Fast zwanzig Jahre lang war Manfred Kölly Bürgermeister der mittelburgenländischen Grenzgemeinde Deutschkreutz. Wohlgelitten. Warum sonst hätten ihn die Kreutzer fünfmal gewählt? Fünfmal deshalb, weil die Wahl von 2017 im Jahr darauf wiederholt werden musste.

Manfred Kölly will noch einmal Bürgermeister in der Hauptstadt des Blaufränkischlandes werden.
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Auf Anordnung der Wahlbehörde. Die sah es als erwiesen an, dass eine ganze Reihe von Wahlkarten-Stimmzetteln von ein und derselben Person ausgefüllt wurden. Unter Verdacht stand der Bürgermeister. Der musste im September 2018 zwar in die Stichwahl, setzte sich dort aber mit 56,2 Prozent gegen den ÖVP-Rivalen Andreas Kacsits durch. Der ist seit Anfang September des Vorjahrs Bürgermeister. Denn Kölly zog sich zurück. Der Verdacht der Wahlmanipulation hat sich so erhärtet, dass der erstgerichtliche Schuldspruch in allen Instanzen bestätigt wurde. 17 Monate bedingt.

Mit seinem Rücktritt kam Kölly einem Amtsenthebungsverfahren zuvor. Er versprach, den Weg aller älteren Herrschaften zu gehen: in Pension. 67 sei er, "es sollten wieder junge Leute an die Möglichkeit denken, für die Bevölkerung mitzuarbeiten". Alle Leute, die ihn kannten – 100 Prozent der Kreutzer und sicher an die 80, 85 Prozent aller Burgenländer – hegten ihre Zweifel.

Kölly schwört: "Ich wollte eigentlich die Petra Aminger, die jetzige Vizebürgermeisterin, als Nachfolgerin." Sie sei aber erkrankt, "und da sind viele auf mich zugekommen und haben gesagt: Mach’s wieder." Halb zogen sie ihn also, die Kreutzer und die Kreutzerinnen, halb sank er hin. Und außerdem: Die Zwangspause fürs passive Wahlrecht ist nach einem halben Jahr ausgelaufen. "Ich will’s noch einmal wissen."

Einstieg in Blau

Mitte Juli wurde Manfred Kölly 68 Jahre alt. 30 Jahre davon verbrachte der Prokurist einer Eisen- und Baustoffhandlung in und mit der Politik. Er begann in den frühen 1990er-Jahren bei der FPÖ. Für die Blauen zog er 1992 auch in den Gemeinderat von Deutschkreutz ein, 1997 saß er schon im Gemeindevorstand. Fünf Jahre später war er Bürgermeister.

Parallel dazu zog er für die FPÖ auch in den Landtag ein, war dort gar Klubobmann, "Norbert Hofer war mein Sekretär". Die Turbulenzen um die Parteispaltung erlebte er, sagt er, auf blauer Seite. "Hofer und Stefan Salzl, der damalige Landesparteichef, sprachen sich für einen Schwenk zum BZÖ aus." Heinz-Christian Strache dankte es ihm wenig. Als 2006 eine schriftliche Postenabmachung zwischen SPÖ und FPÖ auftauchte, die Köllys Unterschrift trug, wies man ihm die blaue Tür.

Nationaler Versuch

Kölly tat sich mit Wolfgang Rauter zusammen, dem damals auch parteifreien einstigen FP-Landesparteichef. Die beiden gründeten die Freie Bürgerliste, die dann als Liste Bündnis Burgenland zehn Jahre lang, bis 2020, im Landtag vertreten war. Auch national versuchte er sich. 2008 kandidierte auf der Liste Fritz Dinkhauser, 2017 auf der Freien Liste Österreich des von Strache ebenfalls hinausgeworfenen Salzburgers Karl Schnell. Sein politisches Leben "abwechslungsreich" zu nennen wäre wohl ein wenig arg untertrieben.

"Ich bin", sagt er in dem Moment, in dem Der Standard sagen wollte, er sei ein bunter Hund, "ein bunter Vogel." Im Landtag – der Landtag tagte zufällig an dem Tag des Gesprächs – hört man beide Versionen. Dort sind solche wie Manfred Kölly – politische Mundwerker – auch willkommene Farbkleckse im rhetorischen Einheitsgrau.

"Ich war auch im Landtag immer ein Kommunalpolitiker. Da hab ich mich ausgekannt." Die Liste Bündnis Burgenland war tatsächlich als Bürgermeisterliste geplant. Mit Gerhard Hutter, der nun einen "freien" SPÖ-Sitz innehat, saß der Bürgermeister von Bad Sauerbrunn fünf Jahre lang neben Kölly. Wolfgang Kovacs, den Listenbürgermeister von Parndorf, hätte man gerne dabeigehabt. Auch ums Frauenkirchener "Nest" – Namensliste Erich Stekovics – buhlte man vergeblich.

Viele der kommunalen Listen scheuten vor der FPÖ-Vergangenheit von Kölly und Rauter zurück. Freilich werden, je weiter nach unten man in den Verwaltungsebenen kommt, die ideologischen Wege und Irrwege immer nebensächlicher. In der Israelitischen Kultusgemeinde wird Kölly durchaus wertgeschätzt. Die Pflege der Erinnerung an die große jüdische Vergangenheit – von hier stammte etwa der große Komponist Carl Goldmark – war ihm stets ein ernstes Anliegen.

Auch wenn die Ideologie Nebensache sein mag: Bei Kölly geht es um juristische Sachverhalte. Wahlmanipulationen hat es schon öfter gegeben. Bei der Landtagswahl 2010 zum Beispiel gleich in der Nähe, in Unterrabnitz-Schwendtgraben. Der verurteilte VP-Bürgermeister zog sich allerdings daraufhin – mag sein, beschämt – zurück. Kölly dagegen ficht seine Verurteilung nicht an. "Ja, du musst dumm sein", sagt er zu sich selber, wenn man von der Politik – dem Einfädeln, dem Tun und dem Reden – nicht lassen könne.

Aber zumindest ist der Wahlkampf günstig. "Plakate gibt’s keine." Denn: "Net bös sein: Wer mich nicht kennt, der kann eh kein Kreutzer sein." (Wolfgang Weisgram, 27.9.2022)