Italia (FdI) angeführte Rechtsbündnis hat bei der Parlamentswahl in Italien am Sonntag wie erwartet die absolute Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments gewonnen. Allein die FdI unter Giorgia Meloni, die wohl Ministerpräsidentin werden dürfte, erhielten laut dem am Dienstag veröffentlichten offiziellen Endergebnis 26 Prozent der Stimmen.

Melonis Verbündete, die rechte Lega und die rechtskonservative Forza Italia (FI) um Ex-Premier Silvio Berlusconi, kamen demnach auf 8,8 beziehungsweise 8,1 Prozent. Zusammen mit einer kleinen Partei, die weniger als ein Prozent erhielt, kam das Rechtsbündnis somit auf 43,8 Prozent. Damit konnte es sich im Abgeordnetenhaus 237 der 400 Sitze sichern, im Senat 115 der 200 Sitze – eine klare Mehrheit in beiden Kammern. Die angestrebte Zweidrittelmehrheit wurde jedoch verfehlt. Mit dieser wäre es möglich gewesen, die Verfassung zu ändern.

Der sozialdemokratische Partito Democratico (PD) von Ex-Regierungschef Enrico Letta kam auf 19 Prozent. Das Mitte-links-Bündnis aus PD und anderen Linksparteien bekommt 84 Sitze im Abgeordnetenhaus und 44 im Senat.

Die linkspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung erreichte 15,4 Prozent und erhält 52 Abgeordnete und 28 Senatoren, die Zentrumspartei Azione mit 7,8 Prozent stellt 21 Abgeordnete und neun Senatoren. Die verbleibenden Sitze gehen an Kleinparteien.

Die erste Parlamentssitzung ist am 13. Oktober geplant. Infolge einer 2020 verabschiedeten Verfassungsreform ist das neue Parlament um ein Drittel kleiner als bisher und besteht nur noch aus 600 statt 945 Mitgliedern.

Enttäuschungen für Di Maio und Bonino

Mehrere Schwergewichte der italienischen Politik haben kein Mandat mehr erhalten. Einer der großen Verlierer ist Außenminister Luigi Di Maio. An der Spitze seiner neugegründeten Zentrumspartei Impegno civico (Bürgerpflicht) hatte er auf eine Fortsetzung seiner politischen Karriere gehofft. Doch im Duell mit einem ehemaligen Parteikollegen von den Fünf Sternen, Ex-Umweltminister Sergio Costa, in Neapel zog er den Kürzeren.

"Es gibt keine Ausreden. Wir haben verloren. Die Italiener haben unser politisches Projekt nicht für reif und gültig genug gehalten. Und darüber muss unsere Partei nachdenken. Das Ergebnis war nicht das, was wir erwartet haben. Impegno Civico wird nicht im Parlament vertreten sein. Auch ich werde nicht dabei sein", schrieb Di Maio auf Facebook.

DER STANDARD

Eine Niederlage erlitt auch die frühere Ministerin und Ex-EU-Kommissarin Emma Bonino, die als Chefin von Piu Europa (Mehr Europa) um den Wiedereinzug in den Senat kämpfte. Zu den Wahlverlierern zählt zudem Schauspielerin Gina Lollobrigida (95), die für die Anti-Establishment-Partei Italia sovrana e popolare kandidierte. Nach 35 Jahren im Parlament verfehlte auch der Gründer der rechten Lega, Umberto Bossi, den Wiedereinzug.

Salvini unter Druck

Nach dem enttäuschenden Ergebnis seiner Lega gerät Parteichef Matteo Salvini mehr und mehr unter Druck. Mehrere Schwergewichte der Partei fordern seinen Rücktritt. "Jetzt muss man über einen Parteitag sprechen, das ist notwendig. Ich wüsste, wen man als neuen Parteichef wählen könnte, aber ich nenne noch keine Namen", sagte die langjährige Nummer zwei der Lega, Ex-Innenminister Roberto Maroni.

Die Parlamentswahl sei ein "absolutes Desaster" für die Lega gewesen, kommentierte Paolo Grimoldi, ehemaliger Chef der Lega in ihrer Hochburg Lombardei. Mit Salvini habe die Lega den Kontakt zu den Aktivisten verloren. "Die Würde gebietet einen sofortigen Rücktritt."

Salvini ist aus dem Konkurrenzkampf innerhalb des Rechtsbündnisses als klarer Verlierer hervorgegangen. Der 49-jährige Mailänder, der bis vor wenigen Wochen noch vom Amt des Ministerpräsidenten in einer Mitte-rechts-Regierung träumte, steht nun vor einem Scherbenhaufen. Die Partei stürzte auf das Niveau der geschwächten Forza Italia.

17,4 Prozent hatte die Lega noch 2018 erhalten und war damals zur zweitstärksten Partei hinter den Fünf Sternen avanciert. Seither hat der Lega-Chef aufgrund von Strategiefehlern und der zunehmenden Konkurrenz durch Meloni stark an Popularität eingebüßt. Er ist seit 2013 Chef der Lega.

Berlusconi: "Keine populistische Gefahr"

Berlusconi bemühte sich angesichts des Wahlerfolgs der FdI indes um Rückversicherung der internationalen Partner Italiens. Seine rechtskonservative Forza fühle sich als Mitglied der Europäischen Volkspartei (EVP) dazu verpflichtet, "das internationale Profil, das proeuropäische Profil und das transatlantische Profil der nächsten Regierung zu garantieren", sagte Berlusconi in einer Videobotschaft, die am Montagabend veröffentlicht wurde.

"Ein gutes Verhältnis mit unseren historischen Verbündeten in den Vereinigten Staaten und den wichtigsten Ländern der Europäischen Union ist unerlässlich für die Zukunft Italiens", fügte Berlusconi hinzu. Der Tageszeitung "Corriere della Sera" vom Dienstag versicherte Berlusconi, von einer rechten Regierung unter Meloni gehe "keine populistische Gefahr" aus. (APA, red, 27.9.2022)